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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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vom Torpedowcson,

später immer wiederholte, so wie im Flottenwesen neue Erfindungen zur Gel¬
tung kamen, und nicht ganz mit Unrecht. So wollte mau z, B. in England
später das Feuer mit geladner Granaten gar nicht aufkommen lassen, man nannte
es ein Brand- und Veruichtuugssystem, welches alle Humanitätsrücksichten aus
den Augen lasse -- es war allerdings der alten Hvlzflotte äußerst bedrohlich;
so ging man auch uur mit Widerstreben an die Einführung der Dampfkraft in
der Kriegsflotte -- das erste als Schranbenlinienschiff erbaute Kriegsschiff M-
xvlüun lief 1853 in Frankreich vom Stapel --, an die Idee der Widderwirkung,
sehr zögernd an den Eisenbau und geradezu erst gezwungen an die Panzerung.
Daß aber Napoleon hier und auch später für den Bau von Dampfschiffen die
Vorschläge Fultons -- er ist der Erbauer des ersten Dampfschiffes (1807) --
gänzlich zurückwies, fast mit Spott, das kann vielleicht nur darin seine Erklä¬
rung finden, daß er deu Glauben an das französische Marineweseu verloren zu
haben schien. Später hat Napoleon in seinen Memoiren von Se. Helena aller¬
dings dein Bedanern Ausdruck gegeben, dem erfindungsreichen Manne nicht näher
getreten zu sein.

Die Engländer sollen im Jahre 1805 vor Boulogne den Gebrauch unter¬
seeischer Boote gegen die französische Flotte versucht haben, jedoch ohne Erfolg;
dann aber ruhte die Sache lauge Zeit bis zum Auftreten des submarine-In-
genieurs Bauer zu Aufang der sechziger Jahre, welcher im Auftrage der russischen
Negierung wiederum ein solches Fahrzeug erbaut und diesen seinen "Küstenbrander",
wie er ihn nannte, bei Cronstadt mehrfach versucht hat. Das Boot war stark
in Eisen gebaut. Die Bemannung betrug 10 oder 12 Mann. Thatsächlich ist
mau damit bis 10 Stunden lang unter Wasser geblieben; man hatte für künst¬
liche Lufterzeugung und Lnftbehandlung gesorgt. Vermittelst sinnreicher An¬
ordnungen war man im Stande, sich unes Willkür zu senken, zu hebe", vorwärts,
seitwärts und rückwärts, auch in geneigter Bahn sich zu bewegen. Ein nach
seiner Deviation regulirter Compaß gewährte deu Anhalt für die Direction, und
der Blick uach außen war durch eingesetzte starke Glasscheiben ermöglicht. Ge¬
fahrlos war die Sache durchaus nicht. Abgesehen von deu Beschwerden durch
den Mangel an frischer Luft, faud bei einem der Versuche ein rapides Eindringen
von Wasser statt, und es gelang nur durch einen glücklichen Zufall, eine Luke
zu öffnen, durch welche die Mannschaft mit großem Druck nach außen geschleudert
wurde und so die Oberfläche des Wassers erreichte.

Bauer war würtembergischer Artillerie-Unteroffizier gewesen und hatte sich
durch Hebung eines im Bodensee gesunkenen Dampfers bereits früher einen Namen
gemacht. In Berlin war er später bestrebt, die Anregung zu submarinen Ver¬
suchen zu geben, in Anlehnung an die Idee Reveronis, durch Verwendung der


vom Torpedowcson,

später immer wiederholte, so wie im Flottenwesen neue Erfindungen zur Gel¬
tung kamen, und nicht ganz mit Unrecht. So wollte mau z, B. in England
später das Feuer mit geladner Granaten gar nicht aufkommen lassen, man nannte
es ein Brand- und Veruichtuugssystem, welches alle Humanitätsrücksichten aus
den Augen lasse — es war allerdings der alten Hvlzflotte äußerst bedrohlich;
so ging man auch uur mit Widerstreben an die Einführung der Dampfkraft in
der Kriegsflotte — das erste als Schranbenlinienschiff erbaute Kriegsschiff M-
xvlüun lief 1853 in Frankreich vom Stapel —, an die Idee der Widderwirkung,
sehr zögernd an den Eisenbau und geradezu erst gezwungen an die Panzerung.
Daß aber Napoleon hier und auch später für den Bau von Dampfschiffen die
Vorschläge Fultons — er ist der Erbauer des ersten Dampfschiffes (1807) —
gänzlich zurückwies, fast mit Spott, das kann vielleicht nur darin seine Erklä¬
rung finden, daß er deu Glauben an das französische Marineweseu verloren zu
haben schien. Später hat Napoleon in seinen Memoiren von Se. Helena aller¬
dings dein Bedanern Ausdruck gegeben, dem erfindungsreichen Manne nicht näher
getreten zu sein.

