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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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(Lalderon.

"Komm Preis für deine Lösung
Will ich, als daß du sie nehmest.
Kehre heim, sag deiner Dame,
Ihr zum eignen Sclaven sende
Dich ein portugiesischer Ritter ....
Weil ich weiß, was Liebe heißt
Und was Zögrung bei Entfernten,
Halt' ich dich nicht länger auf:
Schwing' dich auf dein Pferd und gehe!"

Muley verspricht gerührt ewige Dankbarkeit für diesen Edelmuth und reitet fort.
Da nahen plötzlich neue Geschwader von Fez und Marokko, und Fernando muß
der Uebermacht weichen und wird gefangen. Don Enrique wird vom König
entlässet,, damit er nach Portugal zurückkehre und als Entgelt für die Aus¬
lieferung des Fernando die Uebergabe von Ceuta erwirke. Der treue Don Inca
theilt freiwillig die Gefangenschaft des Prinzen.

Den zweiten Auszug eröffnet ein Zwiegespräch im Walde zwischeu Muley
und Phönix, die ihm klagt, daß ihr die Weissagung geworden, sie werde der
Preis für einen Todten sein. Alsbald erscheint Don Fernando mit drei Christen-
selaven, denen er baldige Befreiung verheißt. Er befindet sich gerade auf einer
Tigerjagd, die ihm der König von Fez, den hohen Gefangnen mit allen Ehren
bewirthend, veranstaltet hat. Da meldet Don Juan die Ankunft einer portu-
giesischen Flotte, und Don Enrique überbringt einen Brief mit der Kunde, daß
der König von Portugal gestorben; in seinem Testament hat er, um den Prinzen
zu befreien, die Auslieferung Ceutas angeordnet. Fernandos hoher Sinn er¬
blickt jedoch in dieser Bestimmung mir einen Ausdruck des Wunsches, daß er
befreit werde und daß man alles zu diesem Zwecke thun solle; eine Stadt, um
die er selbst sein Blut vergossen, an die Mauren auszuliefern, das könne nicht
der Wille des Königs sein, dem: es wäre unbillig, um ein Leben zu lösen, auf
welches nichts weiter ankomme, Tausende von Christen der Selnverci zu über¬
antworten.


"Wer bin ich? Mehr als ein Mensch?
Wenn's die Zahl ersetzen könnte,
Ein Infant zu sein: Gefangner
Bin ich jetzt, der Standeshöhe
Ist ein Sclave nicht empfänglich."

Er zerreißt die Vollmacht, damit kein Buchstabe der Welt verrathe, es habe
lttsitcmische Heldengröße solches gewollt, und ergiebt sich dem feindlichen König
als Sclaven. Nachdem dieser umsonst versucht, ihn umzustimmen und sich die
Erlangung Ceutas zu sichern, verordnet er, daß der Prinz wie die übrigen
Christcnsclaven gehalten werde. Gleich diesen wird er nun zu niedern Frohu-


(Lalderon.

„Komm Preis für deine Lösung
Will ich, als daß du sie nehmest.
Kehre heim, sag deiner Dame,
Ihr zum eignen Sclaven sende
Dich ein portugiesischer Ritter ....
Weil ich weiß, was Liebe heißt
Und was Zögrung bei Entfernten,
Halt' ich dich nicht länger auf:
Schwing' dich auf dein Pferd und gehe!"

Muley verspricht gerührt ewige Dankbarkeit für diesen Edelmuth und reitet fort.
Da nahen plötzlich neue Geschwader von Fez und Marokko, und Fernando muß
der Uebermacht weichen und wird gefangen. Don Enrique wird vom König
entlässet,, damit er nach Portugal zurückkehre und als Entgelt für die Aus¬
lieferung des Fernando die Uebergabe von Ceuta erwirke. Der treue Don Inca
theilt freiwillig die Gefangenschaft des Prinzen.

