Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.dessen durch die Märsche Alexanders bekannt gewordene Fortsetzung bis zum Eratosthenes, etwa ein halbes Jahrhundert nach Dicäarch als Bibliothekar dessen durch die Märsche Alexanders bekannt gewordene Fortsetzung bis zum Eratosthenes, etwa ein halbes Jahrhundert nach Dicäarch als Bibliothekar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/148065"/> <p xml:id="ID_1108" prev="#ID_1107"> dessen durch die Märsche Alexanders bekannt gewordene Fortsetzung bis zum<lb/> Ostende Asiens verfolgte, und dem, nach jener Erdmessung zu schließen, ein<lb/> Hauptmeridian von Lysimachia und Syene coordiniert gewesen sein muß. Die<lb/> Angaben des Pytheas bezweifelte er noch. Von seiner Ansicht über die Be¬<lb/> grenzung der Oekumene verlautet nichts, doch ist allen Verhältnissen nach höchst<lb/> wahrscheinlich, daß er darin der Ansicht seines Nachfolgers Eratosthenes gewesen<lb/> sei, der die Erdinseltheorie mit Bestimmtheit vertrat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1109" next="#ID_1110"> Eratosthenes, etwa ein halbes Jahrhundert nach Dicäarch als Bibliothekar<lb/> in Alexandria angestellt und als Dichter, Kritiker, Historiker und Mathematiker<lb/> ausgezeichnet, schrieb ein Buch in drei Theilen, in dem er die Geschichte, die<lb/> astronomischen und geometrischen Grundlagen und die Darlegung der allgemeinen<lb/> Geographie vereinigte, wie sich aus der Hauptmasse seiner Fragmente bei Strabo<lb/> ersehen läßt. Von seiner Geschichte der Geographie ist fast nichts greifbares<lb/> übrig geblieben, als seine Verwahrung gegen den schon angemerkten und zu<lb/> einer Menge von absurden Deutungen führenden Satz, daß Homer die Grund¬<lb/> lage aller Wissenschaft und so auch der Geographie sei. Der Dichter bezweckte<lb/> nach seiner Ansicht geistige Erquickung und Anregung, nicht Unterricht. Wenn<lb/> man den Riemer finde, meinte er, der des Aeolus Windschlauch verfertigt habe,<lb/> dann sei auch Aussicht vorhanden, die Wege des Odysseus nachzuweisen. In<lb/> seiner geographischen Grundlegung nahm er zuerst Anlaß, die Kugelgestalt der<lb/> Erde dem Laienthum gegenüber noch einmal gründlich zu erweisen. Weiter ging<lb/> er zur Absteckung des für die Oekumene auf der Kugelfläche bestimmten Raumes.<lb/> Hier kommt zunächst das Resultat der Erdmessung und die daran geknüpfte<lb/> Durchführung der mathematischen Grundlagen in Betracht. Eratosthenes legte<lb/> seinem neuen Erdmessungsversuche, den er nach guten Anzeichen in einem be¬<lb/> sondern mathematischen Werke, dem sogenannten Buche der Messungen mit den<lb/> Versuchen, die Entfernung und Größe der Sonne und des Mondes zu bestim¬<lb/> men, herausgab und auf die Berechnung der Oberfläche und des Inhalts der<lb/> Kugel ausdehnte, zunächst eine neue Methode zu Grunde. Unter der Annahme,<lb/> daß die Sonnenstrahlen als parallele Linien die Erde träfen, dachte er sich<lb/> einen Gnomon in Syene unter dem Wendekreise und einen andern in Alexan¬<lb/> dria. Zur Zeit der Sonnenwende nun traf ein Sonnenstrahl den schattenlosen<lb/> Gnomon in Syene so, daß er als verlängerte Linie denselben von der Spitze<lb/> bis zur Basis durchschnitt und nach dem Centrum der Erde verlief. Ein andrer<lb/> paralleler Sonnenstrahl traf zu derselben Zeit von dem Gnomon in Alexandria<lb/> nur die Spitze und das Ende des vom Gnomon geworfenen Schattens. Ver¬<lb/> längerte man nun den Gnomon in Alexandria gleichfalls als Linie bis zum<lb/> Mittelpunkte der Erde, so schnitt diese Linie die beiden parallelen Strahlen¬<lb/> linien und bildete mit ihnen Wechselwinkel. Der Bogen des einen, dessen Spitze</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
dessen durch die Märsche Alexanders bekannt gewordene Fortsetzung bis zum
Ostende Asiens verfolgte, und dem, nach jener Erdmessung zu schließen, ein
Hauptmeridian von Lysimachia und Syene coordiniert gewesen sein muß. Die
Angaben des Pytheas bezweifelte er noch. Von seiner Ansicht über die Be¬
grenzung der Oekumene verlautet nichts, doch ist allen Verhältnissen nach höchst
wahrscheinlich, daß er darin der Ansicht seines Nachfolgers Eratosthenes gewesen
sei, der die Erdinseltheorie mit Bestimmtheit vertrat.
