Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.gestalten in Lebensgröße geschickt, welche die englischen Maler mit so viel Zu den Fremden müssen wir auch den Ungarn Michael Munkacsy und Grenzboten III. 1330. 64
gestalten in Lebensgröße geschickt, welche die englischen Maler mit so viel Zu den Fremden müssen wir auch den Ungarn Michael Munkacsy und Grenzboten III. 1330. 64
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gestalten in Lebensgröße geschickt, welche die englischen Maler mit so viel
Grazie, Zartheit und Galanterie auf die Leinwand zu zaubern wissen, daß die
Künstler der übrigen Nationen auf diesem Gebiete mit ihnen vergeblich rivali-
siren. Wir haben auf der Pariser Weltausstellung eine ganze Reihe solcher
liebreizenden Mädchenfiguren gesehen, die sich meist in einer lachenden Land¬
schaft bewegen, ohne daß hinter dem Bilde eine tiefsinnige Bedeutung zu suchen
ist, harmonisch abgeschlossene Existenzen, deren heitere, sorglose Stirnen noch
durch keinen Sturm des Lebens getrübt sind. Storeys junge Dame, die sich
zum Kirchgang rüstet, und Gordons „Winter", keine frostige Allegorie, sondern
ein hübsches rosiges Kind in winterlicher Landschaft, sind zwar keine hervor¬
ragenden, aber immerhin charakteristische Proben dieser Gattung, welche in der
englischen Malerei eine bedeutende Rolle spielt. Tiefer angelegt und auch tech¬
nisch vollendeter ist Marian Corliers (London) Genrebild „Die Sünden der
Väter". In einem wüsten Gemach, in welchem Karten, Tabakspfeifen und Gläser
wild umherliegen, sieht man zwei kaum zehnjährige Mädchen beim Kartenspiel.
Ihre bleichen Angesichter röthet die fieberhafte Leidenschaft, der sie sich nach
dem Vorbilde der Erwachsenen widerstandslos überlassen haben.
Zu den Fremden müssen wir auch den Ungarn Michael Munkacsy und
den Böhmen Vacslav Brozik, beide in Paris lebend, rechnen, obwohl beide
aus deutschen Schulen hervorgegangen sind, Munkacsy aus der Düsseldorfer,
Brozik aus derjenigen Pilotys. Während sich aber Munkacsy auch in künst¬
lerischem Sinne naturalisirt hat, ist Brozik auch in Paris der Pilotyschüler ge¬
blieben, der gern mit großen Massen operirt und seine größte Freude an reichen
Prachtgewändern hat. Im Pariser „Salon" von 1878 sah man zuerst eine jetzt
nach Berlin gelangte figurenreiche Composition „Die Gesandten des Königs
Ladislaus von Ungarn am Hofe Karls VII. von Frankreich" (1457). Die Ge¬
sandtschaft bezweckte eine Werbung um Magdalena, die Tochter des Königs, und
war demgemäß sehr zahlreich und mit gewaltigem Pompe ausgerüstet, welcher
auch auf dem Bilde zu breiter Entfaltung kommt. Der König thront auf der
linken Seite des Bildes, von seinem Hofstaate umgeben, und nimmt die ehr¬
furchtsvollen Grüße des Führers der Gesandtschaft, welcher das Beglaubigungs¬
schreiben überreicht, entgegen. Seine Tochter hat sich erhoben und ist mit ein¬
ladender Geberde auf die Gesandten zugeschritten, die in respectvoller Entfernung
vom Könige stehen geblieben sind. Durch den letzten Umstand ist nun freilich
die Composition stark aus dem Gleichgewicht gerathen: rechts drängt sich hinter
den Führern der Gesandtschaft ihr Gefolge, Männer und Frauen, in dichten
Massen durch die Thür, während auf der Seite des Königs eine gewisse Oede
herrscht, welche auch coloristisch durch die rothen Gewänder der Cardinäle nicht
bemäntelt wird. Man merkt es der polnisch-ungarischen Seite an, daß hier
Grenzboten III. 1330. 64
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