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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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sie den einen körperlich, den andern geistig zerstörte, und wie sie den vater¬
landsmüden Hölderlin durch die Länder peitschte.

Trotz des scherzhaften Tones, den der anschlägt, haben wir es in
dieser Juden sit^-Lvnool mit einer ernsthaften, vielleicht verheerenden Erscheinung
zu thun, welche Jung-England zu ergreifen droht wie die Muscardine den
Seidenwurm, und welche in dem kräftigen von Reichthum strotzenden Körper
dieses Volkes in der That eine Intensität entwickelt, gegen welche die Werther¬
zeit in Deutschland Mondschein genannt werden kann. Diese Schule hat eine
eigenthümlich zersetzte Gesellschaft zum Hintergrunde, ans der sie floriert wie
der Schimmel. Eine Ouida mit ihren halb französisch und italienisch geschriebenen
Romanen giebt uus das psychologische oder pathologische Bild derselben. Ihr
eigentlicher Dichter aber ist Swinburne. Er ist das Prototyp für Cimabue
Brown, der sich abquält in seinen Gedichten "den Schatten eines Traums" zu
einer Art von betäubender Essenz zu concentrieren. Im Folgenden geben wir
eine Uebersetzung einiger für ihn charakteristischer Verse aus seinen Gedichten
und Balladen:


Alles vergeht! Nichts das gewesen, ist.
Gutes und Schlechtes läuft auf eins hinaus.
Kann's anders sein, obwohl die Leute schwören.
Mit Gott zum Freund sei alles wohlgethan?

Und wiederum:


Komm', was da mag, was will, mag werden,
Eins halte fest, geliebt zu sein auf Erden.
Genoss'ne Liebe, bis der Tag verging,
Und deine Lipp' entfärbt hernieder hing!

Fast unübersetzbar, obgleich die deutsche Sprache doch durch die Torturen dich¬
terischer Abstractionen genugsam gequält und zugerichtet worden, ist folgender
Passus Swinburnescher Nachtgedanken:


Kiek lire^ins "nel hö,ä ot s äull äslixb.t --
I'or obs-t "Kali it xrotit, vlisn insu "rs <tsaä,
?o Ks,of äiSÄiusä to Iig,ve lovsü vnd. tlo south wliols nigin,
?o K",ok I00K01Z lor as.z? vlisn ed.v as,z? is usa!

Hier treibt der Zeitdichter die Apostasie noch weiter: "Wozu," sagt er,
"diese eklen Träume, bei welchen uns ein dumpfes Vergnügen betrübt? Denn
was nützt es nach dem Tode, geträumt zu haben, daß man geliebt habe mit
der ganzen Kraft seiner Seele! Auch die Liebe ist Einbildung" u. s. w.

Die Evangelisten der Intensität zweifeln den Werth des Lebens an. Es
ist indessen nur ein magenkatarrhalischer Zweifel. Es sind schwächliche Naturen,


sie den einen körperlich, den andern geistig zerstörte, und wie sie den vater¬
landsmüden Hölderlin durch die Länder peitschte.

Trotz des scherzhaften Tones, den der anschlägt, haben wir es in
dieser Juden sit^-Lvnool mit einer ernsthaften, vielleicht verheerenden Erscheinung
zu thun, welche Jung-England zu ergreifen droht wie die Muscardine den
Seidenwurm, und welche in dem kräftigen von Reichthum strotzenden Körper
dieses Volkes in der That eine Intensität entwickelt, gegen welche die Werther¬
zeit in Deutschland Mondschein genannt werden kann. Diese Schule hat eine
eigenthümlich zersetzte Gesellschaft zum Hintergrunde, ans der sie floriert wie
der Schimmel. Eine Ouida mit ihren halb französisch und italienisch geschriebenen
Romanen giebt uus das psychologische oder pathologische Bild derselben. Ihr
eigentlicher Dichter aber ist Swinburne. Er ist das Prototyp für Cimabue
Brown, der sich abquält in seinen Gedichten „den Schatten eines Traums" zu
einer Art von betäubender Essenz zu concentrieren. Im Folgenden geben wir
eine Uebersetzung einiger für ihn charakteristischer Verse aus seinen Gedichten
und Balladen:


Alles vergeht! Nichts das gewesen, ist.
Gutes und Schlechtes läuft auf eins hinaus.
Kann's anders sein, obwohl die Leute schwören.
Mit Gott zum Freund sei alles wohlgethan?

