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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Lcssiugstudieu.

Noch zwei glückliche Ehen wurden in Erdmannsdorf geschlossen, von denen
die Verbindung Emiliens mit dein Grafen Brühl, dem Bruder der Marie von
Clausewitz, dein General um der alten Freundschaft willen besondere Freude be¬
reitete. Von den übrigen Kindern hören wir nur wenig. Gelegentliche Be¬
merkungen zeigen uns aber, wie eifrig und liebevoll Gneisenau für ihr Wohl
bedacht war. (Schluß folgt.)




Lessingstudien. ^
von Gustav Buchholz.
2. Die Katastrophe in der Lulua Galotti.
(Schluß.,

auz richtig sagt Gustav Freytag (Technik des Dramas 1863,
S. 188), daß es nicht in Lessings Natur lag, durch Monologe
dramatische Wirkungen zu suchen. Seine Personen reden kein
Wort, das des Hörers wegen gesagt werden müßte, und nur zu
oft müssen ja Monologe einer unklaren Charakterzeichnung als
Nothbehelf dienen. Dafür liebt es Lessing, durch feine Andeutungen den Zu¬
schauer Blicke in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner Personen thun, zu
lassen, welche ihn über Geheimnisse des Innern Aufschluß geben, die diesen
Personen selbst noch nicht zu klarem Bewußtsein gekommen sind. Die Deutlichkeit
wird freilich bei diesem Verfahren, das an den denkenden Leser oder Hörer
appellirt, leicht eingebüßt, nicht aber die Wahrheit. Und so, aber auch uur so, wenn
wir nämlich an unsrer Auffassung von der Stellung Emilias zum Prinzen fest¬
halten, erklärt sich ihr späteres Benehmen vollkommen.

Der Zufall, wie sie glaubt, in Wirklichkeit das fein angelegte Bubenstück
Marinellis hat sie nach Dosalv geführt. Dort tritt der Prinz ihr entgegen,
und sobald sie seiner ansichtig wird, erfaßt sie wieder dieselbe namenlose Angst,
welche ihr am Morgen die Fassung geraubt hatte: erst ist sie unschlüssig, sich
in seine Gewalt zu begeben -- "Was soll ich thun" ruft sie rathlos die Hände
ringend --, daun sällt sie gar flehend zu seinen Füßen nieder, und der Prinz
'muß alle seine schmeichelnde Beredsamkeit anwenden, sie zu beruhigen.



Z 15. Februar 188l. ur Sämlarfeier um Lessings Todestag,
Lcssiugstudieu.

Noch zwei glückliche Ehen wurden in Erdmannsdorf geschlossen, von denen
die Verbindung Emiliens mit dein Grafen Brühl, dem Bruder der Marie von
Clausewitz, dein General um der alten Freundschaft willen besondere Freude be¬
reitete. Von den übrigen Kindern hören wir nur wenig. Gelegentliche Be¬
merkungen zeigen uns aber, wie eifrig und liebevoll Gneisenau für ihr Wohl
bedacht war. (Schluß folgt.)




Lessingstudien. ^
von Gustav Buchholz.
2. Die Katastrophe in der Lulua Galotti.
(Schluß.,

auz richtig sagt Gustav Freytag (Technik des Dramas 1863,
S. 188), daß es nicht in Lessings Natur lag, durch Monologe
dramatische Wirkungen zu suchen. Seine Personen reden kein
Wort, das des Hörers wegen gesagt werden müßte, und nur zu
oft müssen ja Monologe einer unklaren Charakterzeichnung als
Nothbehelf dienen. Dafür liebt es Lessing, durch feine Andeutungen den Zu¬
schauer Blicke in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner Personen thun, zu
lassen, welche ihn über Geheimnisse des Innern Aufschluß geben, die diesen
Personen selbst noch nicht zu klarem Bewußtsein gekommen sind. Die Deutlichkeit
wird freilich bei diesem Verfahren, das an den denkenden Leser oder Hörer
appellirt, leicht eingebüßt, nicht aber die Wahrheit. Und so, aber auch uur so, wenn
wir nämlich an unsrer Auffassung von der Stellung Emilias zum Prinzen fest¬
halten, erklärt sich ihr späteres Benehmen vollkommen.

Der Zufall, wie sie glaubt, in Wirklichkeit das fein angelegte Bubenstück
Marinellis hat sie nach Dosalv geführt. Dort tritt der Prinz ihr entgegen,
und sobald sie seiner ansichtig wird, erfaßt sie wieder dieselbe namenlose Angst,
welche ihr am Morgen die Fassung geraubt hatte: erst ist sie unschlüssig, sich
in seine Gewalt zu begeben — „Was soll ich thun" ruft sie rathlos die Hände
ringend —, daun sällt sie gar flehend zu seinen Füßen nieder, und der Prinz
'muß alle seine schmeichelnde Beredsamkeit anwenden, sie zu beruhigen.



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[0343] Lcssiugstudieu. Noch zwei glückliche Ehen wurden in Erdmannsdorf geschlossen, von denen die Verbindung Emiliens mit dein Grafen Brühl, dem Bruder der Marie von Clausewitz, dein General um der alten Freundschaft willen besondere Freude be¬ reitete. Von den übrigen Kindern hören wir nur wenig. Gelegentliche Be¬ merkungen zeigen uns aber, wie eifrig und liebevoll Gneisenau für ihr Wohl bedacht war. (Schluß folgt.) Lessingstudien. ^ von Gustav Buchholz. 2. Die Katastrophe in der Lulua Galotti. (Schluß., auz richtig sagt Gustav Freytag (Technik des Dramas 1863, S. 188), daß es nicht in Lessings Natur lag, durch Monologe dramatische Wirkungen zu suchen. Seine Personen reden kein Wort, das des Hörers wegen gesagt werden müßte, und nur zu oft müssen ja Monologe einer unklaren Charakterzeichnung als Nothbehelf dienen. Dafür liebt es Lessing, durch feine Andeutungen den Zu¬ schauer Blicke in die Gedanken- und Gefühlswelt seiner Personen thun, zu lassen, welche ihn über Geheimnisse des Innern Aufschluß geben, die diesen Personen selbst noch nicht zu klarem Bewußtsein gekommen sind. Die Deutlichkeit wird freilich bei diesem Verfahren, das an den denkenden Leser oder Hörer appellirt, leicht eingebüßt, nicht aber die Wahrheit. Und so, aber auch uur so, wenn wir nämlich an unsrer Auffassung von der Stellung Emilias zum Prinzen fest¬ halten, erklärt sich ihr späteres Benehmen vollkommen. Der Zufall, wie sie glaubt, in Wirklichkeit das fein angelegte Bubenstück Marinellis hat sie nach Dosalv geführt. Dort tritt der Prinz ihr entgegen, und sobald sie seiner ansichtig wird, erfaßt sie wieder dieselbe namenlose Angst, welche ihr am Morgen die Fassung geraubt hatte: erst ist sie unschlüssig, sich in seine Gewalt zu begeben — „Was soll ich thun" ruft sie rathlos die Hände ringend —, daun sällt sie gar flehend zu seinen Füßen nieder, und der Prinz 'muß alle seine schmeichelnde Beredsamkeit anwenden, sie zu beruhigen. Z 15. Februar 188l. ur Sämlarfeier um Lessings Todestag,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/343>, abgerufen am 27.12.2024.