Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Lin Brief Alosos an Lessing. dein ganze" Inhalte leuchtet dnrch, daß wenigstens von einem regelmäßigen Brief¬ Den Frühling seh' ich jedes Jahr wider, aber Sie so lange nicht. Daß man Von einem Tagebuche Kloses ist bisher unter dem reichen handschriftlichen Nachlaß des fleißigen Mannes nichts zum Vorschein gekommen. 2 ) Carl August Leugner war gegen 30 Jahre lang Rendant im Königlichen Mnnz- Comptoir zu Breslau. Ueber seine persönlichen Verhältnisse und seine Beziehungen zu Lessing ist nichts mehr zu ermitteln gewesen, ebensowenig wie über seinen Tod, auf den doch wohl Klose anspielt. Als Besitzer einer werthvollen Bibliothek mag er LcssinqS Interesse erregt haben. Johann Caspar Arletius, Rector des Gymnasiums zu Se. Elisabct, war Bibliothekar
der NKedigerschcn Bibliothek, die den Grundstock der jetzigen Stadtbibliothek bildet und wegen ihrer Handschriften und vielen seltnen Druckwerke eines wohlverdiente!! Rufes genießt. Arlctms war einer ihrer gelehrtesten Bibliothekare. Er beschäftigte sich mit Vorliebe mit den schlesischen Dichtern, wie Opitz, Tscherniug, Gryphius, Günther u. s. w., hat auch große Sammlungen angelegt zur Herausgabe derselben, ist aber nie zum Abschluß dieser Arbeiten gelangt. Es war ihm nicht "druckcrlich," wie er einst zu seinem ihn mahnende" Neffen I. E. Scheibe! äußerte. Er war auch ein sehr verständiger Numismatiker. Friedrich II. schätzte ihn hoch und befahl in öfters zu sich. Voll Lessings Beziehungen zu ihm zeugt noch ein Blatt seines Staunen buches, ans dem ihm dieser bei seinem Abschiede von Breslau, am 20. April 1765, die Verse aus LoiÄt, Dx. II. 1 76 u 77 einschrieb: ,. Lin Brief Alosos an Lessing. dein ganze» Inhalte leuchtet dnrch, daß wenigstens von einem regelmäßigen Brief¬ Den Frühling seh' ich jedes Jahr wider, aber Sie so lange nicht. Daß man Von einem Tagebuche Kloses ist bisher unter dem reichen handschriftlichen Nachlaß des fleißigen Mannes nichts zum Vorschein gekommen. 2 ) Carl August Leugner war gegen 30 Jahre lang Rendant im Königlichen Mnnz- Comptoir zu Breslau. Ueber seine persönlichen Verhältnisse und seine Beziehungen zu Lessing ist nichts mehr zu ermitteln gewesen, ebensowenig wie über seinen Tod, auf den doch wohl Klose anspielt. Als Besitzer einer werthvollen Bibliothek mag er LcssinqS Interesse erregt haben. Johann Caspar Arletius, Rector des Gymnasiums zu Se. Elisabct, war Bibliothekar
der NKedigerschcn Bibliothek, die den Grundstock der jetzigen Stadtbibliothek bildet und wegen ihrer Handschriften und vielen seltnen Druckwerke eines wohlverdiente!! Rufes genießt. Arlctms war einer ihrer gelehrtesten Bibliothekare. Er beschäftigte sich mit Vorliebe mit den schlesischen Dichtern, wie Opitz, Tscherniug, Gryphius, Günther u. s. w., hat auch große Sammlungen angelegt zur Herausgabe derselben, ist aber nie zum Abschluß dieser Arbeiten gelangt. Es war ihm nicht „druckcrlich," wie er einst zu seinem ihn mahnende» Neffen I. E. Scheibe! äußerte. Er war auch ein sehr verständiger Numismatiker. Friedrich II. schätzte ihn hoch und befahl in öfters zu sich. Voll Lessings Beziehungen zu ihm zeugt noch ein Blatt seines Staunen buches, ans dem ihm dieser bei seinem Abschiede von Breslau, am 20. April 1765, die Verse aus LoiÄt, Dx. II. 1 76 u 77 einschrieb: ,. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0568" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149552"/> <fw type="header" place="top"> Lin Brief Alosos an Lessing.