Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.Elemente zu machen, und andererseits staatsfeindliche Elemente zu Vertheidigern Weit unerklärlicher als der Widerstand des Centrums mußte für die Staats- Elemente zu machen, und andererseits staatsfeindliche Elemente zu Vertheidigern Weit unerklärlicher als der Widerstand des Centrums mußte für die Staats- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147178"/> <p xml:id="ID_237" prev="#ID_236"> Elemente zu machen, und andererseits staatsfeindliche Elemente zu Vertheidigern<lb/> der Ansprüche der Curie, weil diese Elemente in der Vertheidigung jener An¬<lb/> sprüche einen wirksamen Stützpunkt für die Verfolgung ihrer auflösenden, deutsch¬<lb/> feindlichen Bestrebungen gewinnen. Ein wesentliches Ziel aller Friedensbestre¬<lb/> bungen des Staates muß darin bestehen, dem Centrum diese Position zu ent¬<lb/> reißen, es zu nöthigen, auf die mit Hilfe des Klerus bewirkte Mobilmachung<lb/> der fälschlich geängstigten Gläubigen zu verzichten und sich offen zu bestimmten<lb/> politischen Bestrebungen zu bekennen, welche jetzt unter der Devise, in die alles<lb/> hineingeht, für Wahrheit, Freiheit und Recht verhüllt werden und in deuen die<lb/> unverträglichsten Bestandtheile zur Erschütterung des Staates vou deu verschie¬<lb/> densten Seiten her verwende werden. Es ist Entstellung, wenn der Regierung<lb/> nachgesagt wird, sie wolle das Centrum mit Hilfe des Papstes in ihre Dienste<lb/> ziehen. Was die Regierung bei jedem Friedensschluß mit der Curie verlangen<lb/> müßte, ist nur dieses, daß der Papst den Klerus uicht weiter autorisire, die<lb/> Wahlthätigkeit der Gläubigen in den Dienst der politischen deutsch-feindlichen<lb/> Bestrebungen des Centrums zu stellen und die Fiction einer verfolgte:: Kirche<lb/> trotz des geschlossenen Friedens aufrecht zu halten. Gerade weil das Centrum<lb/> die Gefahr für seine Position erkennt, die in jedem Friedensschluß liegt, wird<lb/> es sich nie zum wahren Förderer von Friedensbestrebungen machen. Das hat<lb/> sich auch diesmal gezeigt. Das Centrum stellte als Bedingung seiner Annahme<lb/> der Vorlage nur die uach dem Ausspruch der „Germania" maßvolle Forderung,<lb/> daß die Spendung der Sacramente völlig freigegeben werde. Damit wäre die<lb/> ordnungsmäßige Anstellung von Geistlichen überflüssig, die Bürgschaften, welche<lb/> der Staat bei derselben verlangen muß, wären vernichtet, ein päpstliches Heer<lb/> staatsfremder Geistlichen wäre geschaffen und damit einer der heißesten Wünsche<lb/> des Ultramontanismus erfüllt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_238" next="#ID_239"> Weit unerklärlicher als der Widerstand des Centrums mußte für die Staats-<lb/> regierung das Mißtrauen sein, welches die uationalliberale Partei der Vorlage<lb/> entgegenbrachte. Es ist doch nicht gut möglich, eine Widerlegung der Annahme zu<lb/> versuchen, daß die Staatsregierung unter der Führung des Fürsten Bismarck<lb/> den Paß nach Canossa verlangt habe, und ebenso komisch wäre die Widerlegung<lb/> des daran geknüpften weiteren Argwohns, daß ein Bündniß mit dem Centrum<lb/> gegen die Nationalliberalen habe geschlossen werden sollen. „Wenn man sich<lb/> an diese und jene Aeußerung erinnert," heißt es in einer neueren viel beachteten<lb/> Zuschrift an Herrn v. Bennigsen, „welche noch im Mai und Juni 1866 über<lb/> den unseligen Abenteurer und die Aussichten des Krieges gethan wurden, so<lb/> schämt mau sich noch heute, daß man diesen Urtheilen irgend ein Gewicht bei¬<lb/> legen konnte. Aber die gesammte nationale und liberale Partei war blind und<lb/> taub für die Wirklichkeit, hielt für verzweifeltes Spiel, ja für Wahnwitz, was</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
