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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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geschieht auf diesem Gebiete wie auf allen anderen: das Eigenthum ist mobi-
lisirt oder soll es werden, und die Eigenthümer, welche wie der Landwirth den
Grund und Boden als Werkzeug benutze" müssen, siud dadurch dem Wucher an¬
heim gegeben worden, dem Wucher uicht allein, sondern auch dem Proletariat, der
Dürftigkeit in Wesen und Gesinnung. Das ist es, was, wie unser Gewerbe,
unsere Landwirthschaft, so auch unsere geistige Production auf ein Niveau herab¬
drückt, welches die Werke eines Lindau oder Jacobsvhn noch als thurmhohe
Schöpfungen erscheine" läßt, während sie nichts sind als ein schemenhaftes, ge¬
müthloses Zotenevngewirr. Und wie theuer bezahlt die Nation solche Mach¬
werke, während der echte Dichter hungert Und verkommt und sich schämen muß,
etwa neben einem Dickens oder Sardon genannt zu werden.

Aber der Wucher trifft nicht allein den Dichter. Die Entrees zu uusern
Theatern waren in der Blüthezeit der Bühne nominelle, heute siud sie dem
gemeinen Manne unerschwinglich. Die große Masse der Bevölkerung keimt
den erhebenden Einfluß einer guten Darstellung eines echten Dichtwerkes
kaum uoch. Sie entbehrt ihn vielleicht nicht. Um so mehr das sogenante
"bessere Publikum", welches Wucherpreise am Altar einer nachgemachten Muse
zahlt, während trotzdem die wirkliche Dichtkunst verwaist. Es ist ja eine alte
Erfahrung, daß die Maitresse theurer ist als die treue Genossin.

Wir kommen zum Schluß. Schon Eingangs haben wir betont, daß uns
der landesübliche "Rischus", das Antisemitenthum, im Grunde des Herzens nicht
willkommen ist. Das wüste Treiben des jüdischen "Genius" verliert viel von
seiner abstoßenden Natur, wenn es in Relief gesetzt wird durch das noch
wüstere der Judenhetze. Wir befinden uns diesen beiden betrübenden Erschei-
nungen gegenüber in einer traurige" Zwangslage. Wir und Hunderttausende
unserer deutscheu Mitbürger schweigen in diesem Gewirr der Meinungen, um
uicht einen nutzlosen Kampf noch allgemeiner zu machen, obgleich wir genau
wissen, auf welcher Seite unsere Sympathieen sich befinden. Den Juden als
solchen zu bekämpfen, ist ein kurzsichtiges Unternehmen; in unserer eigenen Brust
sitzt der Feind, gegen den wir zu Felde ziehen müssen. Wir sehen uns aber
genöthigt, an dieser Stelle einem EinWurfe zu begegnen, der einem stets gemacht
wird, wenn vom Judenthum als Rasse die Rede ist, dem Einwurf nämlich, daß
einige der genannten Koryphäen, u. a. auch Hebbel, ja getauft seien oder von
getauften Eltern abstammen. Es ist das ein gleißnerisches Schild, mit welchem
die journalistischen Wortführer der jüdischen Weltanschauung, d. i. der Wncher-
interessen, sich zu decken suchen, es schielt aber immer das semitische Pedal da¬
runter durch. Jeder Einwand gegen die semitische Rasseneigenart wird sofort
als confessionelle Intoleranz "gegeißelt". Uns ist die Judenfrage nie im Lichte
eines Religionsstreites erschienen, sie ist lediglich auf wirthschaftlichem Gebiete


geschieht auf diesem Gebiete wie auf allen anderen: das Eigenthum ist mobi-
lisirt oder soll es werden, und die Eigenthümer, welche wie der Landwirth den
Grund und Boden als Werkzeug benutze« müssen, siud dadurch dem Wucher an¬
heim gegeben worden, dem Wucher uicht allein, sondern auch dem Proletariat, der
Dürftigkeit in Wesen und Gesinnung. Das ist es, was, wie unser Gewerbe,
unsere Landwirthschaft, so auch unsere geistige Production auf ein Niveau herab¬
drückt, welches die Werke eines Lindau oder Jacobsvhn noch als thurmhohe
Schöpfungen erscheine« läßt, während sie nichts sind als ein schemenhaftes, ge¬
müthloses Zotenevngewirr. Und wie theuer bezahlt die Nation solche Mach¬
werke, während der echte Dichter hungert Und verkommt und sich schämen muß,
etwa neben einem Dickens oder Sardon genannt zu werden.

Aber der Wucher trifft nicht allein den Dichter. Die Entrees zu uusern
Theatern waren in der Blüthezeit der Bühne nominelle, heute siud sie dem
gemeinen Manne unerschwinglich. Die große Masse der Bevölkerung keimt
den erhebenden Einfluß einer guten Darstellung eines echten Dichtwerkes
kaum uoch. Sie entbehrt ihn vielleicht nicht. Um so mehr das sogenante
„bessere Publikum", welches Wucherpreise am Altar einer nachgemachten Muse
zahlt, während trotzdem die wirkliche Dichtkunst verwaist. Es ist ja eine alte
Erfahrung, daß die Maitresse theurer ist als die treue Genossin.