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1597" prev="#ID_1596"> dein ganze» Inhalte leuchtet dnrch, daß wenigstens von einem regelmäßigen Brief¬<lb/> wechsel zwischen ihnen nicht die Rede sein kann. Die im Briefe enthaltenen An¬<lb/> spielungen und Beziehungen sind, wo sie nicht als bekannt vorausgesetzt werden<lb/> durften, nach Möglichkeit erläutert worden. Wenn es auch begreiflich ist, daß<lb/> Lessing in Berlin, Hamburg und Wolfenbüttel wenig mehr an seine Breslauer<lb/> Zeit dachte, die ihm durch das lästige Gefühl seiner dienstlichen Abhängigkeit<lb/> und die Büreaubeschäftignng häufig zuwider geworden war, so bezeugt doch der<lb/> Brief in trefflicher Weise, daß die am Ostrande des Deutschthums gelegene Stadt<lb/> zu jener Zeit durchaus nicht eines regen literarischen Lebens entbehrte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1598" next="#ID_1599"> Den Frühling seh' ich jedes Jahr wider, aber Sie so lange nicht. Daß man<lb/> bei uns nach Ihnen sich sehnt, können Sie daraus schließen (corrigirt: leicht glauben),<lb/> und daß ich der erste darunter bin, davon wolte ich Sie mit mehr als einem Be¬<lb/> weise überzeugen, wenn es nötig wäre. In meinem Tagebuche ^) steht Lessing in dein<lb/> Zeitraum von 24 Stunden öfters als die Namen der Heiligen im Kalender. Wenn<lb/> nicht das Publikum so viel durch ihre Trennung von uns gewonnen hätte, so würde<lb/> es mich reuen, daß ich nicht alles angewandt habe, Sie noch hier zu behalten. Man<lb/> hat sehr oft sich mit dem cmgenemen Märchen getragen, daß Sie nach Breslau<lb/> kommen würden, zuweilen auch gar sich überredet, daß Sie hier wären. Der Münz-<lb/> rendant L.,2) welcher sich mit Ihrer Vertraulichkeit brüstete, ist nun (corrigirt: vor<lb/> zwei Jahren) in den Ort gegangen, wo er neue (corrigirt: unerwartete) Erfarungen<lb/> erlangen wird. So oft er mich sah, waren Sie unser Gespräche. Seine Bibliothek<lb/> hat ein sehr günstiges Schiksal gehabt. Die Bücher sind so hoch bczcilet worden,<lb/> als wenn er der berümtcste Beichtvater gewesen wäre. Haben Sie denn Ihren<lb/> Vorsatz nach Wien, nach Italien, nach Griechenland zu gehen, aufgegeben? Ich<lb/> wünschte, daß Sie ihn wider vornämcn (corrigirt: wirklich machten), so würden die<lb/> Wissenschaften und zugleich Ihre Freunde sehr wohl dabei stehen. Denn daß Sie<lb/> alsdann dnrch Breslau reiseten, ist mir warscheinlich, und daß Sie mich sprächen,<lb/> gewiß. Sie haben mich nicht vergessen, das weiß ich. Wie sehr sich unser R.<lb/> Art. (Rector Arletius zu Samt Elisabeth) freute, als er seinen Na inen in Ihrem</p><lb/> <note xml:id="FID_90" place="foot"> Von einem Tagebuche Kloses ist bisher unter dem reichen handschriftlichen Nachlaß des<lb/> fleißigen Mannes nichts zum Vorschein gekommen.<lb/> 2</note><lb/> <note xml:id="FID_91" place="foot"> ) Carl August Leugner war gegen 30 Jahre lang Rendant im Königlichen Mnnz-<lb/> Comptoir zu Breslau. Ueber seine persönlichen Verhältnisse und seine Beziehungen zu Lessing<lb/> ist nichts mehr zu ermitteln gewesen, ebensowenig wie über seinen Tod, auf den doch wohl<lb/> Klose anspielt. 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Voll Lessings Beziehungen zu ihm zeugt noch ein Blatt seines Staunen<lb/> buches, ans dem ihm dieser bei seinem Abschiede von Breslau, am 20. April 1765, die Verse<lb/> aus LoiÄt, Dx. II. 1 76 u 77 einschrieb:<lb/><quote> ,.<lb/> IncliAiioi' hwdPliuri roizrvbonäi, non <zun>, vrasss<lb/> 0on>izositum illexillovs xntotur, sont gwÄ imxsr.</quote></note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0568]
Lin Brief Alosos an Lessing.
dein ganze» Inhalte leuchtet dnrch, daß wenigstens von einem regelmäßigen Brief¬
wechsel zwischen ihnen nicht die Rede sein kann. Die im Briefe enthaltenen An¬
spielungen und Beziehungen sind, wo sie nicht als bekannt vorausgesetzt werden
durften, nach Möglichkeit erläutert worden. Wenn es auch begreiflich ist, daß
Lessing in Berlin, Hamburg und Wolfenbüttel wenig mehr an seine Breslauer
Zeit dachte, die ihm durch das lästige Gefühl seiner dienstlichen Abhängigkeit
und die Büreaubeschäftignng häufig zuwider geworden war, so bezeugt doch der
Brief in trefflicher Weise, daß die am Ostrande des Deutschthums gelegene Stadt
zu jener Zeit durchaus nicht eines regen literarischen Lebens entbehrte.
