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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes.

fall, wenn man ihnen einige Landtruppen zu Hilfe geben wolle und sie mit
einigen Schiffen längs dem Strande, wo in den Vorstädten Spanier lagen,
unterstütze, welches ihnen bewilligt wurde. Den 10. April des Morgens mußten
also das prächtige vom Marquis d'Amfreville geführte Schiff von 80 Kanonen
und das unsrige den Hafen verlassen und ganz nahe bei einem großen Kloster,
wo der Feind seinen Hauptposten hatte, die Anker werfen. Nachdem wir sie
mit großem Erfolg eine halbe Stunde beschossen hatten, waren sie genöthigt,
es zu verlassen. Wir sahen ein Regiment Cavallerie mit der größten Schnellig¬
keit sich ins Gebirge flüchten, um dort sicher zu sein.

Unterdessen hatten die Messinaer, 10 000 an der Zahl, unterstützt von
einigen unsrer Truppen, einen Ausfall gemacht und die Spanier in allen ihren
Stellungen mit so viel Tapferkeit angegriffen, daß sie aus denselben verjagt
wurden. Da die spanische Flotte, welche uns immer gleichsam blockirt hielt,
dnrch diesen schlechten Ausgang sah, daß uns nichts anzuhaben war, so ging sie
nach Syrakus unter Segel, wo sie den Vorsatz hatte, es mit Agvsta, unsrer
Eroberung, zu versuchen, deren Besatzung, wie man wußte, schwach war.

Unsre Generale durchschauten jedoch ihre Absicht und beschlossen, sich ihr
entgegenzustellen. Man setzte die Flotte in den bestmöglichen Zustand und ging
kurz nachher in See. Sie war 30 Linienschiffe und mehrere Brander stark, in
drei Eseadres geführt. Herr du Quesne führte das Haupttreffen, d'Almeras
die Avantgarde und de Gabaret die Arriüregarde. In dieser Ordnung folgten
Nur den Feinden, welche Agosta bei unsrer Annäherung verließen.

Morgens den 29. dieses Monats erblickten wir den Feind aus der Höhe
der Stadt, 40 Linienschiffe, 10--12 Galeeren und mehrere Brander stark. Der
berühmte Ruyter befehligte die Avantgarde, welche aus einem Theile der hollän¬
dischen Schiffe bestand. Der Admiral von Spanien war bei dem Mittcltreffen
mit allen Schiffen und Galeeren dieser Nation und der Vice-Admiral der Hol¬
länder befehligte die Arriüregarde, aus den Schiffen dieser Nation bestehend.
Man kann ohne Uebertreibung behaupten, daß die Anführer dieser beiden Flotten
die größten Seehelden waren, die es damals ans der Welt gab.

Sie strengten fast den ganzen Tag über alle Kräfte an, um den Wind
für sich zu gewinnen, jedoch ohne dahin zu gelangen. Endlich da sie sich gegen
3 Uhr sehr nahe gekommen waren, fing der Kampf zwischen den Avantgarden
mit großer Hitze an. Hier that der große unerschrockne Ruyter Wunder und
brachte Unordnung in unsre Reihen. Das Schiff, welches Almeras führte, wurde
von de Ruyter übel mitgenommen, besonders als sein Befehlshaber, indem er
Wunder der Tapferkeit that, um sich zu vertheidigen, sein Leben glorreich durch
eine" Kanonenschuß endete.


Grenzboten II. 1881. 16
Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes.

fall, wenn man ihnen einige Landtruppen zu Hilfe geben wolle und sie mit
einigen Schiffen längs dem Strande, wo in den Vorstädten Spanier lagen,
unterstütze, welches ihnen bewilligt wurde. Den 10. April des Morgens mußten
also das prächtige vom Marquis d'Amfreville geführte Schiff von 80 Kanonen
und das unsrige den Hafen verlassen und ganz nahe bei einem großen Kloster,
wo der Feind seinen Hauptposten hatte, die Anker werfen. Nachdem wir sie
mit großem Erfolg eine halbe Stunde beschossen hatten, waren sie genöthigt,
es zu verlassen. Wir sahen ein Regiment Cavallerie mit der größten Schnellig¬
keit sich ins Gebirge flüchten, um dort sicher zu sein.

Unterdessen hatten die Messinaer, 10 000 an der Zahl, unterstützt von
einigen unsrer Truppen, einen Ausfall gemacht und die Spanier in allen ihren
Stellungen mit so viel Tapferkeit angegriffen, daß sie aus denselben verjagt
wurden. Da die spanische Flotte, welche uns immer gleichsam blockirt hielt,
dnrch diesen schlechten Ausgang sah, daß uns nichts anzuhaben war, so ging sie
nach Syrakus unter Segel, wo sie den Vorsatz hatte, es mit Agvsta, unsrer
Eroberung, zu versuchen, deren Besatzung, wie man wußte, schwach war.