Wir kommen zum Schluß. Schon Eingangs haben wir betont, daß uns
der landesübliche „Rischus", das Antisemitenthum, im Grunde des Herzens nicht
willkommen ist. Das wüste Treiben des jüdischen „Genius" verliert viel von
seiner abstoßenden Natur, wenn es in Relief gesetzt wird durch das noch
wüstere der Judenhetze. Wir befinden uns diesen beiden betrübenden Erschei-
nungen gegenüber in einer traurige» Zwangslage. Wir und Hunderttausende
unserer deutscheu Mitbürger schweigen in diesem Gewirr der Meinungen, um
uicht einen nutzlosen Kampf noch allgemeiner zu machen, obgleich wir genau
wissen, auf welcher Seite unsere Sympathieen sich befinden. Den Juden als
solchen zu bekämpfen, ist ein kurzsichtiges Unternehmen; in unserer eigenen Brust
sitzt der Feind, gegen den wir zu Felde ziehen müssen. Wir sehen uns aber
genöthigt, an dieser Stelle einem EinWurfe zu begegnen, der einem stets gemacht
wird, wenn vom Judenthum als Rasse die Rede ist, dem Einwurf nämlich, daß
einige der genannten Koryphäen, u. a. auch Hebbel, ja getauft seien oder von
getauften Eltern abstammen. Es ist das ein gleißnerisches Schild, mit welchem
die journalistischen Wortführer der jüdischen Weltanschauung, d. i. der Wncher-
interessen, sich zu decken suchen, es schielt aber immer das semitische Pedal da¬
runter durch. Jeder Einwand gegen die semitische Rasseneigenart wird sofort
als confessionelle Intoleranz „gegeißelt". Uns ist die Judenfrage nie im Lichte
eines Religionsstreites erschienen, sie ist lediglich auf wirthschaftlichem Gebiete


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[0083] geschieht auf diesem Gebiete wie auf allen anderen: das Eigenthum ist mobi- lisirt oder soll es werden, und die Eigenthümer, welche wie der Landwirth den Grund und Boden als Werkzeug benutze« müssen, siud dadurch dem Wucher an¬ heim gegeben worden, dem Wucher uicht allein, sondern auch dem Proletariat, der Dürftigkeit in Wesen und Gesinnung. Das ist es, was, wie unser Gewerbe, unsere Landwirthschaft, so auch unsere geistige Production auf ein Niveau herab¬ drückt, welches die Werke eines Lindau oder Jacobsvhn noch als thurmhohe Schöpfungen erscheine« läßt, während sie nichts sind als ein schemenhaftes, ge¬ müthloses Zotenevngewirr. Und wie theuer bezahlt die Nation solche Mach¬ werke, während der echte Dichter hungert Und verkommt und sich schämen muß, etwa neben einem Dickens oder Sardon genannt zu werden. Aber der Wucher trifft nicht allein den Dichter. Die Entrees zu uusern Theatern waren in der Blüthezeit der Bühne nominelle, heute siud sie dem gemeinen Manne unerschwinglich. Die große Masse der Bevölkerung keimt den erhebenden Einfluß einer guten Darstellung eines echten Dichtwerkes kaum uoch. Sie entbehrt ihn vielleicht nicht. Um so mehr das sogenante „bessere Publikum", welches Wucherpreise am Altar einer nachgemachten Muse zahlt, während trotzdem die wirkliche Dichtkunst verwaist. Es ist ja eine alte Erfahrung, daß die Maitresse theurer ist als die treue Genossin. Wir kommen zum Schluß. Schon Eingangs haben wir betont, daß uns der landesübliche „Rischus", das Antisemitenthum, im Grunde des Herzens nicht willkommen ist. Das wüste Treiben des jüdischen „Genius" verliert viel von seiner abstoßenden Natur, wenn es in Relief gesetzt wird durch das noch wüstere der Judenhetze. Wir befinden uns diesen beiden betrübenden Erschei- nungen gegenüber in einer traurige» Zwangslage. Wir und Hunderttausende unserer deutscheu Mitbürger schweigen in diesem Gewirr der Meinungen, um uicht einen nutzlosen Kampf noch allgemeiner zu machen, obgleich wir genau wissen, auf welcher Seite unsere Sympathieen sich befinden. Den Juden als solchen zu bekämpfen, ist ein kurzsichtiges Unternehmen; in unserer eigenen Brust sitzt der Feind, gegen den wir zu Felde ziehen müssen. Wir sehen uns aber genöthigt, an dieser Stelle einem EinWurfe zu begegnen, der einem stets gemacht wird, wenn vom Judenthum als Rasse die Rede ist, dem Einwurf nämlich, daß einige der genannten Koryphäen, u. a. auch Hebbel, ja getauft seien oder von getauften Eltern abstammen. Es ist das ein gleißnerisches Schild, mit welchem die journalistischen Wortführer der jüdischen Weltanschauung, d. i. der Wncher- interessen, sich zu decken suchen, es schielt aber immer das semitische Pedal da¬ runter durch. Jeder Einwand gegen die semitische Rasseneigenart wird sofort als confessionelle Intoleranz „gegeißelt". Uns ist die Judenfrage nie im Lichte eines Religionsstreites erschienen, sie ist lediglich auf wirthschaftlichem Gebiete

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/83>, abgerufen am 08.01.2025.