Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.Weiterverpachtungen schreiten würden, bei denen ein Profit für sie herauskäme. Der letzte und oberste Zweck aller Gesetzgebung in dieser Frage muß der Weiterverpachtungen schreiten würden, bei denen ein Profit für sie herauskäme. Der letzte und oberste Zweck aller Gesetzgebung in dieser Frage muß der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0299" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147946"/> <p xml:id="ID_820" prev="#ID_819"> Weiterverpachtungen schreiten würden, bei denen ein Profit für sie herauskäme.<lb/> Dies letztere ist in der That eins der größten Uebel, unter denen die irische<lb/> Landwirthschaft leidet. Die härtesten Kämpfe um Land spielen zwischen Bauer<lb/> und Bauer, und bereits erheben sich die landlosen Tagelöhner — wenigstens<lb/> eine Million — um communistisch ihren Antheil an Grund und Boden zu for¬<lb/> dern. Wenn die Gesetzgebung die jetzigen Inhaber von Pachtungen vor Unter¬<lb/> drückung zu schützen unternimmt, so muß Sorge getragen werden, daß sie nicht<lb/> selbst zu Unterdrückern werden. Denn gegenwärtig sind die schlimmsten Pach¬<lb/> tungen in Irland Stellen von einem Acre und noch weniger, welche von kleinen<lb/> Pächtern den Tagelöhnern überlassen werden, die deren Felder bestellen. Das<lb/> ist ohne Schaden nur in der Nachbarschaft großer Märkte möglich; auf dem<lb/> flachen Lande, fern von Städten und Eisenbahnen, führt es nothwendig ins<lb/> Elend. Eine Pachtstelle, die sich lohnen soll, muß wenigstens 15 Acres (6<lb/> Hectaren) groß sein, aber nur etwa die Hälfte der Pächter verfügt über dieses<lb/> Maß, ein Fünftel derselben hat weniger als 5 und über 50000 haben sogar<lb/> weniger als 1 Acre.</p><lb/> <p xml:id="ID_821"> Der letzte und oberste Zweck aller Gesetzgebung in dieser Frage muß der<lb/> sein, die willkürliche Beschlagnahme der verpachteten Landstelle von Seiten der<lb/> Grundherren, die in Wirklichkeit nichts anderes als gesetzlich gestattete Aus-<lb/> Plünderung ist, unmöglich zu machen. Ein Beispiel für jenes Verfahren ist<lb/> folgendes. Ein Landbesitzer überläßt einer Anzahl von Pächtern ein großes<lb/> Stück wilden Landes zur Einfriedigung und Bebauung, indem er dafür nur<lb/> einen nomineller Pachtschilling beansprucht. Nach zwanzig Jahren haben die<lb/> Leute durch ihren Fleiß das wilde Land in eine ergiebige Feldflur mit Wohn-<lb/> stütten verwandelt, und jetzt kommt der Besitzer und--verlangt einen hohen Pacht<lb/> sür Eigenthum, welches einzig und allein durch die Arbeit der Pächter Werth<lb/> gewonnen hat. Dies ist eine schreiende Unbilligkeit, die dadurch nicht besser<lb/> wird, daß das Gesetz sie erlaubt. Um diesem Mißbräuche zu steuern, empfiehlt<lb/> jener Bagwell eine Einrichtung, welche man das „Longfieldsche System" ge¬<lb/> nannt hat. Der Richter Longfield, ein Mann von conservativen Anschauungen<lb/> und wohlbekannt mit den Verhältnissen Irlands, macht den Vorschlag, wenn<lb/> ein Gutsherr den Pachtschilling steigern wolle, so solle der Pächter das Recht<lb/> haben, die Farm zu verlassen, zu gleicher Zeit aber befugt sein, als Entschädi¬<lb/> gung für das, was er an Geld und Arbeit auf sie verwendet, eine Summe zu<lb/> verlangen, die dem Siebensachen der erhöhten Rente gleichkäme. So würde der<lb/> Gutsherr ein Interesse daran haben, jeden Versuch zur Erpressung eines über¬<lb/> mäßigen Pachtschillings zu unterlassen, da dieser für den Fall, daß der Pächter<lb/> die Stelle freiwillig aufgeben wollte, der Maßstab für dessen Recht auf Ent¬<lb/> schädigung sein würde. Andrerseits würde, falls der Pächter sich weigerte, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0299]
Weiterverpachtungen schreiten würden, bei denen ein Profit für sie herauskäme.
