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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Abkunft einige Tausend Briten fest angesiedelt sind, städtisches Grundeigenthum
besitzen und sich gewisser gewinnreicher Geschäfte, des Handels, des Bergbaus,
des Wuchers und der Gastwirthschaft fast ausschließlich bemächtigt haben. Der
Boden des Landes ist getheilt unter die Farbigen und die Boers; die regierende,
gesetzgebende Gewalt über die Farbigen und über die städtisch angesiedelten Briten
besaßen rechtlich die Boers; seit der gewaltsamen Annexion gehört jetzt factisch
die Gewalt den Briten, einer vom Zufall znsammengespülten Anzahl von Aben¬
teurern, die sich eingeschlichen haben wie die Schafe und die nun die Herren
spielen wie die Wölfe, da sie die Bayonnctte und Kanonen Großbritanniens
hinter sich wissen, Sie, sowie die wenigen Deutschen, die zwischen sie eingesprengt
sind, sind eine rührige Zunft, die nicht langsam zugreifen, wo es darauf an¬
kommt, den Boers das Fett von der Suppe zu schöpfen. Nachdem sie lange
mit den britischen Cvmmissaren intriguirt, speculirt und paradirt haben, sandten
sie Petitionen über Petitionen nach London, worin sie bewiesen, daß Transvaal
nicht aufgegeben werden dürfe, daß die Mehrzahl der Boers gut britisch denke,
daß übrigens die Boers doch eigentlich mir Halbthiere wären, die weder den
Farbigen und der Philanthropie noch dem natürlichen Reichthum des Landes
und der Civilisation gerecht werden könnten. Sie lügen und erfinden die Dinge,
die man in England gerne glaubt, weil man zur Beschönigung des Unrechts
wünscht, daß sie wahr wären. Wie könnte es England übers Herz bringen,
diese seine ausgewanderten Kinder wieder nnter die Regierung von Boers fallen
zu lassen! Im Vvlksrathe der letzter", in der Gesetzgebung und Verwaltung
des Landes würden die britischen Abenteurer vou Pretoria nicht vertreten sein,
während sie jetzt eine aus ihren Landsleuten zusammengesetzte Regierung haben.
Das Unglück, das die jetzige britische Regierung in Bezug auf Transvaal krumme
Wege wandeln ließ, ist den Boers anch insofern recht feind, als es Südafrika
zu einem Versuchsfeld für Missionäre, deutsche sowohl als französische und eng¬
lische hat werden lassen. Da dieselben ohne die Cvnivenz der britischen Regie¬
rung nichts machen können, so schließen sie ihre Politik der jeweiligen Politik der
britischen Machthaber an, und da sie als Freunde der Briten bei den mi߬
trauischen Boers kein Gehör fanden, so sind sie antiboerisch, und es giebt keine
noch so unglaubliche Geschichte von bocrischer Grausamkeit, Dummheit und Ver¬
stocktheit, die nicht durch die Missionäre in der Welt herumgebracht würde.

Von welchen Anschauungen diese Leute, die die Welt von einem sehr ein¬
seitigen Standpunkte besehen, in Südafrika geleitet werden, ist deutschen Lesern
durch einige geschickt geschriebene Aufsätze des Herrn Missionsdireetors Wangc-
mann, die in der "Conservativen Monatsschrift" (August 1879 und 1880) er¬
schienen, dargelegt worden. Leider ist diese in hohem Grade gegen die Boers


Abkunft einige Tausend Briten fest angesiedelt sind, städtisches Grundeigenthum
besitzen und sich gewisser gewinnreicher Geschäfte, des Handels, des Bergbaus,
des Wuchers und der Gastwirthschaft fast ausschließlich bemächtigt haben. Der
Boden des Landes ist getheilt unter die Farbigen und die Boers; die regierende,
gesetzgebende Gewalt über die Farbigen und über die städtisch angesiedelten Briten
besaßen rechtlich die Boers; seit der gewaltsamen Annexion gehört jetzt factisch
die Gewalt den Briten, einer vom Zufall znsammengespülten Anzahl von Aben¬
teurern, die sich eingeschlichen haben wie die Schafe und die nun die Herren
spielen wie die Wölfe, da sie die Bayonnctte und Kanonen Großbritanniens
hinter sich wissen, Sie, sowie die wenigen Deutschen, die zwischen sie eingesprengt
sind, sind eine rührige Zunft, die nicht langsam zugreifen, wo es darauf an¬
kommt, den Boers das Fett von der Suppe zu schöpfen. Nachdem sie lange
mit den britischen Cvmmissaren intriguirt, speculirt und paradirt haben, sandten
sie Petitionen über Petitionen nach London, worin sie bewiesen, daß Transvaal
nicht aufgegeben werden dürfe, daß die Mehrzahl der Boers gut britisch denke,
daß übrigens die Boers doch eigentlich mir Halbthiere wären, die weder den
Farbigen und der Philanthropie noch dem natürlichen Reichthum des Landes
und der Civilisation gerecht werden könnten. Sie lügen und erfinden die Dinge,
die man in England gerne glaubt, weil man zur Beschönigung des Unrechts
wünscht, daß sie wahr wären. Wie könnte es England übers Herz bringen,
diese seine ausgewanderten Kinder wieder nnter die Regierung von Boers fallen
zu lassen! Im Vvlksrathe der letzter», in der Gesetzgebung und Verwaltung
des Landes würden die britischen Abenteurer vou Pretoria nicht vertreten sein,
während sie jetzt eine aus ihren Landsleuten zusammengesetzte Regierung haben.
Das Unglück, das die jetzige britische Regierung in Bezug auf Transvaal krumme
Wege wandeln ließ, ist den Boers anch insofern recht feind, als es Südafrika
zu einem Versuchsfeld für Missionäre, deutsche sowohl als französische und eng¬
lische hat werden lassen. Da dieselben ohne die Cvnivenz der britischen Regie¬
rung nichts machen können, so schließen sie ihre Politik der jeweiligen Politik der
britischen Machthaber an, und da sie als Freunde der Briten bei den mi߬
trauischen Boers kein Gehör fanden, so sind sie antiboerisch, und es giebt keine
noch so unglaubliche Geschichte von bocrischer Grausamkeit, Dummheit und Ver¬
stocktheit, die nicht durch die Missionäre in der Welt herumgebracht würde.