Eratosthenes, etwa ein halbes Jahrhundert nach Dicäarch als Bibliothekar
in Alexandria angestellt und als Dichter, Kritiker, Historiker und Mathematiker
ausgezeichnet, schrieb ein Buch in drei Theilen, in dem er die Geschichte, die
astronomischen und geometrischen Grundlagen und die Darlegung der allgemeinen
Geographie vereinigte, wie sich aus der Hauptmasse seiner Fragmente bei Strabo
ersehen läßt. Von seiner Geschichte der Geographie ist fast nichts greifbares
übrig geblieben, als seine Verwahrung gegen den schon angemerkten und zu
einer Menge von absurden Deutungen führenden Satz, daß Homer die Grund¬
lage aller Wissenschaft und so auch der Geographie sei. Der Dichter bezweckte
nach seiner Ansicht geistige Erquickung und Anregung, nicht Unterricht. Wenn
man den Riemer finde, meinte er, der des Aeolus Windschlauch verfertigt habe,
dann sei auch Aussicht vorhanden, die Wege des Odysseus nachzuweisen. In
seiner geographischen Grundlegung nahm er zuerst Anlaß, die Kugelgestalt der
Erde dem Laienthum gegenüber noch einmal gründlich zu erweisen. Weiter ging
er zur Absteckung des für die Oekumene auf der Kugelfläche bestimmten Raumes.
Hier kommt zunächst das Resultat der Erdmessung und die daran geknüpfte
Durchführung der mathematischen Grundlagen in Betracht. Eratosthenes legte
seinem neuen Erdmessungsversuche, den er nach guten Anzeichen in einem be¬
sondern mathematischen Werke, dem sogenannten Buche der Messungen mit den
Versuchen, die Entfernung und Größe der Sonne und des Mondes zu bestim¬
men, herausgab und auf die Berechnung der Oberfläche und des Inhalts der
Kugel ausdehnte, zunächst eine neue Methode zu Grunde. Unter der Annahme,
daß die Sonnenstrahlen als parallele Linien die Erde träfen, dachte er sich
einen Gnomon in Syene unter dem Wendekreise und einen andern in Alexan¬
dria. Zur Zeit der Sonnenwende nun traf ein Sonnenstrahl den schattenlosen
Gnomon in Syene so, daß er als verlängerte Linie denselben von der Spitze
bis zur Basis durchschnitt und nach dem Centrum der Erde verlief. Ein andrer
paralleler Sonnenstrahl traf zu derselben Zeit von dem Gnomon in Alexandria
nur die Spitze und das Ende des vom Gnomon geworfenen Schattens. Ver¬
längerte man nun den Gnomon in Alexandria gleichfalls als Linie bis zum
Mittelpunkte der Erde, so schnitt diese Linie die beiden parallelen Strahlen¬
linien und bildete mit ihnen Wechselwinkel. Der Bogen des einen, dessen Spitze
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |