Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Chr. Gottfried Ad'mer und I, G. Göschen.

Mäuner angemessen war. Die spätern, aus mehr als hundert längern und
kürzern Schreiben bestehenden Briefe Körners an Göschen zeigen, in wie leb¬
haftem literarischem Verkehre die Freunde blieben- Göschen besorgte Körners
nicht unbedeutenden Bücherbedarf, und Körner bat ihn nach wie vor um die
Ordnung seiner Geldangelegenheiten in Leipzig, wozu sich Göschen jederzeit
liebenswürdig bereit zeigte. Die Verzinsung des Körnerschen Capitals, das zu¬
nächst in der Handlung stehen blieb, verursachte keine Schwierigkeiten, seit 1788
gedieh Göschens Glück als Buchhändler besser und besser, zwischen 1790 und
1800 durfte er schon den hervorragendsten wie den intelligentesten Verlegern
nicht nur Leipzigs, sondern Deutschlands zugezählt werden. Die Rückzahlungen
des Capitals selbst begannen schon in der Jubilatemesse 1789, wo Körner 600
Thaler empfing. Die einzelnen Posten der allmählichen Abtragung durch
Göschen haben natürlich kein allgemeineres Interesse. Am 1. December 1800
waren 5300 Thaler sammt allen Zinsen an Körner zurückerstattet, am 1. März
1801 empfing der längst als Appellationsrath zu einem auskömmlichen Amte
gelangte die letzte Zahlung von 100 Thalern.

Wichtiger und interessanter als die fernern geschäftlichen Auseinander¬
setzungen über die ehemals in die Handlung eingeschossenen Gelder sind die
Unterhandlungen, welche Körner von Zeit zu Zeit als Autor mit dem Verleger
Göschen anknüpfte. Schon bei Errichtung der "Societät" war es Körners ge¬
heimster Wunsch gewesen, als Mitbesitzer der Buchhandlung Gelegenheit zu
haben, auch die Producte seiner für die Zukunft beabsichtigten literarischen Thä¬
tigkeit leichter ins Publicum zu bringen. Er hatte freilich seitdem Jahre ver¬
streichen lassen, bald Uebersetzungen, bald philosophische Abhandlungen geplant
und doch nur vereinzelte Anläufe zu beiden genommen. Aber der alte Wunsch
war in ihm lebendig geblieben, und als er im Jahre 1792 eine bittere Ent¬
täuschung erfuhr, insofern ihm der im Briefwechsel mit Schiller viel erwähnte
Erbonkel Ayrer in Zerbst statt der geträumten 12 000 Thaler nur 3000 testa¬
mentarisch vermachte, nahm er wieder einmal einen energischen Anlauf, seine
feine, bequem aufnehmende und genießende Natur zu anhaltender literarischer
Thätigkeit und -- literarischem Erwerbe zu spornen. Da erging denn natürlich
eine Anfrage an Freund Göschen in Leipzig:

Dresden, 28. September 1792*

Unter der Voraussetzung lieber Freund, daß Sie von Ihrer Reise zurück sind,
frage ich bey Ihnen an, ob Sie mir etwa für den nächsten Winter eine einträgliche
Schriftstellerarbeit verschaffen können? Nach dem Betrage des Ayrerschen Vermächt¬
nisses darf ich nicht länger von meinen Capitalien zehre", sondern muß ernstlich
darauf denken, was mir zu meinen Bedürfnissen an Einkünften mangelt durch Arbeit
zu ersetzen, bis ich eine bessere Stelle bekomme. Aber diese letztere Aussicht ist ver¬
loren, sobald mein Name bey einer Autorschaft von großem Umfange bekannt wird.


Chr. Gottfried Ad'mer und I, G. Göschen.

Mäuner angemessen war. Die spätern, aus mehr als hundert längern und
kürzern Schreiben bestehenden Briefe Körners an Göschen zeigen, in wie leb¬
haftem literarischem Verkehre die Freunde blieben- Göschen besorgte Körners
nicht unbedeutenden Bücherbedarf, und Körner bat ihn nach wie vor um die
Ordnung seiner Geldangelegenheiten in Leipzig, wozu sich Göschen jederzeit
liebenswürdig bereit zeigte. Die Verzinsung des Körnerschen Capitals, das zu¬
nächst in der Handlung stehen blieb, verursachte keine Schwierigkeiten, seit 1788
gedieh Göschens Glück als Buchhändler besser und besser, zwischen 1790 und
1800 durfte er schon den hervorragendsten wie den intelligentesten Verlegern
nicht nur Leipzigs, sondern Deutschlands zugezählt werden. Die Rückzahlungen
des Capitals selbst begannen schon in der Jubilatemesse 1789, wo Körner 600
Thaler empfing. Die einzelnen Posten der allmählichen Abtragung durch
Göschen haben natürlich kein allgemeineres Interesse. Am 1. December 1800
waren 5300 Thaler sammt allen Zinsen an Körner zurückerstattet, am 1. März
1801 empfing der längst als Appellationsrath zu einem auskömmlichen Amte
gelangte die letzte Zahlung von 100 Thalern.