Den zweiten Auszug eröffnet ein Zwiegespräch im Walde zwischeu Muley
und Phönix, die ihm klagt, daß ihr die Weissagung geworden, sie werde der
Preis für einen Todten sein. Alsbald erscheint Don Fernando mit drei Christen-
selaven, denen er baldige Befreiung verheißt. Er befindet sich gerade auf einer
Tigerjagd, die ihm der König von Fez, den hohen Gefangnen mit allen Ehren
bewirthend, veranstaltet hat. Da meldet Don Juan die Ankunft einer portu-
giesischen Flotte, und Don Enrique überbringt einen Brief mit der Kunde, daß
der König von Portugal gestorben; in seinem Testament hat er, um den Prinzen
zu befreien, die Auslieferung Ceutas angeordnet. Fernandos hoher Sinn er¬
blickt jedoch in dieser Bestimmung mir einen Ausdruck des Wunsches, daß er
befreit werde und daß man alles zu diesem Zwecke thun solle; eine Stadt, um
die er selbst sein Blut vergossen, an die Mauren auszuliefern, das könne nicht
der Wille des Königs sein, dem: es wäre unbillig, um ein Leben zu lösen, auf
welches nichts weiter ankomme, Tausende von Christen der Selnverci zu über¬
antworten.


„Wer bin ich? Mehr als ein Mensch?
Wenn's die Zahl ersetzen könnte,
Ein Infant zu sein: Gefangner
Bin ich jetzt, der Standeshöhe
Ist ein Sclave nicht empfänglich."

Er zerreißt die Vollmacht, damit kein Buchstabe der Welt verrathe, es habe
lttsitcmische Heldengröße solches gewollt, und ergiebt sich dem feindlichen König
als Sclaven. Nachdem dieser umsonst versucht, ihn umzustimmen und sich die
Erlangung Ceutas zu sichern, verordnet er, daß der Prinz wie die übrigen
Christcnsclaven gehalten werde. Gleich diesen wird er nun zu niedern Frohu-


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[0275] (Lalderon. „Komm Preis für deine Lösung Will ich, als daß du sie nehmest. Kehre heim, sag deiner Dame, Ihr zum eignen Sclaven sende Dich ein portugiesischer Ritter .... Weil ich weiß, was Liebe heißt Und was Zögrung bei Entfernten, Halt' ich dich nicht länger auf: Schwing' dich auf dein Pferd und gehe!" Muley verspricht gerührt ewige Dankbarkeit für diesen Edelmuth und reitet fort. Da nahen plötzlich neue Geschwader von Fez und Marokko, und Fernando muß der Uebermacht weichen und wird gefangen. Don Enrique wird vom König entlässet,, damit er nach Portugal zurückkehre und als Entgelt für die Aus¬ lieferung des Fernando die Uebergabe von Ceuta erwirke. Der treue Don Inca theilt freiwillig die Gefangenschaft des Prinzen. Den zweiten Auszug eröffnet ein Zwiegespräch im Walde zwischeu Muley und Phönix, die ihm klagt, daß ihr die Weissagung geworden, sie werde der Preis für einen Todten sein. Alsbald erscheint Don Fernando mit drei Christen- selaven, denen er baldige Befreiung verheißt. Er befindet sich gerade auf einer Tigerjagd, die ihm der König von Fez, den hohen Gefangnen mit allen Ehren bewirthend, veranstaltet hat. Da meldet Don Juan die Ankunft einer portu- giesischen Flotte, und Don Enrique überbringt einen Brief mit der Kunde, daß der König von Portugal gestorben; in seinem Testament hat er, um den Prinzen zu befreien, die Auslieferung Ceutas angeordnet. Fernandos hoher Sinn er¬ blickt jedoch in dieser Bestimmung mir einen Ausdruck des Wunsches, daß er befreit werde und daß man alles zu diesem Zwecke thun solle; eine Stadt, um die er selbst sein Blut vergossen, an die Mauren auszuliefern, das könne nicht der Wille des Königs sein, dem: es wäre unbillig, um ein Leben zu lösen, auf welches nichts weiter ankomme, Tausende von Christen der Selnverci zu über¬ antworten. „Wer bin ich? Mehr als ein Mensch? Wenn's die Zahl ersetzen könnte, Ein Infant zu sein: Gefangner Bin ich jetzt, der Standeshöhe Ist ein Sclave nicht empfänglich." Er zerreißt die Vollmacht, damit kein Buchstabe der Welt verrathe, es habe lttsitcmische Heldengröße solches gewollt, und ergiebt sich dem feindlichen König als Sclaven. Nachdem dieser umsonst versucht, ihn umzustimmen und sich die Erlangung Ceutas zu sichern, verordnet er, daß der Prinz wie die übrigen Christcnsclaven gehalten werde. Gleich diesen wird er nun zu niedern Frohu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/275>, abgerufen am 01.07.2024.