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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Eilenburg genannt wird, übertrug, wie wir sahen, König Heinrich IV. die er¬
ledigte Mark Meißen. Dieser Zeitpunkt, der leider nicht mit voller Schärfe zu
bezeichnen ist, aber zuverlässig in das Jahr 1089 sällt, bezeichnet einen hoch¬
wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Mark und des Hauses Wettin, und
seine in einigen Jahren bevorstehende achthnndertjährige Wiederkehr verdiente
wohl, in würdiger Weise gefeiert zu werden. Denn war Heinrich auch nicht
der erste Markgraf von Meißen aus dem Hause Wettin, so ist doch seit seiner
Belehrung die Mark ununterbrochen im Besitze desselben geblieben und hat die
Basis gebildet, aus der es sich zu seiner spätern Höhe erhoben hat.

Auch die Geschichte Heinrichs I. und seines Sohnes Heinrichs II., der,
erst nach dem 1103 erfolgten Tode des Vaters geboren, unter der kraftvollen Vor¬
mundschaft seiner Mutter Gertrud, der Schwester des Braunschweiger Elbert II.,
heranwuchs, ist eng mit der Neichsgeschichte verflochten. Unser Interesse fesselt
außer ihm in jener Zeit namentlich die mächtige Figur des Grafen Wiprecht
von Groitzsch, der, einem slavischen Adelsgeschlechte entsprossen, dnrch Tausch in
den Besitz der Burg Groitzsch gelangt war, dann im Dienste des Herzogs
Wradislaw von Böhmen und König Heinrichs IV. die Gauen Budissin und Nisan
erworben hatte. Wir wissen, daß er lebhaften Antheil an jener Fürstenvcr-
schwörung nahm, die, veranlaßt dnrch die Einziehung der Reichslehen des letzten
aus dem Mannesstamme der Grafen von Weimar und durch andre Willkürlich¬
keiten Heinrichs V., sich im Jahre 1112 gebildet hatte, und an den wechselvollen
Kämpfen, welche sich an dieselbe anschlössen. Auch für diese Zeiten finden wir
bei Posse mancherlei interessantes Detail.

In jugendlichem Alter starb Markgraf Heinrich II. im Jahre 1123; mit
ihm erlosch die Nachkommenschaft Dedis. Erbberechtigt waren nunmehr die Enkel
von Dedis Bruder Thimo, von denen der eine, Konrad, bereits seit Jahren
nach der Mark trachtete und deshalb von seinem Vetter gefangen gehalten wurde.
Der Kaiser erkannte jedoch die Nebenlinie nicht als snceessionsberechtigt an. Auf
dem Hoftage zu Worms 1123 übertrug er die Marken Meißen und Lausitz seinem
frühern Gegner Wiprecht von Groitzsch. So suchte er sich in den Reihen seiner
Widersacher einen mächtigen Anhänger zu gewinnen, ein um so gefährlicherer
Versuch, als gleichzeitig ein andrer ehemaliger Feind, Hermann von Winzenburg,
durch Verleihung der Grafschaft Thüringen umgestimmt wurde.

Dem trat jedoch das Haupt der Gegenpartei im Reiche, Lothar von Sachsen,
nachdrücklich entgegen. Mit seiner Hilfe gelang es Konrad, der inzwischen aus
seiner Haft entkommen war, trotz der Gegenwehr Wiprechts und trotz eines Ein¬
falls der Herzoge von Böhmen und Mähren sich in den Besitz der Mark Meißen
zu setzen und sich in demselben zu behaupten. Hochbetagt starb Wiprecht im


Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen.

Eilenburg genannt wird, übertrug, wie wir sahen, König Heinrich IV. die er¬
ledigte Mark Meißen. Dieser Zeitpunkt, der leider nicht mit voller Schärfe zu
bezeichnen ist, aber zuverlässig in das Jahr 1089 sällt, bezeichnet einen hoch¬
wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Mark und des Hauses Wettin, und
seine in einigen Jahren bevorstehende achthnndertjährige Wiederkehr verdiente
wohl, in würdiger Weise gefeiert zu werden. Denn war Heinrich auch nicht
der erste Markgraf von Meißen aus dem Hause Wettin, so ist doch seit seiner
Belehrung die Mark ununterbrochen im Besitze desselben geblieben und hat die
Basis gebildet, aus der es sich zu seiner spätern Höhe erhoben hat.

Auch die Geschichte Heinrichs I. und seines Sohnes Heinrichs II., der,
erst nach dem 1103 erfolgten Tode des Vaters geboren, unter der kraftvollen Vor¬
mundschaft seiner Mutter Gertrud, der Schwester des Braunschweiger Elbert II.,
heranwuchs, ist eng mit der Neichsgeschichte verflochten. Unser Interesse fesselt
außer ihm in jener Zeit namentlich die mächtige Figur des Grafen Wiprecht
von Groitzsch, der, einem slavischen Adelsgeschlechte entsprossen, dnrch Tausch in
den Besitz der Burg Groitzsch gelangt war, dann im Dienste des Herzogs
Wradislaw von Böhmen und König Heinrichs IV. die Gauen Budissin und Nisan
erworben hatte. Wir wissen, daß er lebhaften Antheil an jener Fürstenvcr-
schwörung nahm, die, veranlaßt dnrch die Einziehung der Reichslehen des letzten
aus dem Mannesstamme der Grafen von Weimar und durch andre Willkürlich¬
keiten Heinrichs V., sich im Jahre 1112 gebildet hatte, und an den wechselvollen
Kämpfen, welche sich an dieselbe anschlössen. Auch für diese Zeiten finden wir
bei Posse mancherlei interessantes Detail.

