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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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afrika wird von nun an das bisher fast werthlose Fleisch seiner zahllosen Schafe
ans diesem Wege verwerthen können.

Das amerikanische Fleisch verkauft sich in England mit 5 bis 6 Pence.
Das australische Fleisch, Hammel- oder Rindfleisch, kostet an Ort und Stelle
kaum 1^2 Pence das englische Pfund; rechnet man dazu die Transport- und
Handelsunkosten mit höchstens ebenso viel, so erhält man einen Preis von 3
Pence für das Pfund. In den La-Plata-Ländern kostet das Pfund wenig
mehr als 1 Pence, so daß sein Preis in England auf 2'/z Pence sich stellen
wird. Aber selbst diese niedrigen Preise wird die Concurrenz noch erheblich
ermäßigen. Und wenn gleich dieser ganze Handel im wesentlichen anf dem Küh-
lungssystem durch comprimirte Luft beruht und ohne dasselbe in der Ausdeh¬
nung, wie sie für die Volksernährung Europas erfordert wird, kaum denkbar
ist, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch noch andere Factoren
diesem Handel sehr zu statten kommen-

Einen überaus wichtigen Factor allen Waarenhandels bilden die Trans¬
portkosten. Nun liegen aber eine ganze Reihe von Momenten vor, welche noth¬
wendig das Billigwerden des Seetransportes befördern müssen. Zunächst hat
der Schiffsbau in letzter Zeit große Veränderungen erfahren. Vor wenigen
Jahren noch galten Schiffe von 1500 bis 2000 Tons Tragkraft für sehr groß;
heute sind 3000 Tons die Regel, und Schisse von 5400 Tons wie der Orient
sind schon keine Seltenheit mehr. Bekanntlich stehen aber Rauminhalt und
Tragfähigkeit eines Schiffes zum Frachttarif des Schiffsgutes in umgekehrtem
Verhältniß. Ferner ist das Baumaterial der Schiffe erheblich billiger geworden
als früher. Im Jahre 1873 kostete in England die Tonne Roheisen 6 Pfd.
7 Schilling, heute etwa 2 Pfd. Sterling; eiserne Schienen kosteten 1873 13^ Pfd.
Sterling, heute kosten Bessemer Stahlschienen etwa 5 Pfd. Sterling. So con-
struirt man bereits die Schiffe ganz aus Stahl, und doch stellen sich dieselben
billiger als eiserne Schiffe, weil Stahl geringere Stärken der Constructions-
profile zuläßt als Eisen, und weil die Reparaturkosten stählerner Schiffe im
Verhältniß zu denen der eisernen kaum in Betracht kommen. Ein Beispiel
wird diese Preisabnahme beim Bau eiserner Schiffe recht klar machen: Der
vorerwähnte Orient mit 5400 Tons würde 1873 circa 100000 Pfd. Sterling
gekostet haben; heute dürfte er etwa 50000 Pfd. Sterling kosten. Dazukommt
weiter, daß die Schiffsmaschinen in letzter Zeit so vervollkommnet worden sind,
daß sie nur noch 40 Procent derjenigen Kohlenmasse verbrauchen, die sie etwa
vor 10 Jahren verbrauchten, und dabei sind die Kohlenpreise selbst sehr erheblich
zurückgegangen. Das alles aber ist noch nicht das Wichtigste. Dies liegt vielmehr
darin, daß durch den jetzigen Minderverbrauch an Kohlen die Ladungsfähigkeit
der Schiffe bedeutend großer wird, weil der Raum, den früher die jetzt ent-


afrika wird von nun an das bisher fast werthlose Fleisch seiner zahllosen Schafe
ans diesem Wege verwerthen können.

Das amerikanische Fleisch verkauft sich in England mit 5 bis 6 Pence.
Das australische Fleisch, Hammel- oder Rindfleisch, kostet an Ort und Stelle
kaum 1^2 Pence das englische Pfund; rechnet man dazu die Transport- und
Handelsunkosten mit höchstens ebenso viel, so erhält man einen Preis von 3
Pence für das Pfund. In den La-Plata-Ländern kostet das Pfund wenig
mehr als 1 Pence, so daß sein Preis in England auf 2'/z Pence sich stellen
wird. Aber selbst diese niedrigen Preise wird die Concurrenz noch erheblich
ermäßigen. Und wenn gleich dieser ganze Handel im wesentlichen anf dem Küh-
lungssystem durch comprimirte Luft beruht und ohne dasselbe in der Ausdeh¬
nung, wie sie für die Volksernährung Europas erfordert wird, kaum denkbar
ist, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch noch andere Factoren
diesem Handel sehr zu statten kommen-

