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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.

Schule des 17. Jahrhunderts, die selbst schon eine Epigonenschule war. Deutsch¬
land hatte sich immer noch nicht so weit wieder von den Schrecken des dreißig¬
jährigen Krieges erholt, um sich selbständig an dem Kunstschaffen der Völker
betheiligen zu können. Daß deutsche Fürsten jener Tage, wie vor allen Dingen
Johann Wilhelm, sich mit Künstlern umgaben, verdient unter diesen Umständen
alle Anerkennung. Daß sich Meister unter diesen Künstlern befinden, deren
Namen noch heute einen guten Klang in der allgemeinen Kunstgeschichte haben,
könnte uns sogar beinahe wundern. Daß diese Meister aber keine Deutschen,
sondern Italiener oder Niederländer waren, ist selbstverständlich.

Von den Italienern, die damals in Düsseldorf malten, kann man freilich
kaum sagen, daß ihr Nachruhm dem Ruhme, dessen sie sich bei ihren Zeitge¬
nossen erfreuten, entspreche. Wegen ihrer unbedeutenden und unselbständige"
Individualität übergeht sie die allgemeine Kunstgeschichte in der Regel. Dies
gilt selbst von dem Venezianer Antonio Belucci, dem nachmaligen Wiener Hof¬
maler, welcher in Düsseldorf und Bensberg eine Reihe von Gemälden schuf, von
denen drei, nämlich die beiden Gegenstücke "Venus auf den Wellen mit Amor
als Lenker des Segels" und "Psyche, den schlafenden Liebesgott mit der
Lampe betrachtend," sowie "Danae, den goldnen Regen empfangend," sich in
der Galerie befanden, Bilder, denen man ein wenigstens halbwegs erfolgreiches
Streben in den Bahnen den großen Paolo Veronese ansah. Dasselbe gilt von
dem recht äußerlichen Decoratiousmaler Antonio Pellegrini, einem gebornen
Paduaner, der nach und nach an den meisten europäischen Hosen austauchte, um
17Z3, lange nach Johann Wilhelms Tode, Akademiker in Paris zu werden und
schließlich nach Italien zurückzukehren. Einige seiner Decorationsstücke befinden
sich noch heute in Düsseldorf. Dasselbe gilt ferner von Domenico Zanetti,
einem Meister, dessen Lebensschicksale unbekannt sind, der aber lange in Düssel¬
dorf gemalt, auch für die Galerie vier Bilder, Heiligenbilder mit lebensgroßen
Figuren, geschaffen hat, die jetzt von etwaigen Liebhabern conventioneller Kunst
in München und Schleißheim studirt werden können. Ja selbst der bedeutendste
Bildhauer Joh. Wilhelms, Grupello, der Schöpfer des immerhin wirksamen
großen bronzenen Reiterbildnisses des Kurfürsten, welches noch heute den Düssel¬
dorfer Marktplatz beherrscht, wird in unserm trefflichen einzigen Handbuche der
Geschichte der Plastik nicht erwähnt.

In weit höherm Maße hat die Nachwelt den Ruhm der niederländischen
Meister, die unter Johann Wilhelm in Düsseldorf malten, anerkannt. Schon
die beiden belgischen Großmaler des Kurfürsten, eben jener als Porträtmaler
wirklich nicht verdienstlose Chevalier van Douven, dem man nachgerechnet hat,
daß er in seinem Leben drei Kaiser, ebenso viele Kaiserinnen, fünf Könige, sieben
Königinnen und zahllose andere Fürsten -- unter ihnen natürlich auch den


Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.

Schule des 17. Jahrhunderts, die selbst schon eine Epigonenschule war. Deutsch¬
land hatte sich immer noch nicht so weit wieder von den Schrecken des dreißig¬
jährigen Krieges erholt, um sich selbständig an dem Kunstschaffen der Völker
betheiligen zu können. Daß deutsche Fürsten jener Tage, wie vor allen Dingen
Johann Wilhelm, sich mit Künstlern umgaben, verdient unter diesen Umständen
alle Anerkennung. Daß sich Meister unter diesen Künstlern befinden, deren
Namen noch heute einen guten Klang in der allgemeinen Kunstgeschichte haben,
könnte uns sogar beinahe wundern. Daß diese Meister aber keine Deutschen,
sondern Italiener oder Niederländer waren, ist selbstverständlich.

Von den Italienern, die damals in Düsseldorf malten, kann man freilich
kaum sagen, daß ihr Nachruhm dem Ruhme, dessen sie sich bei ihren Zeitge¬
nossen erfreuten, entspreche. Wegen ihrer unbedeutenden und unselbständige»
Individualität übergeht sie die allgemeine Kunstgeschichte in der Regel. Dies
gilt selbst von dem Venezianer Antonio Belucci, dem nachmaligen Wiener Hof¬
maler, welcher in Düsseldorf und Bensberg eine Reihe von Gemälden schuf, von
denen drei, nämlich die beiden Gegenstücke „Venus auf den Wellen mit Amor
als Lenker des Segels" und „Psyche, den schlafenden Liebesgott mit der
Lampe betrachtend," sowie „Danae, den goldnen Regen empfangend," sich in
der Galerie befanden, Bilder, denen man ein wenigstens halbwegs erfolgreiches
Streben in den Bahnen den großen Paolo Veronese ansah. Dasselbe gilt von
dem recht äußerlichen Decoratiousmaler Antonio Pellegrini, einem gebornen
Paduaner, der nach und nach an den meisten europäischen Hosen austauchte, um
17Z3, lange nach Johann Wilhelms Tode, Akademiker in Paris zu werden und
schließlich nach Italien zurückzukehren. Einige seiner Decorationsstücke befinden
sich noch heute in Düsseldorf. Dasselbe gilt ferner von Domenico Zanetti,
einem Meister, dessen Lebensschicksale unbekannt sind, der aber lange in Düssel¬
dorf gemalt, auch für die Galerie vier Bilder, Heiligenbilder mit lebensgroßen
Figuren, geschaffen hat, die jetzt von etwaigen Liebhabern conventioneller Kunst
in München und Schleißheim studirt werden können. Ja selbst der bedeutendste
Bildhauer Joh. Wilhelms, Grupello, der Schöpfer des immerhin wirksamen
großen bronzenen Reiterbildnisses des Kurfürsten, welches noch heute den Düssel¬
dorfer Marktplatz beherrscht, wird in unserm trefflichen einzigen Handbuche der
Geschichte der Plastik nicht erwähnt.

In weit höherm Maße hat die Nachwelt den Ruhm der niederländischen
Meister, die unter Johann Wilhelm in Düsseldorf malten, anerkannt. Schon
die beiden belgischen Großmaler des Kurfürsten, eben jener als Porträtmaler
wirklich nicht verdienstlose Chevalier van Douven, dem man nachgerechnet hat,
daß er in seinem Leben drei Kaiser, ebenso viele Kaiserinnen, fünf Könige, sieben
Königinnen und zahllose andere Fürsten — unter ihnen natürlich auch den


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[0160] Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts. Schule des 17. Jahrhunderts, die selbst schon eine Epigonenschule war. Deutsch¬ land hatte sich immer noch nicht so weit wieder von den Schrecken des dreißig¬ jährigen Krieges erholt, um sich selbständig an dem Kunstschaffen der Völker betheiligen zu können. Daß deutsche Fürsten jener Tage, wie vor allen Dingen Johann Wilhelm, sich mit Künstlern umgaben, verdient unter diesen Umständen alle Anerkennung. Daß sich Meister unter diesen Künstlern befinden, deren Namen noch heute einen guten Klang in der allgemeinen Kunstgeschichte haben, könnte uns sogar beinahe wundern. Daß diese Meister aber keine Deutschen, sondern Italiener oder Niederländer waren, ist selbstverständlich. Von den Italienern, die damals in Düsseldorf malten, kann man freilich kaum sagen, daß ihr Nachruhm dem Ruhme, dessen sie sich bei ihren Zeitge¬ nossen erfreuten, entspreche. Wegen ihrer unbedeutenden und unselbständige» Individualität übergeht sie die allgemeine Kunstgeschichte in der Regel. Dies gilt selbst von dem Venezianer Antonio Belucci, dem nachmaligen Wiener Hof¬ maler, welcher in Düsseldorf und Bensberg eine Reihe von Gemälden schuf, von denen drei, nämlich die beiden Gegenstücke „Venus auf den Wellen mit Amor als Lenker des Segels" und „Psyche, den schlafenden Liebesgott mit der Lampe betrachtend," sowie „Danae, den goldnen Regen empfangend," sich in der Galerie befanden, Bilder, denen man ein wenigstens halbwegs erfolgreiches Streben in den Bahnen den großen Paolo Veronese ansah. Dasselbe gilt von dem recht äußerlichen Decoratiousmaler Antonio Pellegrini, einem gebornen Paduaner, der nach und nach an den meisten europäischen Hosen austauchte, um 17Z3, lange nach Johann Wilhelms Tode, Akademiker in Paris zu werden und schließlich nach Italien zurückzukehren. Einige seiner Decorationsstücke befinden sich noch heute in Düsseldorf. Dasselbe gilt ferner von Domenico Zanetti, einem Meister, dessen Lebensschicksale unbekannt sind, der aber lange in Düssel¬ dorf gemalt, auch für die Galerie vier Bilder, Heiligenbilder mit lebensgroßen Figuren, geschaffen hat, die jetzt von etwaigen Liebhabern conventioneller Kunst in München und Schleißheim studirt werden können. Ja selbst der bedeutendste Bildhauer Joh. Wilhelms, Grupello, der Schöpfer des immerhin wirksamen großen bronzenen Reiterbildnisses des Kurfürsten, welches noch heute den Düssel¬ dorfer Marktplatz beherrscht, wird in unserm trefflichen einzigen Handbuche der Geschichte der Plastik nicht erwähnt. In weit höherm Maße hat die Nachwelt den Ruhm der niederländischen Meister, die unter Johann Wilhelm in Düsseldorf malten, anerkannt. Schon die beiden belgischen Großmaler des Kurfürsten, eben jener als Porträtmaler wirklich nicht verdienstlose Chevalier van Douven, dem man nachgerechnet hat, daß er in seinem Leben drei Kaiser, ebenso viele Kaiserinnen, fünf Könige, sieben Königinnen und zahllose andere Fürsten — unter ihnen natürlich auch den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/160>, abgerufen am 14.01.2025.