Elemente zu machen, und andererseits staatsfeindliche Elemente zu Vertheidigern
der Ansprüche der Curie, weil diese Elemente in der Vertheidigung jener An¬
sprüche einen wirksamen Stützpunkt für die Verfolgung ihrer auflösenden, deutsch¬
feindlichen Bestrebungen gewinnen. Ein wesentliches Ziel aller Friedensbestre¬
bungen des Staates muß darin bestehen, dem Centrum diese Position zu ent¬
reißen, es zu nöthigen, auf die mit Hilfe des Klerus bewirkte Mobilmachung
der fälschlich geängstigten Gläubigen zu verzichten und sich offen zu bestimmten
politischen Bestrebungen zu bekennen, welche jetzt unter der Devise, in die alles
hineingeht, für Wahrheit, Freiheit und Recht verhüllt werden und in deuen die
unverträglichsten Bestandtheile zur Erschütterung des Staates vou deu verschie¬
densten Seiten her verwende werden. Es ist Entstellung, wenn der Regierung
nachgesagt wird, sie wolle das Centrum mit Hilfe des Papstes in ihre Dienste
ziehen. Was die Regierung bei jedem Friedensschluß mit der Curie verlangen
müßte, ist nur dieses, daß der Papst den Klerus uicht weiter autorisire, die
Wahlthätigkeit der Gläubigen in den Dienst der politischen deutsch-feindlichen
Bestrebungen des Centrums zu stellen und die Fiction einer verfolgte:: Kirche
trotz des geschlossenen Friedens aufrecht zu halten. Gerade weil das Centrum
die Gefahr für seine Position erkennt, die in jedem Friedensschluß liegt, wird
es sich nie zum wahren Förderer von Friedensbestrebungen machen. Das hat
sich auch diesmal gezeigt. Das Centrum stellte als Bedingung seiner Annahme
der Vorlage nur die uach dem Ausspruch der „Germania" maßvolle Forderung,
daß die Spendung der Sacramente völlig freigegeben werde. Damit wäre die
ordnungsmäßige Anstellung von Geistlichen überflüssig, die Bürgschaften, welche
der Staat bei derselben verlangen muß, wären vernichtet, ein päpstliches Heer
staatsfremder Geistlichen wäre geschaffen und damit einer der heißesten Wünsche
des Ultramontanismus erfüllt worden.
Weit unerklärlicher als der Widerstand des Centrums mußte für die Staats-
regierung das Mißtrauen sein, welches die uationalliberale Partei der Vorlage
entgegenbrachte. Es ist doch nicht gut möglich, eine Widerlegung der Annahme zu
versuchen, daß die Staatsregierung unter der Führung des Fürsten Bismarck
den Paß nach Canossa verlangt habe, und ebenso komisch wäre die Widerlegung
des daran geknüpften weiteren Argwohns, daß ein Bündniß mit dem Centrum
gegen die Nationalliberalen habe geschlossen werden sollen. „Wenn man sich
an diese und jene Aeußerung erinnert," heißt es in einer neueren viel beachteten
Zuschrift an Herrn v. Bennigsen, „welche noch im Mai und Juni 1866 über
den unseligen Abenteurer und die Aussichten des Krieges gethan wurden, so
schämt mau sich noch heute, daß man diesen Urtheilen irgend ein Gewicht bei¬
legen konnte. Aber die gesammte nationale und liberale Partei war blind und
taub für die Wirklichkeit, hielt für verzweifeltes Spiel, ja für Wahnwitz, was
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