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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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einer stritten, rigoroser Parteidisciplin, wodurch sie sich von den Professions¬
politikern unterscheiden, die nur an Gesinnungsgenossen Aemter verliehen haben
wollen. Die von der Hayes-Administration in Bezug auf das Aemterwesen be¬
folgte Reformpolitik hat nicht wenig zum Erfolge der republikanischen Partei
beigetragen, und letztere würde bei der Präsidentenwahl im Jahre 1884 sicher¬
lich an Boden verlieren, wenn die Garfield-Administration nicht den Ausspruch
des Präsidenten Hayes beachtet: "Derjenige dient seiner Partei am besten, der
seinem Lande am besten dient." General James A. Garfield hat nun aber in
seiner Congreßlaufbahn Erfahrungen genug gemacht, um die Mängel des öffent¬
lichen Dienstes in den Vereinigten Staaten zu erkennen und auf deren Entfer¬
nung hinzuwirken. So oft das Aemterwesen in der Bundeslegislatur zur
Sprache kam, äußerte er sich in einer Weise, die zu der Annahme berechtigt,
daß er sich selbst untreu werden müßte, wenn er als Präsident nicht mit aller
Macht bestrebt sein wollte, die von seinem Amtsvorgänger im Cidildienste ein¬
geführten Reformen nicht nur beizubehalten, sondern nach Möglichkeit zu ver¬
vollständigen.

Der dritte Punkt, welcher der Erwählung Garfields eine hohe Bedeutung
beilegt, ist die sogenannte sectionelle Frage, d. h. das politische und sociale
Verhältniß zwischen dem Süden und Norden der Union. Es ist eine bekannte
Thatsache, daß die Stärke der demokratischen Partei in den Südstaaten, den
frühern Sklavenstaaten, liegt. Die frühern Sklavenhalter können noch immer
nicht vergessen, daß sie viele Jahre hindurch eine nahezu unbedingte Herrschaft
über die Union ausgeübt haben; selbst ihre Niederlage im Bürgerkriege hat sie
nicht gründlich gebessert, sie hoffen noch immer, wenn sie in den Besitz der
Bundesregierung kämen, die Resultate des Bürgerkrieges in wesentlichen Punkten
umzuändern, vielleicht sogar das Institut der Negersklaverei, wenn auch in ab¬
geschwächter Form, wieder einzuführen. Den sittlichen und nationalökonomischen
Werth der Arbeit hat der echte Südländer noch jetzt nicht begriffen, er hält sich
zur Herrschaft prädestiniert und wird dabei von seinen nördlichen Gesinnungs¬
genossen unterstützt. Während einige klarblickende südliche Politiker sich der durch
den Bürgerkrieg herbeigeführten neuen Ordnung der Dinge anbequemt haben
und, jeden Gedanken an eine abermalige Secession aufgebend, sich wieder als
Bürger der großen und einigen Republik der Vereinigten Staaten fühlen, sah
eine große Anzahl -- und darunter die einflußreichsten Parteiführer -- noch
immer dem heißersehnten Ereigniß eines demokratischen Triumphes, der ihnen
ein geheimnißvolles Etwas bringen würde, entgegen. Und so strebten denn diese
durch Ehrgeiz und Herrschsucht verblendeten Südländer darauf hin, den Süden
"solidarisch" zu machen, durch Mittel, die den Grundsätzen, auf welchen ein ge¬
ordnetes republikanisches Gemeinwesen und eine nationale Regierung beruhen,


einer stritten, rigoroser Parteidisciplin, wodurch sie sich von den Professions¬
politikern unterscheiden, die nur an Gesinnungsgenossen Aemter verliehen haben
wollen. Die von der Hayes-Administration in Bezug auf das Aemterwesen be¬
folgte Reformpolitik hat nicht wenig zum Erfolge der republikanischen Partei
beigetragen, und letztere würde bei der Präsidentenwahl im Jahre 1884 sicher¬
lich an Boden verlieren, wenn die Garfield-Administration nicht den Ausspruch
des Präsidenten Hayes beachtet: „Derjenige dient seiner Partei am besten, der
seinem Lande am besten dient." General James A. Garfield hat nun aber in
seiner Congreßlaufbahn Erfahrungen genug gemacht, um die Mängel des öffent¬
lichen Dienstes in den Vereinigten Staaten zu erkennen und auf deren Entfer¬
nung hinzuwirken. So oft das Aemterwesen in der Bundeslegislatur zur
Sprache kam, äußerte er sich in einer Weise, die zu der Annahme berechtigt,
daß er sich selbst untreu werden müßte, wenn er als Präsident nicht mit aller
Macht bestrebt sein wollte, die von seinem Amtsvorgänger im Cidildienste ein¬
geführten Reformen nicht nur beizubehalten, sondern nach Möglichkeit zu ver¬
vollständigen.

Der dritte Punkt, welcher der Erwählung Garfields eine hohe Bedeutung
beilegt, ist die sogenannte sectionelle Frage, d. h. das politische und sociale
Verhältniß zwischen dem Süden und Norden der Union. Es ist eine bekannte
Thatsache, daß die Stärke der demokratischen Partei in den Südstaaten, den
frühern Sklavenstaaten, liegt. Die frühern Sklavenhalter können noch immer
nicht vergessen, daß sie viele Jahre hindurch eine nahezu unbedingte Herrschaft
über die Union ausgeübt haben; selbst ihre Niederlage im Bürgerkriege hat sie
nicht gründlich gebessert, sie hoffen noch immer, wenn sie in den Besitz der
Bundesregierung kämen, die Resultate des Bürgerkrieges in wesentlichen Punkten
umzuändern, vielleicht sogar das Institut der Negersklaverei, wenn auch in ab¬
geschwächter Form, wieder einzuführen. Den sittlichen und nationalökonomischen
Werth der Arbeit hat der echte Südländer noch jetzt nicht begriffen, er hält sich
zur Herrschaft prädestiniert und wird dabei von seinen nördlichen Gesinnungs¬
genossen unterstützt. Während einige klarblickende südliche Politiker sich der durch
den Bürgerkrieg herbeigeführten neuen Ordnung der Dinge anbequemt haben
und, jeden Gedanken an eine abermalige Secession aufgebend, sich wieder als
Bürger der großen und einigen Republik der Vereinigten Staaten fühlen, sah
eine große Anzahl — und darunter die einflußreichsten Parteiführer — noch
immer dem heißersehnten Ereigniß eines demokratischen Triumphes, der ihnen
ein geheimnißvolles Etwas bringen würde, entgegen. Und so strebten denn diese
durch Ehrgeiz und Herrschsucht verblendeten Südländer darauf hin, den Süden
„solidarisch" zu machen, durch Mittel, die den Grundsätzen, auf welchen ein ge¬
ordnetes republikanisches Gemeinwesen und eine nationale Regierung beruhen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/388>, abgerufen am 29.12.2024.