Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.hinein, könnt' es gewiß aushalten und ich lahm gewiß noch jetzt zu Ihnen, wenn Sie laviren? Eine Windstille wurden Sie jetzt bis Weihnachten ab? Und dann Sie haben Recht mein guter, mein liebster Gleim; laßen wir die Göttinger Wegen Halladat, mein Liebster, denk ich, machen wir es so, Sie schicken mir hinein, könnt' es gewiß aushalten und ich lahm gewiß noch jetzt zu Ihnen, wenn Sie laviren? Eine Windstille wurden Sie jetzt bis Weihnachten ab? Und dann Sie haben Recht mein guter, mein liebster Gleim; laßen wir die Göttinger Wegen Halladat, mein Liebster, denk ich, machen wir es so, Sie schicken mir <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0449" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149433"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1228" prev="#ID_1227"> hinein, könnt' es gewiß aushalten und ich lahm gewiß noch jetzt zu Ihnen, wenn<lb/> mir alles dies nicht nnn seit wenigen Tagen ganz unmöglich worden wäre. Ach!<lb/> liebster Glenn, das Herz unsers Wieland hat eine schmerzliche Wunde empfangen;<lb/> sein Sohn, sein neugebvhrener einziger Sohn, der das Glück seines Lebens war, ist<lb/> ihm vor wenigen Tagen gestorben. Seine Seele und sein Leib leiden bey diesem<lb/> Falle noch immer erstaunend viel. Ich bin sein einziger Gesellschafter, Rath und<lb/> Trost und besorge fast alle seine Geschäfte, Grausam, unaussprechlich undankbar<lb/> wär es, wenn ich ihn jetzt in dieser Lage verließ, Ueberdieß liegt mir der Druck,<lb/> die Anordnung und Correspondence des Merkur jetzt ganz allein ans dein Halse,<lb/> Nur 14 Tage meiner Abwesenheit würden gewaltige Bcrwirrnngen machen. Sehn<lb/> Sie, sehen Sie liebster Gleim, daß ich jetzt nicht kommen kann, so sehr ich es<lb/> wünsche, so sehr ich die Arme nach Ihnen ailsstrecke, und so sehr diese kleine Reise<lb/> vielleicht auch meiner Gesundheit vortheilhnft seyn würde; denn auch ich bin halb<lb/> krank, liebster Freund: ein garstiges chronisches Kopfweh, welches mich schon seit<lb/> l Jahren alle Winter, durch martert, hat mich wieder, frißt die Hälfte meiner Zeit,<lb/> und quält mich baß. Sehen Sie liebster Gleim ich kann nicht. Schreiben fSics<lb/> ^ ^ jn nicht ans die Rechnung meines Herzens, oder fürchten Sie sich der Sünde,</p><lb/> <p xml:id="ID_1229"> Sie laviren? Eine Windstille wurden Sie jetzt bis Weihnachten ab? Und dann<lb/> wieder sein»? Hohe See? Nicht wahr? — Gott, v Gott, warum laßest du doch<lb/> deine guten Menschen so von den bösen zerfleischen? — Doch, darf ich fragen?<lb/> Ich bin Wurm, und dn bist Gott! —</p><lb/> <p xml:id="ID_1230"> Sie haben Recht mein guter, mein liebster Gleim; laßen wir die Göttinger<lb/> Knaben und mehr ihres gleichen ihren Kreißel peitschen so lang sie »vollen. Ein<lb/> Mann, der Mann ist, muß eben nicht gleich den Stock gegen sie aufheben, wenn<lb/> er bey ihnen vorbeygeht und sie ihm ihren Kreißel ans Eifer oder wohl gar ans<lb/> Muthwillen zwischen die Beine peitschen. Meine Hitze flog hoch ans, aber mein<lb/> Herz war Schuld dran, dem seine Freunde Alles sind, was es ans Erden hat. Der<lb/> Dolch, der auf meinen Freund gezückt wird, durchbohrt mir schon zehnfach den<lb/> Busen, Ich glaubte Boie habe eine Schandthat begangen; ich schrieb ihm einen<lb/> harten Brief; ich kann's nicht leugnen; allein er hat sich gerechtfertigt; wenigstens<lb/> glaub ich's. Hier ist sein eigenhändiger Brief an mich, liebster Gleim, Lesen Sie<lb/> ihn, vergehen Sie aber nicht, mir ihn wieder zu schicken, er ist mir nöthig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1231" next="#ID_1232"> Wegen Halladat, mein Liebster, denk ich, machen wir es so, Sie schicken mir<lb/> nämlich vor allen Dingen nicht die Exemplare selbst — weil wir die Zahl des<lb/> Absatzes noch nicht wißen, und Sie sich vielleicht nnr übcrflüßige Fracht machen<lb/> könnten — sondern nnr 1000 Stück Nachrichten für unsere vollellteurs. An diesen<lb/> laß ich einen kleinen Empfehlungsbrief drucken, worinnen Halladats wahrer Werth<lb/> anseinander gesetzt wird, und welchen unser Wieland entwerfen und mit seinem<lb/> Namen unterzeichnen will, Jn diesen Brief eingeschlagen, laße ich unter Wielands<lb/> Siegel (als welcher Postfrey ist, so weit die Kaiser!, rentcnde Post geht) diese Nach¬<lb/> richten an unsre (Msetvurs laufen und bitte um Bescheinigung dieser volleeto.<lb/> Vorher aber liebster Gleim müßen Sie nur melden, was ich diesen Leuten als<lb/> Provision versprechen kann, denn Sie wißen wohl daß nur Vortheil die Thätig¬<lb/> keit der Meiste» in Bewegung setzt, Nun erwarte ich was diese Herren nur schreiben,<lb/> mache die Snnune, und sage Ihnen wie viel Sie mir Exemplare schicken sollen,<lb/> die dann mit dem 8, oder 9. Bande des Merkurs versendet werden können. Melden<lb/> Sie mir aber ob Sie oder die Collect- das Vcrseudnugs-Porto tragen. Ver-<lb/> laßen Sie sich hierinnen auf meine Thätigkeit und meinen Eifer Ihnen zu dienen.<lb/> Ich will alles thun, was ich mit meinen schwachen Kräften kann. Nur liebster</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0449]
hinein, könnt' es gewiß aushalten und ich lahm gewiß noch jetzt zu Ihnen, wenn
mir alles dies nicht nnn seit wenigen Tagen ganz unmöglich worden wäre. Ach!