Dies letztere ist in der That eins der größten Uebel, unter denen die irische
Landwirthschaft leidet. Die härtesten Kämpfe um Land spielen zwischen Bauer
und Bauer, und bereits erheben sich die landlosen Tagelöhner — wenigstens
eine Million — um communistisch ihren Antheil an Grund und Boden zu for¬
dern. Wenn die Gesetzgebung die jetzigen Inhaber von Pachtungen vor Unter¬
drückung zu schützen unternimmt, so muß Sorge getragen werden, daß sie nicht
selbst zu Unterdrückern werden. Denn gegenwärtig sind die schlimmsten Pach¬
tungen in Irland Stellen von einem Acre und noch weniger, welche von kleinen
Pächtern den Tagelöhnern überlassen werden, die deren Felder bestellen. Das
ist ohne Schaden nur in der Nachbarschaft großer Märkte möglich; auf dem
flachen Lande, fern von Städten und Eisenbahnen, führt es nothwendig ins
Elend. Eine Pachtstelle, die sich lohnen soll, muß wenigstens 15 Acres (6
Hectaren) groß sein, aber nur etwa die Hälfte der Pächter verfügt über dieses
Maß, ein Fünftel derselben hat weniger als 5 und über 50000 haben sogar
weniger als 1 Acre.
Der letzte und oberste Zweck aller Gesetzgebung in dieser Frage muß der
sein, die willkürliche Beschlagnahme der verpachteten Landstelle von Seiten der
Grundherren, die in Wirklichkeit nichts anderes als gesetzlich gestattete Aus-
Plünderung ist, unmöglich zu machen. Ein Beispiel für jenes Verfahren ist
folgendes. Ein Landbesitzer überläßt einer Anzahl von Pächtern ein großes
Stück wilden Landes zur Einfriedigung und Bebauung, indem er dafür nur
einen nomineller Pachtschilling beansprucht. Nach zwanzig Jahren haben die
Leute durch ihren Fleiß das wilde Land in eine ergiebige Feldflur mit Wohn-
stütten verwandelt, und jetzt kommt der Besitzer und--verlangt einen hohen Pacht
sür Eigenthum, welches einzig und allein durch die Arbeit der Pächter Werth
gewonnen hat. Dies ist eine schreiende Unbilligkeit, die dadurch nicht besser
wird, daß das Gesetz sie erlaubt. Um diesem Mißbräuche zu steuern, empfiehlt
jener Bagwell eine Einrichtung, welche man das „Longfieldsche System" ge¬
nannt hat. Der Richter Longfield, ein Mann von conservativen Anschauungen
und wohlbekannt mit den Verhältnissen Irlands, macht den Vorschlag, wenn
ein Gutsherr den Pachtschilling steigern wolle, so solle der Pächter das Recht
haben, die Farm zu verlassen, zu gleicher Zeit aber befugt sein, als Entschädi¬
gung für das, was er an Geld und Arbeit auf sie verwendet, eine Summe zu
verlangen, die dem Siebensachen der erhöhten Rente gleichkäme. So würde der
Gutsherr ein Interesse daran haben, jeden Versuch zur Erpressung eines über¬
mäßigen Pachtschillings zu unterlassen, da dieser für den Fall, daß der Pächter
die Stelle freiwillig aufgeben wollte, der Maßstab für dessen Recht auf Ent¬
schädigung sein würde. Andrerseits würde, falls der Pächter sich weigerte, die
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