Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.Gastspielreisende ohne Ruh und künstlerisches Gleichgewicht, die den Lorbeer Es wurden im ganzen zwölf Vorstellungen gegeben, unter anderen Gastspielreisende ohne Ruh und künstlerisches Gleichgewicht, die den Lorbeer Es wurden im ganzen zwölf Vorstellungen gegeben, unter anderen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147686"/> <p xml:id="ID_106" prev="#ID_105"> Gastspielreisende ohne Ruh und künstlerisches Gleichgewicht, die den Lorbeer<lb/> aushängen als Lockschild für das kassenfüllende Publikum. Kein Wunder, daß<lb/> ihr jüdisches Geschäftsgenie alle bescheidenen, d. h. die echten Knnstbestrebungen<lb/> überwucherte und sie auf ihr eigenes niederes Niveau beschränkte, ans welches<lb/> sich die ebenfalls jüdischen Koryphäen Lewinsky, Robert, Sonnenthal, Wolter<lb/> bereitwilligst herabließen.</p><lb/> <p xml:id="ID_107" next="#ID_108"> Es wurden im ganzen zwölf Vorstellungen gegeben, unter anderen<lb/> Wallenstein (Barnay), Macbeth (Barnay und Wolter), Hamlet (Sonnenthal),<lb/> Nathan (Lewinsky), Tasso (Robert), Egmont (Robert), Clavigo (Sonnenthal).<lb/> Da der „Wallenstein" zwei Abende füllt, so haben wir hier schon acht Vor¬<lb/> stellungen, welche vollständig dem jüdischen Genie zum Opfer fielen. Im<lb/> „Wintermürchen" spielte dann Barnay wieder den Leontes und Frl. Wolter die<lb/> Hermione, in „Cabale und Liebe" Robert den Ferdinand, im „Clavigo" Possart<lb/> den Carlos. Auch als Octavio Piccolomini machte er sich neben Herrn Krastel<lb/> bemerklich, der, obgleich kein Jude, dennoch als Max das Publikum durch sein<lb/> echtes Naturell im Sturme nahm und, obwohl man nicht wußte, wie dieser<lb/> Sohn zu solch einem offenbar gar nicht indogermanischen Vater kam, dennoch<lb/> überzeugend zu wirken vermochte. Ganz entgegengesetzt wirkte Herr Oberländer,<lb/> der die Rollen des vielleicht besten Schauspielers deutscher Zunge in Pacht<lb/> nahm oder sich doch in dieses Fach mit Herrn Dr. Förster aus Leipzig theilte.<lb/> Wir meinen Baumeister in Wien. Durfte u. a. dieser bei Mustervorstellungen<lb/> fehlen? Oder waren es vielleicht gar keine? Aber auch die glücklichen Besitzer<lb/> von Nicht-Gastspiel-Rollen, z. B. von Rollen zweiter Liebhaber wie Bnenco<lb/> im „Clavigo," der als „der beste und tugendhafteste Bürger" in Spanien avisirt<lb/> wird, auch diese kleinen Größen spielten krampfhaft „Muster". Sie bemühten<lb/> sich, wie jener Hungrige, der ein kleines Beefsteak durch ein Mikroskop betrachtete,<lb/> ihre kleinen Rollen zu ungeahnter Bedeutung zu bringen. Sie statteten das<lb/> gleichgiltigste Beiwerk des Stückes mit Gesten, Seufzern und Betonungen aus,<lb/> daß man eine ganze Tragödie damit hätte drapiren können. Kenner haben<lb/> Thränen gelacht bei diesen Anblicken. Jeder wollte mindestens mit Friedmann<lb/> und dem berühmten „Mauernweiler" Friedrich Haase, die sich die fetten Chargen<lb/> reservirt hatten, concurriren. Unsre treffliche Künstlerin, Frl. Blende, wurde<lb/> allgemein von der jüdischen Kritik als „zu blond" verurtheilt, was sie nach<lb/> unserer Kenntniß ihres echten Künstlercharakters unter dem allgemeinen Virtuosen¬<lb/> gelichter auch war. Wir gestehen offen, daß wir erst durch Frl. Blandts „Julie"<lb/> für dieses liebeathmende Poem den richtigen Gesichtspunkt gefunden haben,<lb/> und nun ist sie — zu blond! Es scheint sich eben seit Corona Schröter, deren<lb/> Blondheit gerühmt wurde, der deutsche Geschmack vollständig in sein Gegentheil<lb/> verwandelt zu haben, so daß wir umgekehrt wie die Römer, welche eben das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
Gastspielreisende ohne Ruh und künstlerisches Gleichgewicht, die den Lorbeer
aushängen als Lockschild für das kassenfüllende Publikum. Kein Wunder, daß
ihr jüdisches Geschäftsgenie alle bescheidenen, d. h. die echten Knnstbestrebungen
überwucherte und sie auf ihr eigenes niederes Niveau beschränkte, ans welches
sich die ebenfalls jüdischen Koryphäen Lewinsky, Robert, Sonnenthal, Wolter
bereitwilligst herabließen.
