Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.eher zufrieden geben, als bis wir das letzte Kettenglied zerstört haben, das Im Hinblick auf diesen Stand der Dinge verlangt denn auch der größte Und doch ist offenbar Gefahr im Verzüge. Die Staatsmänner, die in *) Inzwischen ist die Anklage gegen 19 Führer der Landliga erhoben worden, unter
denen sich die Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon, Snllioan Sexton und Biggar befinden. Dieselbe beschuldigt die Angeklagten, daß sie sich verschworen, um die Pächter an der Be¬ zahlung des gesetzlichen Pachtzinses zu hindern, und außerdem, den Grundherren durch Zusammenlaufe großer Volksmassen die Einziehung jenes Zinses und das Verpachten ihrer Landstellcu unmöglich gemacht, sowie aufreizende Reden gegen diejenigen geführt zu haben, welche ihren Pachtschilling abzutragen oder leerstehende Pachtungen in Pacht zu nehmen ge¬ willt gewesen. eher zufrieden geben, als bis wir das letzte Kettenglied zerstört haben, das Im Hinblick auf diesen Stand der Dinge verlangt denn auch der größte Und doch ist offenbar Gefahr im Verzüge. Die Staatsmänner, die in *) Inzwischen ist die Anklage gegen 19 Führer der Landliga erhoben worden, unter
denen sich die Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon, Snllioan Sexton und Biggar befinden. Dieselbe beschuldigt die Angeklagten, daß sie sich verschworen, um die Pächter an der Be¬ zahlung des gesetzlichen Pachtzinses zu hindern, und außerdem, den Grundherren durch Zusammenlaufe großer Volksmassen die Einziehung jenes Zinses und das Verpachten ihrer Landstellcu unmöglich gemacht, sowie aufreizende Reden gegen diejenigen geführt zu haben, welche ihren Pachtschilling abzutragen oder leerstehende Pachtungen in Pacht zu nehmen ge¬ willt gewesen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0259" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147906"/> <p xml:id="ID_705" prev="#ID_704"> eher zufrieden geben, als bis wir das letzte Kettenglied zerstört haben, das<lb/> Irland an England gefesselt hält." Hier haben wir die Erklärung der Agita¬<lb/> tion der irischen Landliga in den eignen Worten ihres Hauptführers. Sie be¬<lb/> ansprucht ein gesetzliches Recht, bedient sich aber des Mordes und des gesell¬<lb/> schaftlichen Terrorismus als der Mittel und zielt schließlich auf einen hochver-<lb/> rätherischen Zweck hinaus. Es giebt in England Leute, welche meinen, man<lb/> müsse abwarten, was sich aus ihr entwickeln werde, aber ebenso gut könnte man<lb/> die Vertheidiger einer Stadt bitten, ihre Ausfälle und ihr Feuer so lange aufzu¬<lb/> schieben, bis die Belagerer ihre Laufgräben vollendet und ihre Batterien armiert<lb/> hätten.</p><lb/> <p xml:id="ID_706"> Im Hinblick auf diesen Stand der Dinge verlangt denn auch der größte<lb/> Theil der englischen Presse, der liberalen wie der conservativen, von der Regie¬<lb/> rung sofortiges Einschreiten gegen die Führer der Bewegung, die ihr Haupt¬<lb/> organ in der irischen Landliga hat. Herr Gladstone und sein College Forster<lb/> aber zögern. Sie haben bis jetzt nichts gethan, als daß sie die Polizeimann¬<lb/> schaften in den Grafschaften Mayo und Galway verstärkt, und daß sie in Cork<lb/> die Verhaftung Timothy Healys, des Privatsecretärs Parnells, verfügt haben,<lb/> weil er sich der Einschüchterung eines Farmers schuldig gemacht hat, der dem<lb/> »ungeschriebenen Gesetze" der Liga nicht gehorcht haben sollte. Wenn aber ferner<lb/> der Geheimrath des Vicekönigs in Dublin auf Grund eines Gutachtens der<lb/> irischen Kronjuristen den Beschluß gefaßt haben sollte, gegen die Leiter der Agi¬<lb/> tation, und zwar in erster Linie gegen Parnell, Dillon, Bigger, Sexton und<lb/> O'Connor, den Proceß wegen Aufruhrs und Verschwörung einzuleiten, so hat<lb/> sich dies bis jetzt (Anfang November) nicht bestätigt.