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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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war, ob sie die eigentlichen Grundzüge, insbesondere die Fünfschiffigkeit von
Krenz- und Langhaus betrafen, das bleibt immer wieder die Frage.

Eines ist sicher: Wenn dem Ban des ganzen Domes ein einheitlich in den
Jahren 1247 oder 1248 entstandener Plan zu Grunde lag, so erlitt derselbe
doch in vieler Beziehung, wenn nicht auch in seinen Grundzügen, im Laufe der
Zeit Modificationen, die den sich verändernden Stilprincipien entsprechen. Der
Plan ist mit dem Weiterschreiten des Domes gewachsen und weiter entwickelt
worden. Die Originalpläne, die wir heute besitzen, sind jedenfalls von deu
Plänen, die 1247 und 1248 entworfen wurden, verschieden. An der Bildung
des Einzelnen lassen sich sehr deutlich die verschiedenen Epochen der Bau-
führung unterscheiden, insbesondere bei den Pfeilern, den Strebebogen, den
Ornamenten. Der Plan der Fac/abe und der Thürme, deren System wesentlich
von dem der übrigen Theile abweicht, muß frühestens im 14. Jahrhundert nach
den damaligen Bauprineipien entworfen und, wenn ein älterer Plan existierte,
an dessen Stelle gesetzt worden sein. Eine so consequente Durchführung des
Vertiealismus, der rein verticalen Gliederung, wie wir sie bei Fayaden und
Thürmen finden, war nnr in der Spätgothik, nicht vor dem 14. Jahrhundert
möglich.

Schließlich ist es auch kaum zu bezweifeln, daß ein Plan aus der Mitte
des 13. Jahrhunderts sich nicht mit unsern heutigen, vollkommen ausge¬
führten Plänen vergleichen läßt, sondern sich wohl ans einfache Andeutung der
Grundzüge beschränkte, wobei dann einer späteren Ausführung viel freier
Spielraum blieb; vielleicht wurde zunächst bloß ein einfacher Grundriß entwor¬
fen. Einer der größten praktischen Kenner gothischer Baukunst, Oberbaurath
Schmidt in Wien, ist zu der Ueberzeugung gelangt, das man im 13. Jahr¬
hundert "Pläne, wie wir sie gegenwärtig anfertigen, gar nicht gekannt" und erst
im 14. oder 15. Jahrhundert angefangen habe, Planzeichnungen auf Pergament
auszuführen. Und diese waren, wie die in Straßburg, Wien und anderwärts
aufgefundenen beweisen, nach unseren Begriffen sehr unvollkommen. Das also
ist gewiß, ein Plan des ganzen Domes aus den Jahren 1247 und 48 war
jedenfalls kein fix und fertiger.

Wer, das ist nun die nächste Frage, wer war der Schöpfer des Planes
-- sei es nun von dem Entwürfe des Ganzen oder bloß von dem Plane des
Chores -- und, was damit zusammenfällt, wer war der erste Dombaumeister?
Auch hierüber schwankte man lange. Einige dachten an keinen Geringeren
als an den großen Gelehrten Albertus Mngnns (Albert von Bollstädt), der
von 1249--60 im Dominikanerkloster in Köln lebte. Dieser besaß vielleicht
architektonische Kenntnisse, aber jedenfalls war der gelehrte, literarisch productive
Mann kein praktischer Künstler und Techniker, und ein solcher gehörte doch zu


war, ob sie die eigentlichen Grundzüge, insbesondere die Fünfschiffigkeit von
Krenz- und Langhaus betrafen, das bleibt immer wieder die Frage.

Eines ist sicher: Wenn dem Ban des ganzen Domes ein einheitlich in den
Jahren 1247 oder 1248 entstandener Plan zu Grunde lag, so erlitt derselbe
doch in vieler Beziehung, wenn nicht auch in seinen Grundzügen, im Laufe der
Zeit Modificationen, die den sich verändernden Stilprincipien entsprechen. Der
Plan ist mit dem Weiterschreiten des Domes gewachsen und weiter entwickelt
worden. Die Originalpläne, die wir heute besitzen, sind jedenfalls von deu
Plänen, die 1247 und 1248 entworfen wurden, verschieden. An der Bildung
des Einzelnen lassen sich sehr deutlich die verschiedenen Epochen der Bau-
führung unterscheiden, insbesondere bei den Pfeilern, den Strebebogen, den
Ornamenten. Der Plan der Fac/abe und der Thürme, deren System wesentlich
von dem der übrigen Theile abweicht, muß frühestens im 14. Jahrhundert nach
den damaligen Bauprineipien entworfen und, wenn ein älterer Plan existierte,
an dessen Stelle gesetzt worden sein. Eine so consequente Durchführung des
Vertiealismus, der rein verticalen Gliederung, wie wir sie bei Fayaden und
Thürmen finden, war nnr in der Spätgothik, nicht vor dem 14. Jahrhundert
möglich.

Schließlich ist es auch kaum zu bezweifeln, daß ein Plan aus der Mitte
des 13. Jahrhunderts sich nicht mit unsern heutigen, vollkommen ausge¬
führten Plänen vergleichen läßt, sondern sich wohl ans einfache Andeutung der
Grundzüge beschränkte, wobei dann einer späteren Ausführung viel freier
Spielraum blieb; vielleicht wurde zunächst bloß ein einfacher Grundriß entwor¬
fen. Einer der größten praktischen Kenner gothischer Baukunst, Oberbaurath
Schmidt in Wien, ist zu der Ueberzeugung gelangt, das man im 13. Jahr¬
hundert „Pläne, wie wir sie gegenwärtig anfertigen, gar nicht gekannt" und erst
im 14. oder 15. Jahrhundert angefangen habe, Planzeichnungen auf Pergament
auszuführen. Und diese waren, wie die in Straßburg, Wien und anderwärts
aufgefundenen beweisen, nach unseren Begriffen sehr unvollkommen. Das also
ist gewiß, ein Plan des ganzen Domes aus den Jahren 1247 und 48 war
jedenfalls kein fix und fertiger.

Wer, das ist nun die nächste Frage, wer war der Schöpfer des Planes
— sei es nun von dem Entwürfe des Ganzen oder bloß von dem Plane des
Chores -- und, was damit zusammenfällt, wer war der erste Dombaumeister?
Auch hierüber schwankte man lange. Einige dachten an keinen Geringeren
als an den großen Gelehrten Albertus Mngnns (Albert von Bollstädt), der
von 1249—60 im Dominikanerkloster in Köln lebte. Dieser besaß vielleicht
architektonische Kenntnisse, aber jedenfalls war der gelehrte, literarisch productive
Mann kein praktischer Künstler und Techniker, und ein solcher gehörte doch zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/123>, abgerufen am 28.12.2024.