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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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war zweimal in dieser Angelegenheit in Paris, wo er übrigens aufs beste unter¬
stützt und seine Arbeit höchlich bewundert wurde. Der Druck begann im Sommer
1822, im September 1823 erschien die erste Lieferung des Werkes, die den
Text und die fünf ersten Tafeln enthielt. Im Jahre 1831, ein Jahr vor
Goethes Tode, war das ganze Werk vollendet. Es führt den Titel: "An¬
sichten, Risse und einzelne Theile des Domes zu Köln" nebst
"Geschichte und Beschreibung des D. z. K." und enthält 18 prachtvolle
Kupfertafeln in größtem Format. Der Text, welcher den Dom wissenschaftlich
beschreibt und erklärt und seine Geschichte darstellt, hatte Boisseree nach zwölf¬
jähriger Vorarbeit im Juni 1821 vollendet.

Dieses Prachtwerk hatte den verdienten Erfolg und erregte überall hohe
Bewunderung; nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Auslande
erhielt Boisseree Beweise vollster Anerkennung. Goethe schrieb an ihn u.a.
"Jedermann beschaute diese Blätter mit dem größten Antheil und wahrhaftig
mit Ehrfurcht; Fürsten und Fürstinnen, Künstler und Laien, alles erfreute sich
über die Möglichkeit, ein solches Unternehmen durchzuführen."

Niemand wird sich wundern, daß ein solches Werk damals das lebhafteste
Interesse für altdeutsche Baukunst und insbesondere für den Kölner Dom wachrief.
Und dies Interesse wuchs seit jener Zeit immer mehr. Auch die beiden anderen
großen Werke, die "Sammlung alt-, nieder- und oberdeutscher Gemälde der
Brüder Boisseree, in Lithographie mit Text" (1832) von den Brüdern gemein¬
sam herausgegeben, und die "Denkmäler der Baukunst am Niederrhein" (1833)
mit 72 lithographischen Tafeln, von Sulpiz Boisseree, waren lebhafte Förde¬
rungsmittel für das Interesse und das Studium altdeutscher Kunst. Auch sand
das Beispiel der Boisserces Nachahmung, und die Literatur über altdeutsche
Kunst begann aufzubinden. Die Zeiten hatten sich merkwürdig geändert. Was
bis vor kurzem in der ganzen gebildeten Welt als barbarischer Ungeschmack ge¬
golten, wurde jetzt bewundert, und den Dom, den man 1801 auf deu Abbruch
verkaufen wollte, wollte man jetzt ausbauen. Dieser Gedanke setzte sich seit den
zwanziger Jahren fest. Mit Entschiedenheit und auf praktischer Grundlage
wurde er zuerst ausgesprochen und festgehalten von dem hochverdienten Dom¬
baumeister Ernst Zwirn er (geb. 1802 zu Jakobswalde in Schlesien), der
nach Ahlerts Tod im Jahre 1833 die Leitung der Restaurationsarbeiten am
Dome übernommen hatte. Dieser machte die ersten Vorschläge und Entwürfe
zum Ausbau, die nachher allgemein gebilligt wurden.

Anfang der vierziger Jahre hatte der Gedanke der Vollendung des Domes
bei den Fürsten wie beim Volke schon feste Wurzel geschlagen, man war begei¬
stert dafür und betrachtete dieselbe für eine Ehrensache der deutschen Nation.
Der entscheidende Schritt geschah aber durch König Friedrich Wilhelm IV.,


war zweimal in dieser Angelegenheit in Paris, wo er übrigens aufs beste unter¬
stützt und seine Arbeit höchlich bewundert wurde. Der Druck begann im Sommer
1822, im September 1823 erschien die erste Lieferung des Werkes, die den
Text und die fünf ersten Tafeln enthielt. Im Jahre 1831, ein Jahr vor
Goethes Tode, war das ganze Werk vollendet. Es führt den Titel: „An¬
sichten, Risse und einzelne Theile des Domes zu Köln" nebst
„Geschichte und Beschreibung des D. z. K." und enthält 18 prachtvolle
Kupfertafeln in größtem Format. Der Text, welcher den Dom wissenschaftlich
beschreibt und erklärt und seine Geschichte darstellt, hatte Boisseree nach zwölf¬
jähriger Vorarbeit im Juni 1821 vollendet.

Dieses Prachtwerk hatte den verdienten Erfolg und erregte überall hohe
Bewunderung; nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Auslande
erhielt Boisseree Beweise vollster Anerkennung. Goethe schrieb an ihn u.a.
„Jedermann beschaute diese Blätter mit dem größten Antheil und wahrhaftig
mit Ehrfurcht; Fürsten und Fürstinnen, Künstler und Laien, alles erfreute sich
über die Möglichkeit, ein solches Unternehmen durchzuführen."

Niemand wird sich wundern, daß ein solches Werk damals das lebhafteste
Interesse für altdeutsche Baukunst und insbesondere für den Kölner Dom wachrief.
Und dies Interesse wuchs seit jener Zeit immer mehr. Auch die beiden anderen
großen Werke, die „Sammlung alt-, nieder- und oberdeutscher Gemälde der
Brüder Boisseree, in Lithographie mit Text" (1832) von den Brüdern gemein¬
sam herausgegeben, und die „Denkmäler der Baukunst am Niederrhein" (1833)
mit 72 lithographischen Tafeln, von Sulpiz Boisseree, waren lebhafte Förde¬
rungsmittel für das Interesse und das Studium altdeutscher Kunst. Auch sand
das Beispiel der Boisserces Nachahmung, und die Literatur über altdeutsche
Kunst begann aufzubinden. Die Zeiten hatten sich merkwürdig geändert. Was
bis vor kurzem in der ganzen gebildeten Welt als barbarischer Ungeschmack ge¬
golten, wurde jetzt bewundert, und den Dom, den man 1801 auf deu Abbruch
verkaufen wollte, wollte man jetzt ausbauen. Dieser Gedanke setzte sich seit den
zwanziger Jahren fest. Mit Entschiedenheit und auf praktischer Grundlage
wurde er zuerst ausgesprochen und festgehalten von dem hochverdienten Dom¬
baumeister Ernst Zwirn er (geb. 1802 zu Jakobswalde in Schlesien), der
nach Ahlerts Tod im Jahre 1833 die Leitung der Restaurationsarbeiten am
Dome übernommen hatte. Dieser machte die ersten Vorschläge und Entwürfe
zum Ausbau, die nachher allgemein gebilligt wurden.

Anfang der vierziger Jahre hatte der Gedanke der Vollendung des Domes
bei den Fürsten wie beim Volke schon feste Wurzel geschlagen, man war begei¬
stert dafür und betrachtete dieselbe für eine Ehrensache der deutschen Nation.
Der entscheidende Schritt geschah aber durch König Friedrich Wilhelm IV.,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/155>, abgerufen am 28.12.2024.