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_707" next="#ID_708"> Und doch ist offenbar Gefahr im Verzüge. Die Staatsmänner, die in<lb/> Irland verantwortliche Stellungen bekleiden, dürfen nicht länger mit heitrer<lb/> Würde wie die alten Götter des Olymp über der Verwirrung sitzen und „über<lb/> verwüsteten Gefilden in der Verborgenheit lächeln". Sie müssen sich zu energi¬<lb/> schem Handeln entschließen, zunächst innerhalb des Rahmens der bestehenden<lb/> Gesetze, dann, wenn dies nicht ausreichen sollte, außerhalb desselben. Es ist<lb/> Möglich, daß eine gerichtliche Verfolgung der Wühler ohne Erfolg bleibt, und<lb/> so möchten wir uns den Stimmen der conservativen Presse Englands cmschlie-</p><lb/> <note xml:id="FID_12" place="foot"> *) Inzwischen ist die Anklage gegen 19 Führer der Landliga erhoben worden, unter<lb/> denen sich die Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon, Snllioan Sexton und Biggar befinden.<lb/> Dieselbe beschuldigt die Angeklagten, daß sie sich verschworen, um die Pächter an der Be¬<lb/> zahlung des gesetzlichen Pachtzinses zu hindern, und außerdem, den Grundherren durch<lb/> Zusammenlaufe großer Volksmassen die Einziehung jenes Zinses und das Verpachten ihrer<lb/> Landstellcu unmöglich gemacht, sowie aufreizende Reden gegen diejenigen geführt zu haben,<lb/> welche ihren Pachtschilling abzutragen oder leerstehende Pachtungen in Pacht zu nehmen ge¬<lb/> willt gewesen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0259]
eher zufrieden geben, als bis wir das letzte Kettenglied zerstört haben, das
Irland an England gefesselt hält." Hier haben wir die Erklärung der Agita¬
tion der irischen Landliga in den eignen Worten ihres Hauptführers. Sie be¬
ansprucht ein gesetzliches Recht, bedient sich aber des Mordes und des gesell¬
schaftlichen Terrorismus als der Mittel und zielt schließlich auf einen hochver-
rätherischen Zweck hinaus. Es giebt in England Leute, welche meinen, man
müsse abwarten, was sich aus ihr entwickeln werde, aber ebenso gut könnte man
die Vertheidiger einer Stadt bitten, ihre Ausfälle und ihr Feuer so lange aufzu¬
schieben, bis die Belagerer ihre Laufgräben vollendet und ihre Batterien armiert
hätten.
Im Hinblick auf diesen Stand der Dinge verlangt denn auch der größte
Theil der englischen Presse, der liberalen wie der conservativen, von der Regie¬
rung sofortiges Einschreiten gegen die Führer der Bewegung, die ihr Haupt¬
organ in der irischen Landliga hat. Herr Gladstone und sein College Forster
aber zögern. Sie haben bis jetzt nichts gethan, als daß sie die Polizeimann¬
schaften in den Grafschaften Mayo und Galway verstärkt, und daß sie in Cork
die Verhaftung Timothy Healys, des Privatsecretärs Parnells, verfügt haben,
weil er sich der Einschüchterung eines Farmers schuldig gemacht hat, der dem
»ungeschriebenen Gesetze" der Liga nicht gehorcht haben sollte. Wenn aber ferner
der Geheimrath des Vicekönigs in Dublin auf Grund eines Gutachtens der
irischen Kronjuristen den Beschluß gefaßt haben sollte, gegen die Leiter der Agi¬
tation, und zwar in erster Linie gegen Parnell, Dillon, Bigger, Sexton und
O'Connor, den Proceß wegen Aufruhrs und Verschwörung einzuleiten, so hat
sich dies bis jetzt (Anfang November) nicht bestätigt.*)
Und doch ist offenbar Gefahr im Verzüge. Die Staatsmänner, die in
Irland verantwortliche Stellungen bekleiden, dürfen nicht länger mit heitrer
Würde wie die alten Götter des Olymp über der Verwirrung sitzen und „über
verwüsteten Gefilden in der Verborgenheit lächeln". Sie müssen sich zu energi¬
schem Handeln entschließen, zunächst innerhalb des Rahmens der bestehenden
Gesetze, dann, wenn dies nicht ausreichen sollte, außerhalb desselben. Es ist
Möglich, daß eine gerichtliche Verfolgung der Wühler ohne Erfolg bleibt, und
so möchten wir uns den Stimmen der conservativen Presse Englands cmschlie-
*) Inzwischen ist die Anklage gegen 19 Führer der Landliga erhoben worden, unter
denen sich die Parlamentsmitglieder Parnell, Dillon, Snllioan Sexton und Biggar befinden.
Dieselbe beschuldigt die Angeklagten, daß sie sich verschworen, um die Pächter an der Be¬
zahlung des gesetzlichen Pachtzinses zu hindern, und außerdem, den Grundherren durch
Zusammenlaufe großer Volksmassen die Einziehung jenes Zinses und das Verpachten ihrer
Landstellcu unmöglich gemacht, sowie aufreizende Reden gegen diejenigen geführt zu haben,
welche ihren Pachtschilling abzutragen oder leerstehende Pachtungen in Pacht zu nehmen ge¬
willt gewesen.
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