In jugendlichem Alter starb Markgraf Heinrich II. im Jahre 1123; mit
ihm erlosch die Nachkommenschaft Dedis. Erbberechtigt waren nunmehr die Enkel
von Dedis Bruder Thimo, von denen der eine, Konrad, bereits seit Jahren
nach der Mark trachtete und deshalb von seinem Vetter gefangen gehalten wurde.
Der Kaiser erkannte jedoch die Nebenlinie nicht als snceessionsberechtigt an. Auf
dem Hoftage zu Worms 1123 übertrug er die Marken Meißen und Lausitz seinem
frühern Gegner Wiprecht von Groitzsch. So suchte er sich in den Reihen seiner
Widersacher einen mächtigen Anhänger zu gewinnen, ein um so gefährlicherer
Versuch, als gleichzeitig ein andrer ehemaliger Feind, Hermann von Winzenburg,
durch Verleihung der Grafschaft Thüringen umgestimmt wurde.

Dem trat jedoch das Haupt der Gegenpartei im Reiche, Lothar von Sachsen,
nachdrücklich entgegen. Mit seiner Hilfe gelang es Konrad, der inzwischen aus
seiner Haft entkommen war, trotz der Gegenwehr Wiprechts und trotz eines Ein¬
falls der Herzoge von Böhmen und Mähren sich in den Besitz der Mark Meißen
zu setzen und sich in demselben zu behaupten. Hochbetagt starb Wiprecht im


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[0369] Zur ältesten Geschichte der Mark Meißen. Eilenburg genannt wird, übertrug, wie wir sahen, König Heinrich IV. die er¬ ledigte Mark Meißen. Dieser Zeitpunkt, der leider nicht mit voller Schärfe zu bezeichnen ist, aber zuverlässig in das Jahr 1089 sällt, bezeichnet einen hoch¬ wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Mark und des Hauses Wettin, und seine in einigen Jahren bevorstehende achthnndertjährige Wiederkehr verdiente wohl, in würdiger Weise gefeiert zu werden. Denn war Heinrich auch nicht der erste Markgraf von Meißen aus dem Hause Wettin, so ist doch seit seiner Belehrung die Mark ununterbrochen im Besitze desselben geblieben und hat die Basis gebildet, aus der es sich zu seiner spätern Höhe erhoben hat. Auch die Geschichte Heinrichs I. und seines Sohnes Heinrichs II., der, erst nach dem 1103 erfolgten Tode des Vaters geboren, unter der kraftvollen Vor¬ mundschaft seiner Mutter Gertrud, der Schwester des Braunschweiger Elbert II., heranwuchs, ist eng mit der Neichsgeschichte verflochten. Unser Interesse fesselt außer ihm in jener Zeit namentlich die mächtige Figur des Grafen Wiprecht von Groitzsch, der, einem slavischen Adelsgeschlechte entsprossen, dnrch Tausch in den Besitz der Burg Groitzsch gelangt war, dann im Dienste des Herzogs Wradislaw von Böhmen und König Heinrichs IV. die Gauen Budissin und Nisan erworben hatte. Wir wissen, daß er lebhaften Antheil an jener Fürstenvcr- schwörung nahm, die, veranlaßt dnrch die Einziehung der Reichslehen des letzten aus dem Mannesstamme der Grafen von Weimar und durch andre Willkürlich¬ keiten Heinrichs V., sich im Jahre 1112 gebildet hatte, und an den wechselvollen Kämpfen, welche sich an dieselbe anschlössen. Auch für diese Zeiten finden wir bei Posse mancherlei interessantes Detail. In jugendlichem Alter starb Markgraf Heinrich II. im Jahre 1123; mit ihm erlosch die Nachkommenschaft Dedis. Erbberechtigt waren nunmehr die Enkel von Dedis Bruder Thimo, von denen der eine, Konrad, bereits seit Jahren nach der Mark trachtete und deshalb von seinem Vetter gefangen gehalten wurde. Der Kaiser erkannte jedoch die Nebenlinie nicht als snceessionsberechtigt an. Auf dem Hoftage zu Worms 1123 übertrug er die Marken Meißen und Lausitz seinem frühern Gegner Wiprecht von Groitzsch. So suchte er sich in den Reihen seiner Widersacher einen mächtigen Anhänger zu gewinnen, ein um so gefährlicherer Versuch, als gleichzeitig ein andrer ehemaliger Feind, Hermann von Winzenburg, durch Verleihung der Grafschaft Thüringen umgestimmt wurde. Dem trat jedoch das Haupt der Gegenpartei im Reiche, Lothar von Sachsen, nachdrücklich entgegen. Mit seiner Hilfe gelang es Konrad, der inzwischen aus seiner Haft entkommen war, trotz der Gegenwehr Wiprechts und trotz eines Ein¬ falls der Herzoge von Böhmen und Mähren sich in den Besitz der Mark Meißen zu setzen und sich in demselben zu behaupten. Hochbetagt starb Wiprecht im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/369>, abgerufen am 03.07.2024.