Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Zur logischen Frage. Erscheinungen, Aufgaben, Zielen und Gestaltungen bietet einen an sich unbe¬ Zur logischen Frage. Erscheinungen, Aufgaben, Zielen und Gestaltungen bietet einen an sich unbe¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0393" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149377"/> <fw type="header" place="top"> Zur logischen Frage.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1064" prev="#ID_1063"> Erscheinungen, Aufgaben, Zielen und Gestaltungen bietet einen an sich unbe¬<lb/> grenzten Inhalt und Stoff der strengen und geordneten wissenschaftlichen Be¬<lb/> arbeitung in sich dar, und sowohl die gemeine als auch die Hegelsche Logik ist<lb/> eine durchaus unvollkommne oder ans einseitigen und falschen Voraussetzungen<lb/> beruhende Vertretung des Denkens in der Wissenschaft. Ueber die Zeit der<lb/> bloßen hohlen und abstmeten Lehrformel» und Theorien in der Philosophie<lb/> sind wir hinaus oder müssen doch versuchen, über sie hinaus zu kommen. Es<lb/> handelt sich auch in unserm öffentlichen oder politischen Leben durchaus nicht<lb/> mehr um ein bloßes allgemeines Prineip oder um die Durchführung irgend einer<lb/> bestimmten allein seligmachenden Formel der Weisheit in allen wichtige» und<lb/> entscheidenden Fragen der nationalen Wohlfahrt und Existenz. ES sind in der<lb/> Wissenschaft wie in der Politik concrete und inhaltreiche Aufgabe» und Ziele,<lb/> in deren Erledigung wir jetzt eingetreten sind. Die Formeln der philosophischen<lb/> Systeme und die der politischen Parteien sind mir einseitige u»d unvollkommne<lb/> Richtpunkte fiir die Nuffiuduug des Wahren, Echten und Gesunden in der<lb/> Wissenschaft und im Lebe». Es giebt einen wahre» und auch einen falschen<lb/> Idealismus in der ganzen Nnffassmig und Gestaltung aller menschlichen Dinge;<lb/> während der letztere sich in einer beschränkten und einseitige» Formel berauscht<lb/> und hierin seine Geniige findet, so sucht der erstere die wahrhaften, eigentlichen<lb/> und großen Ziele des Lebens zu erfassen. Es hat aber bei uns Wissenschaft<lb/> und wissenschaftliche Bildung jederzeit mit dem praktischen oder öffentlichen Lebe»<lb/> in der innigsten und uutrenubnrsteu Verbindung gestanden. Die wissenschaft¬<lb/> lichen Lehren und Theorien, wie sie ans de» Universitäten vertrete» und aus¬<lb/> gebildet worden sind, haben auch in: Staat ihre Anwendung und Durchführung<lb/> gefunden. Der neuere deutsche und zumal der preußische Staat ist selbst wesentlich<lb/> el» Product wissenschaftlicher Gedanken und Vorstellungen gewesen. Das Wahre<lb/> im Leben zu finden, ist selbst auch eine Aufgabe des strengen geistigen oder<lb/> wissenschaftlichen Denkens gewesen. Logik und Philosophie aber vertreten an sich<lb/> immer in der reinsten Weise das ganze Prineip des Denkens und der Bildung<lb/> der Wissenschaft in sich. Der ganze Standpunkt der gemeinen Logik aber ist<lb/> wissenschaftlich unwahr u»d dnrch die Bildung der Zeit längst überschritten,<lb/> während die neuere Logik Hegels bei aller ihrer Unvollkommenheit doch zuerst<lb/> das Ziel einer erweiterten, höhern und ausgedehnter» Wissenschaft vom Denken<lb/> festgestellt und bezeichnet hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0393]
Zur logischen Frage.
Erscheinungen, Aufgaben, Zielen und Gestaltungen bietet einen an sich unbe¬
grenzten Inhalt und Stoff der strengen und geordneten wissenschaftlichen Be¬
arbeitung in sich dar, und sowohl die gemeine als auch die Hegelsche Logik ist
eine durchaus unvollkommne oder ans einseitigen und falschen Voraussetzungen
beruhende Vertretung des Denkens in der Wissenschaft. Ueber die Zeit der
bloßen hohlen und abstmeten Lehrformel» und Theorien in der Philosophie
sind wir hinaus oder müssen doch versuchen, über sie hinaus zu kommen. Es
handelt sich auch in unserm öffentlichen oder politischen Leben durchaus nicht
mehr um ein bloßes allgemeines Prineip oder um die Durchführung irgend einer
bestimmten allein seligmachenden Formel der Weisheit in allen wichtige» und
entscheidenden Fragen der nationalen Wohlfahrt und Existenz. ES sind in der
Wissenschaft wie in der Politik concrete und inhaltreiche Aufgabe» und Ziele,
in deren Erledigung wir jetzt eingetreten sind. Die Formeln der philosophischen
Systeme und die der politischen Parteien sind mir einseitige u»d unvollkommne
Richtpunkte fiir die Nuffiuduug des Wahren, Echten und Gesunden in der
Wissenschaft und im Lebe». Es giebt einen wahre» und auch einen falschen
Idealismus in der ganzen Nnffassmig und Gestaltung aller menschlichen Dinge;
während der letztere sich in einer beschränkten und einseitige» Formel berauscht
und hierin seine Geniige findet, so sucht der erstere die wahrhaften, eigentlichen
und großen Ziele des Lebens zu erfassen. Es hat aber bei uns Wissenschaft
und wissenschaftliche Bildung jederzeit mit dem praktischen oder öffentlichen Lebe»
in der innigsten und uutrenubnrsteu Verbindung gestanden. Die wissenschaft¬
lichen Lehren und Theorien, wie sie ans de» Universitäten vertrete» und aus¬
gebildet worden sind, haben auch in: Staat ihre Anwendung und Durchführung
gefunden. Der neuere deutsche und zumal der preußische Staat ist selbst wesentlich
el» Product wissenschaftlicher Gedanken und Vorstellungen gewesen. Das Wahre
im Leben zu finden, ist selbst auch eine Aufgabe des strengen geistigen oder
wissenschaftlichen Denkens gewesen. Logik und Philosophie aber vertreten an sich
immer in der reinsten Weise das ganze Prineip des Denkens und der Bildung
der Wissenschaft in sich. Der ganze Standpunkt der gemeinen Logik aber ist
wissenschaftlich unwahr u»d dnrch die Bildung der Zeit längst überschritten,
während die neuere Logik Hegels bei aller ihrer Unvollkommenheit doch zuerst
das Ziel einer erweiterten, höhern und ausgedehnter» Wissenschaft vom Denken
festgestellt und bezeichnet hat.
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