Unsre Generale durchschauten jedoch ihre Absicht und beschlossen, sich ihr
entgegenzustellen. Man setzte die Flotte in den bestmöglichen Zustand und ging
kurz nachher in See. Sie war 30 Linienschiffe und mehrere Brander stark, in
drei Eseadres geführt. Herr du Quesne führte das Haupttreffen, d'Almeras
die Avantgarde und de Gabaret die Arriüregarde. In dieser Ordnung folgten
Nur den Feinden, welche Agosta bei unsrer Annäherung verließen.

Morgens den 29. dieses Monats erblickten wir den Feind aus der Höhe
der Stadt, 40 Linienschiffe, 10—12 Galeeren und mehrere Brander stark. Der
berühmte Ruyter befehligte die Avantgarde, welche aus einem Theile der hollän¬
dischen Schiffe bestand. Der Admiral von Spanien war bei dem Mittcltreffen
mit allen Schiffen und Galeeren dieser Nation und der Vice-Admiral der Hol¬
länder befehligte die Arriüregarde, aus den Schiffen dieser Nation bestehend.
Man kann ohne Uebertreibung behaupten, daß die Anführer dieser beiden Flotten
die größten Seehelden waren, die es damals ans der Welt gab.

Sie strengten fast den ganzen Tag über alle Kräfte an, um den Wind
für sich zu gewinnen, jedoch ohne dahin zu gelangen. Endlich da sie sich gegen
3 Uhr sehr nahe gekommen waren, fing der Kampf zwischen den Avantgarden
mit großer Hitze an. Hier that der große unerschrockne Ruyter Wunder und
brachte Unordnung in unsre Reihen. Das Schiff, welches Almeras führte, wurde
von de Ruyter übel mitgenommen, besonders als sein Befehlshaber, indem er
Wunder der Tapferkeit that, um sich zu vertheidigen, sein Leben glorreich durch
eine» Kanonenschuß endete.


Grenzboten II. 1881. 16
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[0125] Aus den Denkwürdigkeiten Jakob Lstiennes. fall, wenn man ihnen einige Landtruppen zu Hilfe geben wolle und sie mit einigen Schiffen längs dem Strande, wo in den Vorstädten Spanier lagen, unterstütze, welches ihnen bewilligt wurde. Den 10. April des Morgens mußten also das prächtige vom Marquis d'Amfreville geführte Schiff von 80 Kanonen und das unsrige den Hafen verlassen und ganz nahe bei einem großen Kloster, wo der Feind seinen Hauptposten hatte, die Anker werfen. Nachdem wir sie mit großem Erfolg eine halbe Stunde beschossen hatten, waren sie genöthigt, es zu verlassen. Wir sahen ein Regiment Cavallerie mit der größten Schnellig¬ keit sich ins Gebirge flüchten, um dort sicher zu sein. Unterdessen hatten die Messinaer, 10 000 an der Zahl, unterstützt von einigen unsrer Truppen, einen Ausfall gemacht und die Spanier in allen ihren Stellungen mit so viel Tapferkeit angegriffen, daß sie aus denselben verjagt wurden. Da die spanische Flotte, welche uns immer gleichsam blockirt hielt, dnrch diesen schlechten Ausgang sah, daß uns nichts anzuhaben war, so ging sie nach Syrakus unter Segel, wo sie den Vorsatz hatte, es mit Agvsta, unsrer Eroberung, zu versuchen, deren Besatzung, wie man wußte, schwach war. Unsre Generale durchschauten jedoch ihre Absicht und beschlossen, sich ihr entgegenzustellen. Man setzte die Flotte in den bestmöglichen Zustand und ging kurz nachher in See. Sie war 30 Linienschiffe und mehrere Brander stark, in drei Eseadres geführt. Herr du Quesne führte das Haupttreffen, d'Almeras die Avantgarde und de Gabaret die Arriüregarde. In dieser Ordnung folgten Nur den Feinden, welche Agosta bei unsrer Annäherung verließen. Morgens den 29. dieses Monats erblickten wir den Feind aus der Höhe der Stadt, 40 Linienschiffe, 10—12 Galeeren und mehrere Brander stark. Der berühmte Ruyter befehligte die Avantgarde, welche aus einem Theile der hollän¬ dischen Schiffe bestand. Der Admiral von Spanien war bei dem Mittcltreffen mit allen Schiffen und Galeeren dieser Nation und der Vice-Admiral der Hol¬ länder befehligte die Arriüregarde, aus den Schiffen dieser Nation bestehend. Man kann ohne Uebertreibung behaupten, daß die Anführer dieser beiden Flotten die größten Seehelden waren, die es damals ans der Welt gab. Sie strengten fast den ganzen Tag über alle Kräfte an, um den Wind für sich zu gewinnen, jedoch ohne dahin zu gelangen. Endlich da sie sich gegen 3 Uhr sehr nahe gekommen waren, fing der Kampf zwischen den Avantgarden mit großer Hitze an. Hier that der große unerschrockne Ruyter Wunder und brachte Unordnung in unsre Reihen. Das Schiff, welches Almeras führte, wurde von de Ruyter übel mitgenommen, besonders als sein Befehlshaber, indem er Wunder der Tapferkeit that, um sich zu vertheidigen, sein Leben glorreich durch eine» Kanonenschuß endete. Grenzboten II. 1881. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/125>, abgerufen am 23.07.2024.