Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Meister Gerhard gestorben sein. Er hinterließ seinen Kindern ein ziemlich be¬
deutendes Vermögen.

Unter Meister Gerhard also wurde der Ban des Chores begonnen. Die
Zeit des Beginnes läßt sich nicht genan bestimmen; sehr wahrscheinlich ist es,
daß zur Zeit der Grundsteinlegung, mit der man sich beeilt hatte, die Vorbe¬
reitungen zum Bau selbst noch in Rückstand waren. Dagegen wissen wir, daß
jedenfalls vor dem Jahre 1251 mit dem Bau begonnen wurde, denn eine Ur-
kunde aus diesem Jahre spricht bereits von der Entschädigung für die zum
Dombau niedergerissener Häuser.

In den ersten Jahrzehnten machte der Bau bedeutende Fortschritte; die
große Billigkeit aller Existenzmittel erleichterte damals die Förderung der Arbeit.
Dann aber wurde der Bau dadurch gehemmt, daß zwischen Erzbischof Engel¬
bert II. und der Stadt Köln heftige Fehden ausbrachen, die zuletzt durch Theil¬
nahme der Fürsten und Großen bedeutende Dimensionen annahmen. Durch die
Kriegsunruhen und den Geldmangel der Erzbischöfe, die ihren Schatz im Kriege
verbrauchten, mußte der Bau aufgehalten werden. Erst von Anfang des 14.
Jahrhunderts an kam er wieder in lebhafteren Gang. An der Spitze desselben
stand von 1279-1308 der schon genannte Meister Arnold, von 1308 bis 1330
oder 31 sein Sohn, Meister Johannes, der in großer Achtung stand.*)

Im Jahre 1322, also 74 Jahre nach der Grundsteinlegung war der Chor
vollendet und wurde am 27. September im Beisein vieler Bischöfe feierlich
eingeweiht, wobei der Reliqnienschrein der heiligen drei Könige in ihn über¬
tragen wurde. Der vollendete Theil, nach Osten gerichtet, nahm zwei Fünftel
der für das ganze Gebäude bestimmten Länge ein.

Nach Vollendung des Chores begann der Abbruch des alten Langhauses,
und der Bau wurde dann, wie aus einer Urkunde von 1325 hervorgeht, un-
unterbrochen fortgesetzt. Die Freude über die Vollendung des Chores brachte
neuen Eiser zum Weiterbau; es entstand eine neue, stärkere Begeisterung, und
allenthalben wurden mit großem Erfolg Sammlungen veranstaltet. Unter Lei¬
tung des schon erwähnten Meister Johannes, in welchem Schnaase und seine
Anhänger den Schöpfer des nach ihrer Ansicht ungefähr ums Jahr 1320 ent¬
standenen Planes des übrigen Domes erblicken, wurde am Bau des Querschiffes,
des Langhauses und des südlichen Thurmes rüstig weitergearbeitet. Diese eifrige
Bauthätigkeit wurde aber wieder gelähmt, als die beim Sammeln hervorgetre¬
tenen Mißbräuche viele von ferneren Schenkungen abschreckten, anch wieder neue
Streitigkeiten zwischen Erzbischof, Stadt und Fürsten ausbrachen. Im Jahre
1388 wurde ein Theil des Langhauses provisorisch dein kirchlichen Gebrauche



*) Die genauen Zahleneingaben sind nenerdings festgestellt worden.

Meister Gerhard gestorben sein. Er hinterließ seinen Kindern ein ziemlich be¬
deutendes Vermögen.

Unter Meister Gerhard also wurde der Ban des Chores begonnen. Die
Zeit des Beginnes läßt sich nicht genan bestimmen; sehr wahrscheinlich ist es,
daß zur Zeit der Grundsteinlegung, mit der man sich beeilt hatte, die Vorbe¬
reitungen zum Bau selbst noch in Rückstand waren. Dagegen wissen wir, daß
jedenfalls vor dem Jahre 1251 mit dem Bau begonnen wurde, denn eine Ur-
kunde aus diesem Jahre spricht bereits von der Entschädigung für die zum
Dombau niedergerissener Häuser.

In den ersten Jahrzehnten machte der Bau bedeutende Fortschritte; die
große Billigkeit aller Existenzmittel erleichterte damals die Förderung der Arbeit.
Dann aber wurde der Bau dadurch gehemmt, daß zwischen Erzbischof Engel¬
bert II. und der Stadt Köln heftige Fehden ausbrachen, die zuletzt durch Theil¬
nahme der Fürsten und Großen bedeutende Dimensionen annahmen. Durch die
Kriegsunruhen und den Geldmangel der Erzbischöfe, die ihren Schatz im Kriege
verbrauchten, mußte der Bau aufgehalten werden. Erst von Anfang des 14.
Jahrhunderts an kam er wieder in lebhafteren Gang. An der Spitze desselben
stand von 1279-1308 der schon genannte Meister Arnold, von 1308 bis 1330
oder 31 sein Sohn, Meister Johannes, der in großer Achtung stand.*)

Im Jahre 1322, also 74 Jahre nach der Grundsteinlegung war der Chor
vollendet und wurde am 27. September im Beisein vieler Bischöfe feierlich
eingeweiht, wobei der Reliqnienschrein der heiligen drei Könige in ihn über¬
tragen wurde. Der vollendete Theil, nach Osten gerichtet, nahm zwei Fünftel
der für das ganze Gebäude bestimmten Länge ein.

Nach Vollendung des Chores begann der Abbruch des alten Langhauses,
und der Bau wurde dann, wie aus einer Urkunde von 1325 hervorgeht, un-
unterbrochen fortgesetzt. Die Freude über die Vollendung des Chores brachte
neuen Eiser zum Weiterbau; es entstand eine neue, stärkere Begeisterung, und
allenthalben wurden mit großem Erfolg Sammlungen veranstaltet. Unter Lei¬
tung des schon erwähnten Meister Johannes, in welchem Schnaase und seine
Anhänger den Schöpfer des nach ihrer Ansicht ungefähr ums Jahr 1320 ent¬
standenen Planes des übrigen Domes erblicken, wurde am Bau des Querschiffes,
des Langhauses und des südlichen Thurmes rüstig weitergearbeitet. Diese eifrige
Bauthätigkeit wurde aber wieder gelähmt, als die beim Sammeln hervorgetre¬
tenen Mißbräuche viele von ferneren Schenkungen abschreckten, anch wieder neue
Streitigkeiten zwischen Erzbischof, Stadt und Fürsten ausbrachen. Im Jahre
1388 wurde ein Theil des Langhauses provisorisch dein kirchlichen Gebrauche



*) Die genauen Zahleneingaben sind nenerdings festgestellt worden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147796"/>
          <p xml:id="ID_410" prev="#ID_409"> Meister Gerhard gestorben sein. Er hinterließ seinen Kindern ein ziemlich be¬<lb/>
deutendes Vermögen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_411"> Unter Meister Gerhard also wurde der Ban des Chores begonnen. Die<lb/>
Zeit des Beginnes läßt sich nicht genan bestimmen; sehr wahrscheinlich ist es,<lb/>
daß zur Zeit der Grundsteinlegung, mit der man sich beeilt hatte, die Vorbe¬<lb/>
reitungen zum Bau selbst noch in Rückstand waren. Dagegen wissen wir, daß<lb/>
jedenfalls vor dem Jahre 1251 mit dem Bau begonnen wurde, denn eine Ur-<lb/>
kunde aus diesem Jahre spricht bereits von der Entschädigung für die zum<lb/>
Dombau niedergerissener Häuser.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_412"> In den ersten Jahrzehnten machte der Bau bedeutende Fortschritte; die<lb/>
große Billigkeit aller Existenzmittel erleichterte damals die Förderung der Arbeit.<lb/>
Dann aber wurde der Bau dadurch gehemmt, daß zwischen Erzbischof Engel¬<lb/>
bert II. und der Stadt Köln heftige Fehden ausbrachen, die zuletzt durch Theil¬<lb/>
nahme der Fürsten und Großen bedeutende Dimensionen annahmen. Durch die<lb/>
Kriegsunruhen und den Geldmangel der Erzbischöfe, die ihren Schatz im Kriege<lb/>
verbrauchten, mußte der Bau aufgehalten werden. Erst von Anfang des 14.<lb/>
Jahrhunderts an kam er wieder in lebhafteren Gang. An der Spitze desselben<lb/>
stand von 1279-1308 der schon genannte Meister Arnold, von 1308 bis 1330<lb/>
oder 31 sein Sohn, Meister Johannes, der in großer Achtung stand.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_413"> Im Jahre 1322, also 74 Jahre nach der Grundsteinlegung war der Chor<lb/>
vollendet und wurde am 27. September im Beisein vieler Bischöfe feierlich<lb/>
eingeweiht, wobei der Reliqnienschrein der heiligen drei Könige in ihn über¬<lb/>
tragen wurde. Der vollendete Theil, nach Osten gerichtet, nahm zwei Fünftel<lb/>
der für das ganze Gebäude bestimmten Länge ein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_414" next="#ID_415"> Nach Vollendung des Chores begann der Abbruch des alten Langhauses,<lb/>
und der Bau wurde dann, wie aus einer Urkunde von 1325 hervorgeht, un-<lb/>
unterbrochen fortgesetzt. Die Freude über die Vollendung des Chores brachte<lb/>
neuen Eiser zum Weiterbau; es entstand eine neue, stärkere Begeisterung, und<lb/>
allenthalben wurden mit großem Erfolg Sammlungen veranstaltet. Unter Lei¬<lb/>
tung des schon erwähnten Meister Johannes, in welchem Schnaase und seine<lb/>
Anhänger den Schöpfer des nach ihrer Ansicht ungefähr ums Jahr 1320 ent¬<lb/>
standenen Planes des übrigen Domes erblicken, wurde am Bau des Querschiffes,<lb/>
des Langhauses und des südlichen Thurmes rüstig weitergearbeitet. Diese eifrige<lb/>
Bauthätigkeit wurde aber wieder gelähmt, als die beim Sammeln hervorgetre¬<lb/>
tenen Mißbräuche viele von ferneren Schenkungen abschreckten, anch wieder neue<lb/>
Streitigkeiten zwischen Erzbischof, Stadt und Fürsten ausbrachen. Im Jahre<lb/>
1388 wurde ein Theil des Langhauses provisorisch dein kirchlichen Gebrauche</p><lb/>
          <note xml:id="FID_6" place="foot"> *) Die genauen Zahleneingaben sind nenerdings festgestellt worden.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0149] Meister Gerhard gestorben sein. Er hinterließ seinen Kindern ein ziemlich be¬ deutendes Vermögen. Unter Meister Gerhard also wurde der Ban des Chores begonnen. Die Zeit des Beginnes läßt sich nicht genan bestimmen; sehr wahrscheinlich ist es, daß zur Zeit der Grundsteinlegung, mit der man sich beeilt hatte, die Vorbe¬ reitungen zum Bau selbst noch in Rückstand waren. Dagegen wissen wir, daß jedenfalls vor dem Jahre 1251 mit dem Bau begonnen wurde, denn eine Ur- kunde aus diesem Jahre spricht bereits von der Entschädigung für die zum Dombau niedergerissener Häuser. In den ersten Jahrzehnten machte der Bau bedeutende Fortschritte; die große Billigkeit aller Existenzmittel erleichterte damals die Förderung der Arbeit. Dann aber wurde der Bau dadurch gehemmt, daß zwischen Erzbischof Engel¬ bert II. und der Stadt Köln heftige Fehden ausbrachen, die zuletzt durch Theil¬ nahme der Fürsten und Großen bedeutende Dimensionen annahmen. Durch die Kriegsunruhen und den Geldmangel der Erzbischöfe, die ihren Schatz im Kriege verbrauchten, mußte der Bau aufgehalten werden. Erst von Anfang des 14. Jahrhunderts an kam er wieder in lebhafteren Gang. An der Spitze desselben stand von 1279-1308 der schon genannte Meister Arnold, von 1308 bis 1330 oder 31 sein Sohn, Meister Johannes, der in großer Achtung stand.*) Im Jahre 1322, also 74 Jahre nach der Grundsteinlegung war der Chor vollendet und wurde am 27. September im Beisein vieler Bischöfe feierlich eingeweiht, wobei der Reliqnienschrein der heiligen drei Könige in ihn über¬ tragen wurde. Der vollendete Theil, nach Osten gerichtet, nahm zwei Fünftel der für das ganze Gebäude bestimmten Länge ein. Nach Vollendung des Chores begann der Abbruch des alten Langhauses, und der Bau wurde dann, wie aus einer Urkunde von 1325 hervorgeht, un- unterbrochen fortgesetzt. Die Freude über die Vollendung des Chores brachte neuen Eiser zum Weiterbau; es entstand eine neue, stärkere Begeisterung, und allenthalben wurden mit großem Erfolg Sammlungen veranstaltet. Unter Lei¬ tung des schon erwähnten Meister Johannes, in welchem Schnaase und seine Anhänger den Schöpfer des nach ihrer Ansicht ungefähr ums Jahr 1320 ent¬ standenen Planes des übrigen Domes erblicken, wurde am Bau des Querschiffes, des Langhauses und des südlichen Thurmes rüstig weitergearbeitet. Diese eifrige Bauthätigkeit wurde aber wieder gelähmt, als die beim Sammeln hervorgetre¬ tenen Mißbräuche viele von ferneren Schenkungen abschreckten, anch wieder neue Streitigkeiten zwischen Erzbischof, Stadt und Fürsten ausbrachen. Im Jahre 1388 wurde ein Theil des Langhauses provisorisch dein kirchlichen Gebrauche *) Die genauen Zahleneingaben sind nenerdings festgestellt worden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/149
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/149>, abgerufen am 28.12.2024.