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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Erinnerungen an Heinrich Leo.
Zum zweijährigen Todestage Leos, den April,
von Rudloff,

in Mann von hervorragender Bedeutung als Geschichtsforscher
und Politiker, ein markiger, kraftvoller Charakter, als akademischer
Lehrer eine der beachtenswerthesten Gestalten unter den Zeitge¬
nossen war Heinrich Leo. Schon seine äußere Erscheinung war
bedeutungsvoll. So mancher, der die großen, dunklen, hellleuch-
tenden, geistvollen Augen voll Feuer, den offnen, freien Blick, den behenden, fast
geflügelten Gang und die elegante Elasticität des Körpers zu bewundern Ge¬
legenheit hatte, wurde wohl daran erinnert, daß Leps Familie von italienischer
Herkunft war. Leo war ein vielseitig gründlich gebildeter Gelehrter, ein durch
und durch geistreicher Mann. Nach seiner lebendigen, durch Erfahrung gereiften
Ueberzeugung war ihm Schaffen das wahre Wesen des Lebens. Wenige sind
ihm an Fleiß und Arbeitsamkeit gleich zu stellen. Seine literarische Fruchtbar¬
keit schien mit seinen fortschreitenden Jahren nahezu gleichen Schritt zu halten.
Aber seine vielen größern geschichtlichen Werke, politischen Schriften und lingui¬
stischen Aufsätze wurden in dem Bewußtsein abgefaßt, daß nicht in dem, was
er leistete, sondern in dem, was er war, seine Kraft ruhte. Sagt er doch selbst
in einer seiner kräftigsten und kühnsten Streitschriften (Herr Doctor Diesterwcg
und die deutschen Universitäten. Leipzig, 1836, S. 126): "Ich, der ich nun¬
mehr ziemlich zwanzig Jahre als Student und dann als Docent historische"
Studien, und wie mir (denke ich) die ganze Welt einräumen wird, mit einigem


M-mzbotm II. 1881. 27


Erinnerungen an Heinrich Leo.
Zum zweijährigen Todestage Leos, den April,
von Rudloff,

in Mann von hervorragender Bedeutung als Geschichtsforscher
und Politiker, ein markiger, kraftvoller Charakter, als akademischer
Lehrer eine der beachtenswerthesten Gestalten unter den Zeitge¬
nossen war Heinrich Leo. Schon seine äußere Erscheinung war
bedeutungsvoll. So mancher, der die großen, dunklen, hellleuch-
tenden, geistvollen Augen voll Feuer, den offnen, freien Blick, den behenden, fast
geflügelten Gang und die elegante Elasticität des Körpers zu bewundern Ge¬
legenheit hatte, wurde wohl daran erinnert, daß Leps Familie von italienischer
Herkunft war. Leo war ein vielseitig gründlich gebildeter Gelehrter, ein durch
und durch geistreicher Mann. Nach seiner lebendigen, durch Erfahrung gereiften
Ueberzeugung war ihm Schaffen das wahre Wesen des Lebens. Wenige sind
ihm an Fleiß und Arbeitsamkeit gleich zu stellen. Seine literarische Fruchtbar¬
keit schien mit seinen fortschreitenden Jahren nahezu gleichen Schritt zu halten.
Aber seine vielen größern geschichtlichen Werke, politischen Schriften und lingui¬
stischen Aufsätze wurden in dem Bewußtsein abgefaßt, daß nicht in dem, was
er leistete, sondern in dem, was er war, seine Kraft ruhte. Sagt er doch selbst
in einer seiner kräftigsten und kühnsten Streitschriften (Herr Doctor Diesterwcg
und die deutschen Universitäten. Leipzig, 1836, S. 126): „Ich, der ich nun¬
mehr ziemlich zwanzig Jahre als Student und dann als Docent historische»
Studien, und wie mir (denke ich) die ganze Welt einräumen wird, mit einigem


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[0213] [Abbildung] Erinnerungen an Heinrich Leo. Zum zweijährigen Todestage Leos, den April, von Rudloff, in Mann von hervorragender Bedeutung als Geschichtsforscher und Politiker, ein markiger, kraftvoller Charakter, als akademischer Lehrer eine der beachtenswerthesten Gestalten unter den Zeitge¬ nossen war Heinrich Leo. Schon seine äußere Erscheinung war bedeutungsvoll. So mancher, der die großen, dunklen, hellleuch- tenden, geistvollen Augen voll Feuer, den offnen, freien Blick, den behenden, fast geflügelten Gang und die elegante Elasticität des Körpers zu bewundern Ge¬ legenheit hatte, wurde wohl daran erinnert, daß Leps Familie von italienischer Herkunft war. Leo war ein vielseitig gründlich gebildeter Gelehrter, ein durch und durch geistreicher Mann. Nach seiner lebendigen, durch Erfahrung gereiften Ueberzeugung war ihm Schaffen das wahre Wesen des Lebens. Wenige sind ihm an Fleiß und Arbeitsamkeit gleich zu stellen. Seine literarische Fruchtbar¬ keit schien mit seinen fortschreitenden Jahren nahezu gleichen Schritt zu halten. Aber seine vielen größern geschichtlichen Werke, politischen Schriften und lingui¬ stischen Aufsätze wurden in dem Bewußtsein abgefaßt, daß nicht in dem, was er leistete, sondern in dem, was er war, seine Kraft ruhte. Sagt er doch selbst in einer seiner kräftigsten und kühnsten Streitschriften (Herr Doctor Diesterwcg und die deutschen Universitäten. Leipzig, 1836, S. 126): „Ich, der ich nun¬ mehr ziemlich zwanzig Jahre als Student und dann als Docent historische» Studien, und wie mir (denke ich) die ganze Welt einräumen wird, mit einigem M-mzbotm II. 1881. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/213>, abgerufen am 23.07.2024.