Es wurden im ganzen zwölf Vorstellungen gegeben, unter anderen
Wallenstein (Barnay), Macbeth (Barnay und Wolter), Hamlet (Sonnenthal),
Nathan (Lewinsky), Tasso (Robert), Egmont (Robert), Clavigo (Sonnenthal).
Da der „Wallenstein" zwei Abende füllt, so haben wir hier schon acht Vor¬
stellungen, welche vollständig dem jüdischen Genie zum Opfer fielen. Im
„Wintermürchen" spielte dann Barnay wieder den Leontes und Frl. Wolter die
Hermione, in „Cabale und Liebe" Robert den Ferdinand, im „Clavigo" Possart
den Carlos. Auch als Octavio Piccolomini machte er sich neben Herrn Krastel
bemerklich, der, obgleich kein Jude, dennoch als Max das Publikum durch sein
echtes Naturell im Sturme nahm und, obwohl man nicht wußte, wie dieser
Sohn zu solch einem offenbar gar nicht indogermanischen Vater kam, dennoch
überzeugend zu wirken vermochte. Ganz entgegengesetzt wirkte Herr Oberländer,
der die Rollen des vielleicht besten Schauspielers deutscher Zunge in Pacht
nahm oder sich doch in dieses Fach mit Herrn Dr. Förster aus Leipzig theilte.
Wir meinen Baumeister in Wien. Durfte u. a. dieser bei Mustervorstellungen
fehlen? Oder waren es vielleicht gar keine? Aber auch die glücklichen Besitzer
von Nicht-Gastspiel-Rollen, z. B. von Rollen zweiter Liebhaber wie Bnenco
im „Clavigo," der als „der beste und tugendhafteste Bürger" in Spanien avisirt
wird, auch diese kleinen Größen spielten krampfhaft „Muster". Sie bemühten
sich, wie jener Hungrige, der ein kleines Beefsteak durch ein Mikroskop betrachtete,
ihre kleinen Rollen zu ungeahnter Bedeutung zu bringen. Sie statteten das
gleichgiltigste Beiwerk des Stückes mit Gesten, Seufzern und Betonungen aus,
daß man eine ganze Tragödie damit hätte drapiren können. Kenner haben
Thränen gelacht bei diesen Anblicken. Jeder wollte mindestens mit Friedmann
und dem berühmten „Mauernweiler" Friedrich Haase, die sich die fetten Chargen
reservirt hatten, concurriren. Unsre treffliche Künstlerin, Frl. Blende, wurde
allgemein von der jüdischen Kritik als „zu blond" verurtheilt, was sie nach
unserer Kenntniß ihres echten Künstlercharakters unter dem allgemeinen Virtuosen¬
gelichter auch war. Wir gestehen offen, daß wir erst durch Frl. Blandts „Julie"
für dieses liebeathmende Poem den richtigen Gesichtspunkt gefunden haben,
und nun ist sie — zu blond! Es scheint sich eben seit Corona Schröter, deren
Blondheit gerühmt wurde, der deutsche Geschmack vollständig in sein Gegentheil
verwandelt zu haben, so daß wir umgekehrt wie die Römer, welche eben das
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