Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts. heute als die besten ansehen würden, ist auch er voller Bewunderung. Gegen Der Gründer der Düsseldorfer Galerie war, wie schon erwähnt, der Kur¬ Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts. heute als die besten ansehen würden, ist auch er voller Bewunderung. Gegen Der Gründer der Düsseldorfer Galerie war, wie schon erwähnt, der Kur¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149142"/> <fw type="header" place="top"> Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.</fw><lb/> <p xml:id="ID_411" prev="#ID_410"> heute als die besten ansehen würden, ist auch er voller Bewunderung. Gegen<lb/> Ende des Jahrhunderts zeichnete dann die deutsche Encyklopädie (Frankfurt<lb/> a. M. Bd. 11, 1786) die Düsseldorfer Galerie durch das Prüdieat „die<lb/> seltene" aus, während sie die Dresdener „die reichste", die Wiener „die eklektische"<lb/> titulirte. In den ersten Jahren unseres Jahrhunderts endlich, kurz vor ihrer<lb/> Entführung und Zerstreuung, bildete die Beschreibung der Düsseldorfer Galerie<lb/> alljährlich den Hauptinhalt des „niederrheinischen Taschenbuches für Liebhaber<lb/> des Schönen und Guten," dessen Kupfer fast lediglich Nachbildungen ihrer Werke<lb/> waren. Am deutlichsten spiegelt der Ruhm der alten Düsseldorfer Galerie sich<lb/> jedoch vielleicht in der Thatsache wieder, daß im vorige,: Jahrhundert in Basel<lb/> und in London Kupferwerke über sie'' herausgegeben wurden. Das Baseler<lb/> Werk, welches alle Wände der Galerie mit allen an denselben hängenden Ge¬<lb/> mälden wiedergiebt (1778, gestochen unter Chr. Mechels Leitung) ist der Bilder¬<lb/> atlas zu Pigages großem OataloKas rsisoirnö. Das sehr selten gewordene<lb/> Londoner Werk dagegen (1793 von V. Green herausgegeben) soll eine Anzahl<lb/> größerer und wertvollerer Stiche nach den besten Gemälden der Sammlung<lb/> enthalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_412" next="#ID_413"> Der Gründer der Düsseldorfer Galerie war, wie schon erwähnt, der Kur¬<lb/> fürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Pfalzgraf zu Neuburg, Herzog zu Jülich<lb/> und Berg, der so verschieden beurtheilte Herrscher, der von den einen als „edler<lb/> deutscher Patriot, Fürst und Landesvater, als liebenswürdige, volkstümliche<lb/> Gestalt" gefeiert wird, während andere ihn — in politischer Beziehung mit<lb/> größerem Rechte ^ als eiteln, ehrgeizigen Nachahmer des Versailler Hofes, als<lb/> verschlagenen Jesuitenzögling und sinnlosen Verschwender brandmarken. Am<lb/> 19. April 1658 im Schlosse zu Düsseldorf geboren, war er in seiner Vaterstadt<lb/> aufgewachsen, hatte dann aber als junger Mann vom 4. December 1674 bis<lb/> zum 7. März 1677 zu seiner weitern Ausbildung eine Reise durch alle Haupt¬<lb/> länder Europas unternommen. Zwei Jahre nach seiner Heimkehr wurde ihm,<lb/> dem Erbprinzen, von seinem Vater die Regentschaft der Herzogtümer Jülich<lb/> und Berg übergeben, und in die Zeit dieser Regentschaft fällt sein erstes Ehe-<lb/> bündniß init der Halbschwester des Kaisers, der Erzherzogin Anna Maria Joseph«,<lb/> welche 1689 starb. Im folgenden Jahre verschied auch sein Vater. Johann Wil¬<lb/> helm wurde selbst Kurfürst und vermählte sich zum zweiten Male mit Anna<lb/> Maria Loifia, der Tochter des Großherzogs Cosmo III. von Toscana. Mit<lb/> dieser Mediceerin zog ungemessene Festfreude in Düsseldorf ein. Prachtliebend<lb/> war Johann Wilhelm freilich von jeher gewesen oder auf seiner Jugendreise<lb/> geworden. Der Reichthum seiner mediceischen Gemahlin aber gab dieser Neigung<lb/> nur neue Nahrung. Die Medici hatten von jeher die Kunstliebe als die beste<lb/> Seite der Prachtliebe angesehen; nud wenn man auch nicht sagen kann, daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
Anfang und Lüde einer Gemäldegalerie des vorigen Jahrhunderts.