Die Engländer sollen im Jahre 1805 vor Boulogne den Gebrauch unter¬
seeischer Boote gegen die französische Flotte versucht haben, jedoch ohne Erfolg;
dann aber ruhte die Sache lauge Zeit bis zum Auftreten des submarine-In-
genieurs Bauer zu Aufang der sechziger Jahre, welcher im Auftrage der russischen
Negierung wiederum ein solches Fahrzeug erbaut und diesen seinen „Küstenbrander",
wie er ihn nannte, bei Cronstadt mehrfach versucht hat. Das Boot war stark
in Eisen gebaut. Die Bemannung betrug 10 oder 12 Mann. Thatsächlich ist
mau damit bis 10 Stunden lang unter Wasser geblieben; man hatte für künst¬
liche Lufterzeugung und Lnftbehandlung gesorgt. Vermittelst sinnreicher An¬
ordnungen war man im Stande, sich unes Willkür zu senken, zu hebe», vorwärts,
seitwärts und rückwärts, auch in geneigter Bahn sich zu bewegen. Ein nach
seiner Deviation regulirter Compaß gewährte deu Anhalt für die Direction, und
der Blick uach außen war durch eingesetzte starke Glasscheiben ermöglicht. Ge¬
fahrlos war die Sache durchaus nicht. Abgesehen von deu Beschwerden durch
den Mangel an frischer Luft, faud bei einem der Versuche ein rapides Eindringen
von Wasser statt, und es gelang nur durch einen glücklichen Zufall, eine Luke
zu öffnen, durch welche die Mannschaft mit großem Druck nach außen geschleudert
wurde und so die Oberfläche des Wassers erreichte.

Bauer war würtembergischer Artillerie-Unteroffizier gewesen und hatte sich
durch Hebung eines im Bodensee gesunkenen Dampfers bereits früher einen Namen
gemacht. In Berlin war er später bestrebt, die Anregung zu submarinen Ver¬
suchen zu geben, in Anlehnung an die Idee Reveronis, durch Verwendung der


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[0015] vom Torpedowcson, später immer wiederholte, so wie im Flottenwesen neue Erfindungen zur Gel¬ tung kamen, und nicht ganz mit Unrecht. So wollte mau z, B. in England später das Feuer mit geladner Granaten gar nicht aufkommen lassen, man nannte es ein Brand- und Veruichtuugssystem, welches alle Humanitätsrücksichten aus den Augen lasse — es war allerdings der alten Hvlzflotte äußerst bedrohlich; so ging man auch uur mit Widerstreben an die Einführung der Dampfkraft in der Kriegsflotte — das erste als Schranbenlinienschiff erbaute Kriegsschiff M- xvlüun lief 1853 in Frankreich vom Stapel —, an die Idee der Widderwirkung, sehr zögernd an den Eisenbau und geradezu erst gezwungen an die Panzerung. Daß aber Napoleon hier und auch später für den Bau von Dampfschiffen die Vorschläge Fultons — er ist der Erbauer des ersten Dampfschiffes (1807) — gänzlich zurückwies, fast mit Spott, das kann vielleicht nur darin seine Erklä¬ rung finden, daß er deu Glauben an das französische Marineweseu verloren zu haben schien. Später hat Napoleon in seinen Memoiren von Se. Helena aller¬ dings dein Bedanern Ausdruck gegeben, dem erfindungsreichen Manne nicht näher getreten zu sein. Die Engländer sollen im Jahre 1805 vor Boulogne den Gebrauch unter¬ seeischer Boote gegen die französische Flotte versucht haben, jedoch ohne Erfolg; dann aber ruhte die Sache lauge Zeit bis zum Auftreten des submarine-In- genieurs Bauer zu Aufang der sechziger Jahre, welcher im Auftrage der russischen Negierung wiederum ein solches Fahrzeug erbaut und diesen seinen „Küstenbrander", wie er ihn nannte, bei Cronstadt mehrfach versucht hat. Das Boot war stark in Eisen gebaut. Die Bemannung betrug 10 oder 12 Mann. Thatsächlich ist mau damit bis 10 Stunden lang unter Wasser geblieben; man hatte für künst¬ liche Lufterzeugung und Lnftbehandlung gesorgt. Vermittelst sinnreicher An¬ ordnungen war man im Stande, sich unes Willkür zu senken, zu hebe», vorwärts, seitwärts und rückwärts, auch in geneigter Bahn sich zu bewegen. Ein nach seiner Deviation regulirter Compaß gewährte deu Anhalt für die Direction, und der Blick uach außen war durch eingesetzte starke Glasscheiben ermöglicht. Ge¬ fahrlos war die Sache durchaus nicht. Abgesehen von deu Beschwerden durch den Mangel an frischer Luft, faud bei einem der Versuche ein rapides Eindringen von Wasser statt, und es gelang nur durch einen glücklichen Zufall, eine Luke zu öffnen, durch welche die Mannschaft mit großem Druck nach außen geschleudert wurde und so die Oberfläche des Wassers erreichte. Bauer war würtembergischer Artillerie-Unteroffizier gewesen und hatte sich durch Hebung eines im Bodensee gesunkenen Dampfers bereits früher einen Namen gemacht. In Berlin war er später bestrebt, die Anregung zu submarinen Ver¬ suchen zu geben, in Anlehnung an die Idee Reveronis, durch Verwendung der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/15>, abgerufen am 23.07.2024.