liebster Glenn, das Herz unsers Wieland hat eine schmerzliche Wunde empfangen;
sein Sohn, sein neugebvhrener einziger Sohn, der das Glück seines Lebens war, ist
ihm vor wenigen Tagen gestorben. Seine Seele und sein Leib leiden bey diesem
Falle noch immer erstaunend viel. Ich bin sein einziger Gesellschafter, Rath und
Trost und besorge fast alle seine Geschäfte, Grausam, unaussprechlich undankbar
wär es, wenn ich ihn jetzt in dieser Lage verließ, Ueberdieß liegt mir der Druck,
die Anordnung und Correspondence des Merkur jetzt ganz allein ans dein Halse,
Nur 14 Tage meiner Abwesenheit würden gewaltige Bcrwirrnngen machen. Sehn
Sie, sehen Sie liebster Gleim, daß ich jetzt nicht kommen kann, so sehr ich es
wünsche, so sehr ich die Arme nach Ihnen ailsstrecke, und so sehr diese kleine Reise
vielleicht auch meiner Gesundheit vortheilhnft seyn würde; denn auch ich bin halb
krank, liebster Freund: ein garstiges chronisches Kopfweh, welches mich schon seit
l Jahren alle Winter, durch martert, hat mich wieder, frißt die Hälfte meiner Zeit,
und quält mich baß. Sehen Sie liebster Gleim ich kann nicht. Schreiben fSics
^ ^ jn nicht ans die Rechnung meines Herzens, oder fürchten Sie sich der Sünde,
Sie laviren? Eine Windstille wurden Sie jetzt bis Weihnachten ab? Und dann
wieder sein»? Hohe See? Nicht wahr? — Gott, v Gott, warum laßest du doch
deine guten Menschen so von den bösen zerfleischen? — Doch, darf ich fragen?
Ich bin Wurm, und dn bist Gott! —
Sie haben Recht mein guter, mein liebster Gleim; laßen wir die Göttinger
Knaben und mehr ihres gleichen ihren Kreißel peitschen so lang sie »vollen. Ein
Mann, der Mann ist, muß eben nicht gleich den Stock gegen sie aufheben, wenn
er bey ihnen vorbeygeht und sie ihm ihren Kreißel ans Eifer oder wohl gar ans
Muthwillen zwischen die Beine peitschen. Meine Hitze flog hoch ans, aber mein
Herz war Schuld dran, dem seine Freunde Alles sind, was es ans Erden hat. Der
Dolch, der auf meinen Freund gezückt wird, durchbohrt mir schon zehnfach den
Busen, Ich glaubte Boie habe eine Schandthat begangen; ich schrieb ihm einen
harten Brief; ich kann's nicht leugnen; allein er hat sich gerechtfertigt; wenigstens
glaub ich's. Hier ist sein eigenhändiger Brief an mich, liebster Gleim, Lesen Sie
ihn, vergehen Sie aber nicht, mir ihn wieder zu schicken, er ist mir nöthig.
Wegen Halladat, mein Liebster, denk ich, machen wir es so, Sie schicken mir
nämlich vor allen Dingen nicht die Exemplare selbst — weil wir die Zahl des
Absatzes noch nicht wißen, und Sie sich vielleicht nnr übcrflüßige Fracht machen
könnten — sondern nnr 1000 Stück Nachrichten für unsere vollellteurs. An diesen
laß ich einen kleinen Empfehlungsbrief drucken, worinnen Halladats wahrer Werth
anseinander gesetzt wird, und welchen unser Wieland entwerfen und mit seinem
Namen unterzeichnen will, Jn diesen Brief eingeschlagen, laße ich unter Wielands
Siegel (als welcher Postfrey ist, so weit die Kaiser!, rentcnde Post geht) diese Nach¬
richten an unsre (Msetvurs laufen und bitte um Bescheinigung dieser volleeto.
Vorher aber liebster Gleim müßen Sie nur melden, was ich diesen Leuten als
Provision versprechen kann, denn Sie wißen wohl daß nur Vortheil die Thätig¬
keit der Meiste» in Bewegung setzt, Nun erwarte ich was diese Herren nur schreiben,
mache die Snnune, und sage Ihnen wie viel Sie mir Exemplare schicken sollen,
die dann mit dem 8, oder 9. Bande des Merkurs versendet werden können. Melden
Sie mir aber ob Sie oder die Collect- das Vcrseudnugs-Porto tragen. Ver-
laßen Sie sich hierinnen auf meine Thätigkeit und meinen Eifer Ihnen zu dienen.
Ich will alles thun, was ich mit meinen schwachen Kräften kann. Nur liebster
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