Den Frühling seh' ich jedes Jahr wider, aber Sie so lange nicht. Daß man
bei uns nach Ihnen sich sehnt, können Sie daraus schließen (corrigirt: leicht glauben),
und daß ich der erste darunter bin, davon wolte ich Sie mit mehr als einem Be¬
weise überzeugen, wenn es nötig wäre. In meinem Tagebuche ^) steht Lessing in dein
Zeitraum von 24 Stunden öfters als die Namen der Heiligen im Kalender. Wenn
nicht das Publikum so viel durch ihre Trennung von uns gewonnen hätte, so würde
es mich reuen, daß ich nicht alles angewandt habe, Sie noch hier zu behalten. Man
hat sehr oft sich mit dem cmgenemen Märchen getragen, daß Sie nach Breslau
kommen würden, zuweilen auch gar sich überredet, daß Sie hier wären. Der Münz-
rendant L.,2) welcher sich mit Ihrer Vertraulichkeit brüstete, ist nun (corrigirt: vor
zwei Jahren) in den Ort gegangen, wo er neue (corrigirt: unerwartete) Erfarungen
erlangen wird. So oft er mich sah, waren Sie unser Gespräche. Seine Bibliothek
hat ein sehr günstiges Schiksal gehabt. Die Bücher sind so hoch bczcilet worden,
als wenn er der berümtcste Beichtvater gewesen wäre. Haben Sie denn Ihren
Vorsatz nach Wien, nach Italien, nach Griechenland zu gehen, aufgegeben? Ich
wünschte, daß Sie ihn wider vornämcn (corrigirt: wirklich machten), so würden die
Wissenschaften und zugleich Ihre Freunde sehr wohl dabei stehen. Denn daß Sie
alsdann dnrch Breslau reiseten, ist mir warscheinlich, und daß Sie mich sprächen,
gewiß. Sie haben mich nicht vergessen, das weiß ich. Wie sehr sich unser R.
Art. (Rector Arletius zu Samt Elisabeth) freute, als er seinen Na inen in Ihrem
Von einem Tagebuche Kloses ist bisher unter dem reichen handschriftlichen Nachlaß des
fleißigen Mannes nichts zum Vorschein gekommen.
2
) Carl August Leugner war gegen 30 Jahre lang Rendant im Königlichen Mnnz-
Comptoir zu Breslau. Ueber seine persönlichen Verhältnisse und seine Beziehungen zu Lessing
ist nichts mehr zu ermitteln gewesen, ebensowenig wie über seinen Tod, auf den doch wohl
Klose anspielt. Als Besitzer einer werthvollen Bibliothek mag er LcssinqS Interesse erregt haben.
Johann Caspar Arletius, Rector des Gymnasiums zu Se. Elisabct, war Bibliothekar
der NKedigerschcn Bibliothek, die den Grundstock der jetzigen Stadtbibliothek bildet und wegen
ihrer Handschriften und vielen seltnen Druckwerke eines wohlverdiente!! Rufes genießt. Arlctms
war einer ihrer gelehrtesten Bibliothekare. Er beschäftigte sich mit Vorliebe mit den schlesischen
Dichtern, wie Opitz, Tscherniug, Gryphius, Günther u. s. w., hat auch große Sammlungen
angelegt zur Herausgabe derselben, ist aber nie zum Abschluß dieser Arbeiten gelangt. Es
war ihm nicht „druckcrlich," wie er einst zu seinem ihn mahnende» Neffen I. E. Scheibe!
äußerte. Er war auch ein sehr verständiger Numismatiker. Friedrich II. schätzte ihn hoch und
befahl in öfters zu sich. Voll Lessings Beziehungen zu ihm zeugt noch ein Blatt seines Staunen
buches, ans dem ihm dieser bei seinem Abschiede von Breslau, am 20. April 1765, die Verse
aus LoiÄt, Dx. II. 1 76 u 77 einschrieb:
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IncliAiioi' hwdPliuri roizrvbonäi, non <zun>, vrasss
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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