heute als die besten ansehen würden, ist auch er voller Bewunderung. Gegen
Ende des Jahrhunderts zeichnete dann die deutsche Encyklopädie (Frankfurt
a. M. Bd. 11, 1786) die Düsseldorfer Galerie durch das Prüdieat „die
seltene" aus, während sie die Dresdener „die reichste", die Wiener „die eklektische"
titulirte. In den ersten Jahren unseres Jahrhunderts endlich, kurz vor ihrer
Entführung und Zerstreuung, bildete die Beschreibung der Düsseldorfer Galerie
alljährlich den Hauptinhalt des „niederrheinischen Taschenbuches für Liebhaber
des Schönen und Guten," dessen Kupfer fast lediglich Nachbildungen ihrer Werke
waren. Am deutlichsten spiegelt der Ruhm der alten Düsseldorfer Galerie sich
jedoch vielleicht in der Thatsache wieder, daß im vorige,: Jahrhundert in Basel
und in London Kupferwerke über sie'' herausgegeben wurden. Das Baseler
Werk, welches alle Wände der Galerie mit allen an denselben hängenden Ge¬
mälden wiedergiebt (1778, gestochen unter Chr. Mechels Leitung) ist der Bilder¬
atlas zu Pigages großem OataloKas rsisoirnö. Das sehr selten gewordene
Londoner Werk dagegen (1793 von V. Green herausgegeben) soll eine Anzahl
größerer und wertvollerer Stiche nach den besten Gemälden der Sammlung
enthalten.
Der Gründer der Düsseldorfer Galerie war, wie schon erwähnt, der Kur¬
fürst Johann Wilhelm von der Pfalz, Pfalzgraf zu Neuburg, Herzog zu Jülich
und Berg, der so verschieden beurtheilte Herrscher, der von den einen als „edler
deutscher Patriot, Fürst und Landesvater, als liebenswürdige, volkstümliche
Gestalt" gefeiert wird, während andere ihn — in politischer Beziehung mit
größerem Rechte ^ als eiteln, ehrgeizigen Nachahmer des Versailler Hofes, als
verschlagenen Jesuitenzögling und sinnlosen Verschwender brandmarken. Am
19. April 1658 im Schlosse zu Düsseldorf geboren, war er in seiner Vaterstadt
aufgewachsen, hatte dann aber als junger Mann vom 4. December 1674 bis
zum 7. März 1677 zu seiner weitern Ausbildung eine Reise durch alle Haupt¬
länder Europas unternommen. Zwei Jahre nach seiner Heimkehr wurde ihm,
dem Erbprinzen, von seinem Vater die Regentschaft der Herzogtümer Jülich
und Berg übergeben, und in die Zeit dieser Regentschaft fällt sein erstes Ehe-
bündniß init der Halbschwester des Kaisers, der Erzherzogin Anna Maria Joseph«,
welche 1689 starb. Im folgenden Jahre verschied auch sein Vater. Johann Wil¬
helm wurde selbst Kurfürst und vermählte sich zum zweiten Male mit Anna
Maria Loifia, der Tochter des Großherzogs Cosmo III. von Toscana. Mit
dieser Mediceerin zog ungemessene Festfreude in Düsseldorf ein. Prachtliebend
war Johann Wilhelm freilich von jeher gewesen oder auf seiner Jugendreise
geworden. Der Reichthum seiner mediceischen Gemahlin aber gab dieser Neigung
nur neue Nahrung. Die Medici hatten von jeher die Kunstliebe als die beste
Seite der Prachtliebe angesehen; nud wenn man auch nicht sagen kann, daß
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