Wichtiger und interessanter als die fernern geschäftlichen Auseinander¬
setzungen über die ehemals in die Handlung eingeschossenen Gelder sind die
Unterhandlungen, welche Körner von Zeit zu Zeit als Autor mit dem Verleger
Göschen anknüpfte. Schon bei Errichtung der „Societät" war es Körners ge¬
heimster Wunsch gewesen, als Mitbesitzer der Buchhandlung Gelegenheit zu
haben, auch die Producte seiner für die Zukunft beabsichtigten literarischen Thä¬
tigkeit leichter ins Publicum zu bringen. Er hatte freilich seitdem Jahre ver¬
streichen lassen, bald Uebersetzungen, bald philosophische Abhandlungen geplant
und doch nur vereinzelte Anläufe zu beiden genommen. Aber der alte Wunsch
war in ihm lebendig geblieben, und als er im Jahre 1792 eine bittere Ent¬
täuschung erfuhr, insofern ihm der im Briefwechsel mit Schiller viel erwähnte
Erbonkel Ayrer in Zerbst statt der geträumten 12 000 Thaler nur 3000 testa¬
mentarisch vermachte, nahm er wieder einmal einen energischen Anlauf, seine
feine, bequem aufnehmende und genießende Natur zu anhaltender literarischer
Thätigkeit und — literarischem Erwerbe zu spornen. Da erging denn natürlich
eine Anfrage an Freund Göschen in Leipzig:

Dresden, 28. September 1792*

Unter der Voraussetzung lieber Freund, daß Sie von Ihrer Reise zurück sind,
frage ich bey Ihnen an, ob Sie mir etwa für den nächsten Winter eine einträgliche
Schriftstellerarbeit verschaffen können? Nach dem Betrage des Ayrerschen Vermächt¬
nisses darf ich nicht länger von meinen Capitalien zehre», sondern muß ernstlich
darauf denken, was mir zu meinen Bedürfnissen an Einkünften mangelt durch Arbeit
zu ersetzen, bis ich eine bessere Stelle bekomme. Aber diese letztere Aussicht ist ver¬
loren, sobald mein Name bey einer Autorschaft von großem Umfange bekannt wird.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0174" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149158"/>
          <fw type="header" place="top"> Chr. Gottfried Ad'mer und I, G. Göschen.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_463" prev="#ID_462"> Mäuner angemessen war. Die spätern, aus mehr als hundert längern und<lb/>
kürzern Schreiben bestehenden Briefe Körners an Göschen zeigen, in wie leb¬<lb/>
haftem literarischem Verkehre die Freunde blieben- Göschen besorgte Körners<lb/>
nicht unbedeutenden Bücherbedarf, und Körner bat ihn nach wie vor um die<lb/>
Ordnung seiner Geldangelegenheiten in Leipzig, wozu sich Göschen jederzeit<lb/>
liebenswürdig bereit zeigte. Die Verzinsung des Körnerschen Capitals, das zu¬<lb/>
nächst in der Handlung stehen blieb, verursachte keine Schwierigkeiten, seit 1788<lb/>
gedieh Göschens Glück als Buchhändler besser und besser, zwischen 1790 und<lb/>
1800 durfte er schon den hervorragendsten wie den intelligentesten Verlegern<lb/>
nicht nur Leipzigs, sondern Deutschlands zugezählt werden. Die Rückzahlungen<lb/>
des Capitals selbst begannen schon in der Jubilatemesse 1789, wo Körner 600<lb/>
Thaler empfing. Die einzelnen Posten der allmählichen Abtragung durch<lb/>
Göschen haben natürlich kein allgemeineres Interesse. Am 1. December 1800<lb/>
waren 5300 Thaler sammt allen Zinsen an Körner zurückerstattet, am 1. März<lb/>
1801 empfing der längst als Appellationsrath zu einem auskömmlichen Amte<lb/>
gelangte die letzte Zahlung von 100 Thalern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_464"> Wichtiger und interessanter als die fernern geschäftlichen Auseinander¬<lb/>
setzungen über die ehemals in die Handlung eingeschossenen Gelder sind die<lb/>
Unterhandlungen, welche Körner von Zeit zu Zeit als Autor mit dem Verleger<lb/>
Göschen anknüpfte. Schon bei Errichtung der &#x201E;Societät" war es Körners ge¬<lb/>
heimster Wunsch gewesen, als Mitbesitzer der Buchhandlung Gelegenheit zu<lb/>
haben, auch die Producte seiner für die Zukunft beabsichtigten literarischen Thä¬<lb/>
tigkeit leichter ins Publicum zu bringen. Er hatte freilich seitdem Jahre ver¬<lb/>
streichen lassen, bald Uebersetzungen, bald philosophische Abhandlungen geplant<lb/>
und doch nur vereinzelte Anläufe zu beiden genommen. Aber der alte Wunsch<lb/>
war in ihm lebendig geblieben, und als er im Jahre 1792 eine bittere Ent¬<lb/>
täuschung erfuhr, insofern ihm der im Briefwechsel mit Schiller viel erwähnte<lb/>
Erbonkel Ayrer in Zerbst statt der geträumten 12 000 Thaler nur 3000 testa¬<lb/>
mentarisch vermachte, nahm er wieder einmal einen energischen Anlauf, seine<lb/>
feine, bequem aufnehmende und genießende Natur zu anhaltender literarischer<lb/>
Thätigkeit und &#x2014; literarischem Erwerbe zu spornen. Da erging denn natürlich<lb/>
eine Anfrage an Freund Göschen in Leipzig:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_465"> Dresden, 28. September 1792*</p><lb/>
          <p xml:id="ID_466"> Unter der Voraussetzung lieber Freund, daß Sie von Ihrer Reise zurück sind,<lb/>
frage ich bey Ihnen an, ob Sie mir etwa für den nächsten Winter eine einträgliche<lb/>
Schriftstellerarbeit verschaffen können? Nach dem Betrage des Ayrerschen Vermächt¬<lb/>
nisses darf ich nicht länger von meinen Capitalien zehre», sondern muß ernstlich<lb/>
darauf denken, was mir zu meinen Bedürfnissen an Einkünften mangelt durch Arbeit<lb/>
zu ersetzen, bis ich eine bessere Stelle bekomme. Aber diese letztere Aussicht ist ver¬<lb/>
loren, sobald mein Name bey einer Autorschaft von großem Umfange bekannt wird.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0174] Chr. Gottfried Ad'mer und I, G. Göschen. Mäuner angemessen war. Die spätern, aus mehr als hundert längern und kürzern Schreiben bestehenden Briefe Körners an Göschen zeigen, in wie leb¬ haftem literarischem Verkehre die Freunde blieben- Göschen besorgte Körners nicht unbedeutenden Bücherbedarf, und Körner bat ihn nach wie vor um die Ordnung seiner Geldangelegenheiten in Leipzig, wozu sich Göschen jederzeit liebenswürdig bereit zeigte. Die Verzinsung des Körnerschen Capitals, das zu¬ nächst in der Handlung stehen blieb, verursachte keine Schwierigkeiten, seit 1788 gedieh Göschens Glück als Buchhändler besser und besser, zwischen 1790 und 1800 durfte er schon den hervorragendsten wie den intelligentesten Verlegern nicht nur Leipzigs, sondern Deutschlands zugezählt werden. Die Rückzahlungen des Capitals selbst begannen schon in der Jubilatemesse 1789, wo Körner 600 Thaler empfing. Die einzelnen Posten der allmählichen Abtragung durch Göschen haben natürlich kein allgemeineres Interesse. Am 1. December 1800 waren 5300 Thaler sammt allen Zinsen an Körner zurückerstattet, am 1. März 1801 empfing der längst als Appellationsrath zu einem auskömmlichen Amte gelangte die letzte Zahlung von 100 Thalern. Wichtiger und interessanter als die fernern geschäftlichen Auseinander¬ setzungen über die ehemals in die Handlung eingeschossenen Gelder sind die Unterhandlungen, welche Körner von Zeit zu Zeit als Autor mit dem Verleger Göschen anknüpfte. Schon bei Errichtung der „Societät" war es Körners ge¬ heimster Wunsch gewesen, als Mitbesitzer der Buchhandlung Gelegenheit zu haben, auch die Producte seiner für die Zukunft beabsichtigten literarischen Thä¬ tigkeit leichter ins Publicum zu bringen. Er hatte freilich seitdem Jahre ver¬ streichen lassen, bald Uebersetzungen, bald philosophische Abhandlungen geplant und doch nur vereinzelte Anläufe zu beiden genommen. Aber der alte Wunsch war in ihm lebendig geblieben, und als er im Jahre 1792 eine bittere Ent¬ täuschung erfuhr, insofern ihm der im Briefwechsel mit Schiller viel erwähnte Erbonkel Ayrer in Zerbst statt der geträumten 12 000 Thaler nur 3000 testa¬ mentarisch vermachte, nahm er wieder einmal einen energischen Anlauf, seine feine, bequem aufnehmende und genießende Natur zu anhaltender literarischer Thätigkeit und — literarischem Erwerbe zu spornen. Da erging denn natürlich eine Anfrage an Freund Göschen in Leipzig: Dresden, 28. September 1792* Unter der Voraussetzung lieber Freund, daß Sie von Ihrer Reise zurück sind, frage ich bey Ihnen an, ob Sie mir etwa für den nächsten Winter eine einträgliche Schriftstellerarbeit verschaffen können? Nach dem Betrage des Ayrerschen Vermächt¬ nisses darf ich nicht länger von meinen Capitalien zehre», sondern muß ernstlich darauf denken, was mir zu meinen Bedürfnissen an Einkünften mangelt durch Arbeit zu ersetzen, bis ich eine bessere Stelle bekomme. Aber diese letztere Aussicht ist ver¬ loren, sobald mein Name bey einer Autorschaft von großem Umfange bekannt wird.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/174
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/174>, abgerufen am 28.12.2024.