Von welchen Anschauungen diese Leute, die die Welt von einem sehr ein¬
seitigen Standpunkte besehen, in Südafrika geleitet werden, ist deutschen Lesern
durch einige geschickt geschriebene Aufsätze des Herrn Missionsdireetors Wangc-
mann, die in der „Conservativen Monatsschrift" (August 1879 und 1880) er¬
schienen, dargelegt worden. Leider ist diese in hohem Grade gegen die Boers


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[0294] Abkunft einige Tausend Briten fest angesiedelt sind, städtisches Grundeigenthum besitzen und sich gewisser gewinnreicher Geschäfte, des Handels, des Bergbaus, des Wuchers und der Gastwirthschaft fast ausschließlich bemächtigt haben. Der Boden des Landes ist getheilt unter die Farbigen und die Boers; die regierende, gesetzgebende Gewalt über die Farbigen und über die städtisch angesiedelten Briten besaßen rechtlich die Boers; seit der gewaltsamen Annexion gehört jetzt factisch die Gewalt den Briten, einer vom Zufall znsammengespülten Anzahl von Aben¬ teurern, die sich eingeschlichen haben wie die Schafe und die nun die Herren spielen wie die Wölfe, da sie die Bayonnctte und Kanonen Großbritanniens hinter sich wissen, Sie, sowie die wenigen Deutschen, die zwischen sie eingesprengt sind, sind eine rührige Zunft, die nicht langsam zugreifen, wo es darauf an¬ kommt, den Boers das Fett von der Suppe zu schöpfen. Nachdem sie lange mit den britischen Cvmmissaren intriguirt, speculirt und paradirt haben, sandten sie Petitionen über Petitionen nach London, worin sie bewiesen, daß Transvaal nicht aufgegeben werden dürfe, daß die Mehrzahl der Boers gut britisch denke, daß übrigens die Boers doch eigentlich mir Halbthiere wären, die weder den Farbigen und der Philanthropie noch dem natürlichen Reichthum des Landes und der Civilisation gerecht werden könnten. Sie lügen und erfinden die Dinge, die man in England gerne glaubt, weil man zur Beschönigung des Unrechts wünscht, daß sie wahr wären. Wie könnte es England übers Herz bringen, diese seine ausgewanderten Kinder wieder nnter die Regierung von Boers fallen zu lassen! Im Vvlksrathe der letzter», in der Gesetzgebung und Verwaltung des Landes würden die britischen Abenteurer vou Pretoria nicht vertreten sein, während sie jetzt eine aus ihren Landsleuten zusammengesetzte Regierung haben. Das Unglück, das die jetzige britische Regierung in Bezug auf Transvaal krumme Wege wandeln ließ, ist den Boers anch insofern recht feind, als es Südafrika zu einem Versuchsfeld für Missionäre, deutsche sowohl als französische und eng¬ lische hat werden lassen. Da dieselben ohne die Cvnivenz der britischen Regie¬ rung nichts machen können, so schließen sie ihre Politik der jeweiligen Politik der britischen Machthaber an, und da sie als Freunde der Briten bei den mi߬ trauischen Boers kein Gehör fanden, so sind sie antiboerisch, und es giebt keine noch so unglaubliche Geschichte von bocrischer Grausamkeit, Dummheit und Ver¬ stocktheit, die nicht durch die Missionäre in der Welt herumgebracht würde. Von welchen Anschauungen diese Leute, die die Welt von einem sehr ein¬ seitigen Standpunkte besehen, in Südafrika geleitet werden, ist deutschen Lesern durch einige geschickt geschriebene Aufsätze des Herrn Missionsdireetors Wangc- mann, die in der „Conservativen Monatsschrift" (August 1879 und 1880) er¬ schienen, dargelegt worden. Leider ist diese in hohem Grade gegen die Boers

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/294>, abgerufen am 28.12.2024.