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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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brachte -- den Häuptern der Boers eine im allgemeinen Zusagen sich bewe¬
gende, begütigende Depesche geschrieben und derselben im Januar 1880 eine
zweite, um Wolselcy gerichtete, auf Mittheilung an die Boers berechnete, etwas
genauer auf die Sache eingehende Depesche folgen lassen, infolge deren der
großwortige General den gefangen gesetzten M. Prctorius bei seinen Freunden,
den angesehensten Boers, herumreisen ließ, um dieselben umzustimmen. Diese
letztre Depesche verbot ausdrücklich, daS gegen die gefangenen Häupter der Voers
instruirte gerichtliche Verfahren bis zum Aeußersten zu führen, und stellte den
Boers eine möglichst große Freiheit nud Selbstverwaltung in Aussicht, wenn
sie dem Widerstande gegen die Herrschaft der Königin entsagten. Diesem ein¬
lenkenden Schritte der britischen Regierung kamen die Boers dadurch entgegen,
daß sie die auf den 10. April angesetzte allgemeine Volksvcrsnmmlnng auf un¬
gewisse Zeit vertagten. Im übrigen beharrten sie bei den Erklärungen und
Forderungen ihrer Volksversammlung von 10. December 1879: staatliche Selb¬
ständigkeit mit dem Erbieten des Eintritts in eine südafrikanische Conföderation.
Der Streit, der mit der Gefangeusetznng von PretorinS auszubrechen drohte, be¬
ruhigte sich einstweilen, die euglischerseitS eingerichtete Regierungsbehörde vervoll¬
ständigte sich allmählich und gab einige Zeichen eignen Lebens von sich, die boerischen
Agitatoren aber, die sich bisher ohne entschiedenen Erfolg bittend an England
gewandt hatten, wandten alle ihre Thätigkeit darauf, die ihnen schon gesicherten
Shmpathien in den Capeolonien zu verstärken, insbesondere diese zur Ablehnung
der geplanten Conföderation zu bestimmen, welche bei der Verschiedenheit der
Sprache des Transvaal und des Captantes eine reine Utopie war.

Da es für die Zukunft des Transvaal, ja des ganzen Südafrica von ent¬
scheidender Wichtigkeit ist,.wie die stimmberechtigte und einsichtsvolle Majorität
der Capcolonie über den an den Voers verübten Gewaltstreich denkt, so möge
hier die Erklärung eingeschaltet stehen, welche eine Deputation von Notablen
der Colonie dem britischen Gouverneur und damaligen Obcreommissär für Natal
und Transvaal, Sir Bartle Fröre am 8. November 1879 überbrachte. Der
Sprecher derselben, Herr Stignant, erklärte, daß es zur Herstellung einer fried¬
lichen Regierung von Südafrica wünschenswerth sei, daß die Regierung des
Transvaal auf solcher Grundlage eingerichtet würde, die diesen: Lande eine
dauernde Ruhe sicherte; daß, um die wahre Gesinnung der Einwohner festzu¬
stellen, eine Convention berufen werden sollte, welche die gegenwärtige nud
künftige Constitution zu berathen hätte; daß, im Falle die Majorität gegen die
Beibehaltung der britischen Herrschaft sei, dem Lande die Unabhängigkeit zurück¬
gegeben werden müsse unter solchen Garantieen, die demselben für die Zukunft
eine gute Regierung und ein friedliches Verhältniß zu seinen Nachbarn sicherten.


brachte — den Häuptern der Boers eine im allgemeinen Zusagen sich bewe¬
gende, begütigende Depesche geschrieben und derselben im Januar 1880 eine
zweite, um Wolselcy gerichtete, auf Mittheilung an die Boers berechnete, etwas
genauer auf die Sache eingehende Depesche folgen lassen, infolge deren der
großwortige General den gefangen gesetzten M. Prctorius bei seinen Freunden,
den angesehensten Boers, herumreisen ließ, um dieselben umzustimmen. Diese
letztre Depesche verbot ausdrücklich, daS gegen die gefangenen Häupter der Voers
instruirte gerichtliche Verfahren bis zum Aeußersten zu führen, und stellte den
Boers eine möglichst große Freiheit nud Selbstverwaltung in Aussicht, wenn
sie dem Widerstande gegen die Herrschaft der Königin entsagten. Diesem ein¬
lenkenden Schritte der britischen Regierung kamen die Boers dadurch entgegen,
daß sie die auf den 10. April angesetzte allgemeine Volksvcrsnmmlnng auf un¬
gewisse Zeit vertagten. Im übrigen beharrten sie bei den Erklärungen und
Forderungen ihrer Volksversammlung von 10. December 1879: staatliche Selb¬
ständigkeit mit dem Erbieten des Eintritts in eine südafrikanische Conföderation.
Der Streit, der mit der Gefangeusetznng von PretorinS auszubrechen drohte, be¬
ruhigte sich einstweilen, die euglischerseitS eingerichtete Regierungsbehörde vervoll¬
ständigte sich allmählich und gab einige Zeichen eignen Lebens von sich, die boerischen
Agitatoren aber, die sich bisher ohne entschiedenen Erfolg bittend an England
gewandt hatten, wandten alle ihre Thätigkeit darauf, die ihnen schon gesicherten
Shmpathien in den Capeolonien zu verstärken, insbesondere diese zur Ablehnung
der geplanten Conföderation zu bestimmen, welche bei der Verschiedenheit der
Sprache des Transvaal und des Captantes eine reine Utopie war.

Da es für die Zukunft des Transvaal, ja des ganzen Südafrica von ent¬
scheidender Wichtigkeit ist,.wie die stimmberechtigte und einsichtsvolle Majorität
der Capcolonie über den an den Voers verübten Gewaltstreich denkt, so möge
hier die Erklärung eingeschaltet stehen, welche eine Deputation von Notablen
der Colonie dem britischen Gouverneur und damaligen Obcreommissär für Natal
und Transvaal, Sir Bartle Fröre am 8. November 1879 überbrachte. Der
Sprecher derselben, Herr Stignant, erklärte, daß es zur Herstellung einer fried¬
lichen Regierung von Südafrica wünschenswerth sei, daß die Regierung des
Transvaal auf solcher Grundlage eingerichtet würde, die diesen: Lande eine
dauernde Ruhe sicherte; daß, um die wahre Gesinnung der Einwohner festzu¬
stellen, eine Convention berufen werden sollte, welche die gegenwärtige nud
künftige Constitution zu berathen hätte; daß, im Falle die Majorität gegen die
Beibehaltung der britischen Herrschaft sei, dem Lande die Unabhängigkeit zurück¬
gegeben werden müsse unter solchen Garantieen, die demselben für die Zukunft
eine gute Regierung und ein friedliches Verhältniß zu seinen Nachbarn sicherten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/290>, abgerufen am 27.12.2024.