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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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Schlächterei fand in einen: großen Ginstergebüsch auf einem Hügel statt, wohin
sich die Leute in ihrer Angst geflüchtet hatten. Sir Arthur ließ den Hügel um¬
zingeln und das Gebüsch von allen Seiten anzünden, sodaß alle -- und es
waren ihrer eine erhebliche Zahl, Männer, Weiber und Kinder -- verbrannten
oder getödtet wurden. "Ich sah die Leiber und den Ginster noch brennen," sagt
Lord Castlehaven in seinen Memoiren.

Die katholische Geistlichkeit verhielt sich zu dem Aufstande theils als Gönner
und Theilnehmer, theils als Gegner. In der Mehrzahl war sie wohl demselben
geneigt. Ohne Zweifel unterstützten Priester die Rebellion durch Kanzelreden
und selbst durch Verhängung der Excommunication. Ein Pater Maguire soll die
verrätherische Ermordung von 40 Protestanten veranlaßt haben, die ihren Glan-
ben abgeschworen hatten. In den spätern Stadien der Rebellion übte der Päpst¬
liche Nuntius Riunccini einen großen und schädlichen Einfluß aus, indem er
die Aussöhnung der Iren mit dem Könige verzögerte, die in Folge dessen erst
stufenweise in den Jahren 1646, 1648 und 1649 erfolgte. Aber Rebellen wie
Royalisten fielen gleichmäßig durch Cromwells Schwert. Er that, wie nicht
verschwiegen werden darf, gleich nach seinem Erscheinen in Irland den Plünde¬
rungen und sonstigen Freveln der Soldaten mit Strenge Einhalt. Allein die
Blutscenen, die bei den Belagerungen von Drvgheda und Wexfvrd vorkamen,
sind so gräßlich, daß sie die Schandthaten Tillys übertreffen und den Namen
Cromwells in Irland auf ewig verhaßt gemacht haben. Beim Sturme auf
Drvgheda mußten, nachdem die Engländer schon die Stadt in ihrer Gewalt
hatten, wenigstens 3000 Einwohner, darunter Frauen und Kinder, über die
Klinge springen. Dem Gouverneur wurde der Schädel eingeschlagen und sein
Körper in Stücke zerhackt. Nachdem man in der Kirche alles, was sich dort¬
hin geflüchtet hatte, niedergemacht, drangen die Soldaten in die unterirdischen
Gewölbe, wo sich die vornehmsten Damen der Stadt versteckt hatten. Eine
derselben, ein schönes, kostbar gekleidetes und geschmücktes Mädchen kniete vor
Thomas Wood, der dies später seinem Bruder Anton, dem Geschichtsschreiber
Oxfords, erzählte, nieder und bat unter Thränen um ihr Leben. Wood nahm
sie, von Mitleid ergriffen, unter den Arm und verließ mit ihr die Kirche, um
sie über die Werke in Sicherheit zu bringen. Aber ein Soldat, der diese Ab¬
sicht merkte, durchbohrte sie mit seinem Degen, und als Wood sah, daß sie ver¬
scheide, nahm er ihr Geld und ihre Juwelen und schleuderte sie über die Schan¬
zen hinunter.

Im Jahre 1652 endigte der Krieg. Nach Pettys Berechnung hatten in
den elf Jahren desselben Schwert, Seuchen und die künstlich hervorgerufene
Hungersnoth von einer Bevölkerung von 1466000 Menschen 616 000 wegge¬
rafft. Nach andern Schätzungen war die Zahl der Opfer noch viel größer.


Schlächterei fand in einen: großen Ginstergebüsch auf einem Hügel statt, wohin
sich die Leute in ihrer Angst geflüchtet hatten. Sir Arthur ließ den Hügel um¬
zingeln und das Gebüsch von allen Seiten anzünden, sodaß alle — und es
waren ihrer eine erhebliche Zahl, Männer, Weiber und Kinder — verbrannten
oder getödtet wurden. „Ich sah die Leiber und den Ginster noch brennen," sagt
Lord Castlehaven in seinen Memoiren.

Die katholische Geistlichkeit verhielt sich zu dem Aufstande theils als Gönner
und Theilnehmer, theils als Gegner. In der Mehrzahl war sie wohl demselben
geneigt. Ohne Zweifel unterstützten Priester die Rebellion durch Kanzelreden
und selbst durch Verhängung der Excommunication. Ein Pater Maguire soll die
verrätherische Ermordung von 40 Protestanten veranlaßt haben, die ihren Glan-
ben abgeschworen hatten. In den spätern Stadien der Rebellion übte der Päpst¬
liche Nuntius Riunccini einen großen und schädlichen Einfluß aus, indem er
die Aussöhnung der Iren mit dem Könige verzögerte, die in Folge dessen erst
stufenweise in den Jahren 1646, 1648 und 1649 erfolgte. Aber Rebellen wie
Royalisten fielen gleichmäßig durch Cromwells Schwert. Er that, wie nicht
verschwiegen werden darf, gleich nach seinem Erscheinen in Irland den Plünde¬
rungen und sonstigen Freveln der Soldaten mit Strenge Einhalt. Allein die
Blutscenen, die bei den Belagerungen von Drvgheda und Wexfvrd vorkamen,
sind so gräßlich, daß sie die Schandthaten Tillys übertreffen und den Namen
Cromwells in Irland auf ewig verhaßt gemacht haben. Beim Sturme auf
Drvgheda mußten, nachdem die Engländer schon die Stadt in ihrer Gewalt
hatten, wenigstens 3000 Einwohner, darunter Frauen und Kinder, über die
Klinge springen. Dem Gouverneur wurde der Schädel eingeschlagen und sein
Körper in Stücke zerhackt. Nachdem man in der Kirche alles, was sich dort¬
hin geflüchtet hatte, niedergemacht, drangen die Soldaten in die unterirdischen
Gewölbe, wo sich die vornehmsten Damen der Stadt versteckt hatten. Eine
derselben, ein schönes, kostbar gekleidetes und geschmücktes Mädchen kniete vor
Thomas Wood, der dies später seinem Bruder Anton, dem Geschichtsschreiber
Oxfords, erzählte, nieder und bat unter Thränen um ihr Leben. Wood nahm
sie, von Mitleid ergriffen, unter den Arm und verließ mit ihr die Kirche, um
sie über die Werke in Sicherheit zu bringen. Aber ein Soldat, der diese Ab¬
sicht merkte, durchbohrte sie mit seinem Degen, und als Wood sah, daß sie ver¬
scheide, nahm er ihr Geld und ihre Juwelen und schleuderte sie über die Schan¬
zen hinunter.

Im Jahre 1652 endigte der Krieg. Nach Pettys Berechnung hatten in
den elf Jahren desselben Schwert, Seuchen und die künstlich hervorgerufene
Hungersnoth von einer Bevölkerung von 1466000 Menschen 616 000 wegge¬
rafft. Nach andern Schätzungen war die Zahl der Opfer noch viel größer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/492>, abgerufen am 28.12.2024.