Einen überaus wichtigen Factor allen Waarenhandels bilden die Trans¬
portkosten. Nun liegen aber eine ganze Reihe von Momenten vor, welche noth¬
wendig das Billigwerden des Seetransportes befördern müssen. Zunächst hat
der Schiffsbau in letzter Zeit große Veränderungen erfahren. Vor wenigen
Jahren noch galten Schiffe von 1500 bis 2000 Tons Tragkraft für sehr groß;
heute sind 3000 Tons die Regel, und Schisse von 5400 Tons wie der Orient
sind schon keine Seltenheit mehr. Bekanntlich stehen aber Rauminhalt und
Tragfähigkeit eines Schiffes zum Frachttarif des Schiffsgutes in umgekehrtem
Verhältniß. Ferner ist das Baumaterial der Schiffe erheblich billiger geworden
als früher. Im Jahre 1873 kostete in England die Tonne Roheisen 6 Pfd.
7 Schilling, heute etwa 2 Pfd. Sterling; eiserne Schienen kosteten 1873 13^ Pfd.
Sterling, heute kosten Bessemer Stahlschienen etwa 5 Pfd. Sterling. So con-
struirt man bereits die Schiffe ganz aus Stahl, und doch stellen sich dieselben
billiger als eiserne Schiffe, weil Stahl geringere Stärken der Constructions-
profile zuläßt als Eisen, und weil die Reparaturkosten stählerner Schiffe im
Verhältniß zu denen der eisernen kaum in Betracht kommen. Ein Beispiel
wird diese Preisabnahme beim Bau eiserner Schiffe recht klar machen: Der
vorerwähnte Orient mit 5400 Tons würde 1873 circa 100000 Pfd. Sterling
gekostet haben; heute dürfte er etwa 50000 Pfd. Sterling kosten. Dazukommt
weiter, daß die Schiffsmaschinen in letzter Zeit so vervollkommnet worden sind,
daß sie nur noch 40 Procent derjenigen Kohlenmasse verbrauchen, die sie etwa
vor 10 Jahren verbrauchten, und dabei sind die Kohlenpreise selbst sehr erheblich
zurückgegangen. Das alles aber ist noch nicht das Wichtigste. Dies liegt vielmehr
darin, daß durch den jetzigen Minderverbrauch an Kohlen die Ladungsfähigkeit
der Schiffe bedeutend großer wird, weil der Raum, den früher die jetzt ent-


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[0495] afrika wird von nun an das bisher fast werthlose Fleisch seiner zahllosen Schafe ans diesem Wege verwerthen können. Das amerikanische Fleisch verkauft sich in England mit 5 bis 6 Pence. Das australische Fleisch, Hammel- oder Rindfleisch, kostet an Ort und Stelle kaum 1^2 Pence das englische Pfund; rechnet man dazu die Transport- und Handelsunkosten mit höchstens ebenso viel, so erhält man einen Preis von 3 Pence für das Pfund. In den La-Plata-Ländern kostet das Pfund wenig mehr als 1 Pence, so daß sein Preis in England auf 2'/z Pence sich stellen wird. Aber selbst diese niedrigen Preise wird die Concurrenz noch erheblich ermäßigen. Und wenn gleich dieser ganze Handel im wesentlichen anf dem Küh- lungssystem durch comprimirte Luft beruht und ohne dasselbe in der Ausdeh¬ nung, wie sie für die Volksernährung Europas erfordert wird, kaum denkbar ist, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch noch andere Factoren diesem Handel sehr zu statten kommen- Einen überaus wichtigen Factor allen Waarenhandels bilden die Trans¬ portkosten. Nun liegen aber eine ganze Reihe von Momenten vor, welche noth¬ wendig das Billigwerden des Seetransportes befördern müssen. Zunächst hat der Schiffsbau in letzter Zeit große Veränderungen erfahren. Vor wenigen Jahren noch galten Schiffe von 1500 bis 2000 Tons Tragkraft für sehr groß; heute sind 3000 Tons die Regel, und Schisse von 5400 Tons wie der Orient sind schon keine Seltenheit mehr. Bekanntlich stehen aber Rauminhalt und Tragfähigkeit eines Schiffes zum Frachttarif des Schiffsgutes in umgekehrtem Verhältniß. Ferner ist das Baumaterial der Schiffe erheblich billiger geworden als früher. Im Jahre 1873 kostete in England die Tonne Roheisen 6 Pfd. 7 Schilling, heute etwa 2 Pfd. Sterling; eiserne Schienen kosteten 1873 13^ Pfd. Sterling, heute kosten Bessemer Stahlschienen etwa 5 Pfd. Sterling. So con- struirt man bereits die Schiffe ganz aus Stahl, und doch stellen sich dieselben billiger als eiserne Schiffe, weil Stahl geringere Stärken der Constructions- profile zuläßt als Eisen, und weil die Reparaturkosten stählerner Schiffe im Verhältniß zu denen der eisernen kaum in Betracht kommen. Ein Beispiel wird diese Preisabnahme beim Bau eiserner Schiffe recht klar machen: Der vorerwähnte Orient mit 5400 Tons würde 1873 circa 100000 Pfd. Sterling gekostet haben; heute dürfte er etwa 50000 Pfd. Sterling kosten. Dazukommt weiter, daß die Schiffsmaschinen in letzter Zeit so vervollkommnet worden sind, daß sie nur noch 40 Procent derjenigen Kohlenmasse verbrauchen, die sie etwa vor 10 Jahren verbrauchten, und dabei sind die Kohlenpreise selbst sehr erheblich zurückgegangen. Das alles aber ist noch nicht das Wichtigste. Dies liegt vielmehr darin, daß durch den jetzigen Minderverbrauch an Kohlen die Ladungsfähigkeit der Schiffe bedeutend großer wird, weil der Raum, den früher die jetzt ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/495>, abgerufen am 23.07.2024.