Und wiederum:


Komm', was da mag, was will, mag werden,
Eins halte fest, geliebt zu sein auf Erden.
Genoss'ne Liebe, bis der Tag verging,
Und deine Lipp' entfärbt hernieder hing!

Fast unübersetzbar, obgleich die deutsche Sprache doch durch die Torturen dich¬
terischer Abstractionen genugsam gequält und zugerichtet worden, ist folgender
Passus Swinburnescher Nachtgedanken:


Kiek lire^ins »nel hö,ä ot s äull äslixb.t —
I'or obs-t «Kali it xrotit, vlisn insu »rs <tsaä,
?o Ks,of äiSÄiusä to Iig,ve lovsü vnd. tlo south wliols nigin,
?o K»,ok I00K01Z lor as.z? vlisn ed.v as,z? is usa!

Hier treibt der Zeitdichter die Apostasie noch weiter: „Wozu," sagt er,
„diese eklen Träume, bei welchen uns ein dumpfes Vergnügen betrübt? Denn
was nützt es nach dem Tode, geträumt zu haben, daß man geliebt habe mit
der ganzen Kraft seiner Seele! Auch die Liebe ist Einbildung" u. s. w.

Die Evangelisten der Intensität zweifeln den Werth des Lebens an. Es
ist indessen nur ein magenkatarrhalischer Zweifel. Es sind schwächliche Naturen,


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[0282] sie den einen körperlich, den andern geistig zerstörte, und wie sie den vater¬ landsmüden Hölderlin durch die Länder peitschte. Trotz des scherzhaften Tones, den der anschlägt, haben wir es in dieser Juden sit^-Lvnool mit einer ernsthaften, vielleicht verheerenden Erscheinung zu thun, welche Jung-England zu ergreifen droht wie die Muscardine den Seidenwurm, und welche in dem kräftigen von Reichthum strotzenden Körper dieses Volkes in der That eine Intensität entwickelt, gegen welche die Werther¬ zeit in Deutschland Mondschein genannt werden kann. Diese Schule hat eine eigenthümlich zersetzte Gesellschaft zum Hintergrunde, ans der sie floriert wie der Schimmel. Eine Ouida mit ihren halb französisch und italienisch geschriebenen Romanen giebt uus das psychologische oder pathologische Bild derselben. Ihr eigentlicher Dichter aber ist Swinburne. Er ist das Prototyp für Cimabue Brown, der sich abquält in seinen Gedichten „den Schatten eines Traums" zu einer Art von betäubender Essenz zu concentrieren. Im Folgenden geben wir eine Uebersetzung einiger für ihn charakteristischer Verse aus seinen Gedichten und Balladen: Alles vergeht! Nichts das gewesen, ist. Gutes und Schlechtes läuft auf eins hinaus. Kann's anders sein, obwohl die Leute schwören. Mit Gott zum Freund sei alles wohlgethan? Und wiederum: Komm', was da mag, was will, mag werden, Eins halte fest, geliebt zu sein auf Erden. Genoss'ne Liebe, bis der Tag verging, Und deine Lipp' entfärbt hernieder hing! Fast unübersetzbar, obgleich die deutsche Sprache doch durch die Torturen dich¬ terischer Abstractionen genugsam gequält und zugerichtet worden, ist folgender Passus Swinburnescher Nachtgedanken: Kiek lire^ins »nel hö,ä ot s äull äslixb.t — I'or obs-t «Kali it xrotit, vlisn insu »rs <tsaä, ?o Ks,of äiSÄiusä to Iig,ve lovsü vnd. tlo south wliols nigin, ?o K»,ok I00K01Z lor as.z? vlisn ed.v as,z? is usa! Hier treibt der Zeitdichter die Apostasie noch weiter: „Wozu," sagt er, „diese eklen Träume, bei welchen uns ein dumpfes Vergnügen betrübt? Denn was nützt es nach dem Tode, geträumt zu haben, daß man geliebt habe mit der ganzen Kraft seiner Seele! Auch die Liebe ist Einbildung" u. s. w. Die Evangelisten der Intensität zweifeln den Werth des Lebens an. Es ist indessen nur ein magenkatarrhalischer Zweifel. Es sind schwächliche Naturen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/282>, abgerufen am 28.12.2024.