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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Ihre hohen Kosten haben zwar bisher ihrer allgemeinen Einführung im Wege
gestanden, es fällt dieser Umstand für den vorliegenden Zweck aber um so weniger
ins Gewicht, als die Maschinen der neuesten Construction, die Collmannschen,
sich bereits erheblich billiger herstellen lassen.

Genug, der erste durchschlagende Versuch ist bereits gemacht. Der erste
Importeur John Bell, von dem die Luftexpansionsmaschine für den Transport
von Amerika nach England bereits auf fünf Schiffen der "Anchor-Linie" einge¬
führt worden ist, hat vor kurzem auf dem Schiffe LtroMsvW eine kleine Fleisch¬
kammer von 120 Tons Raum versuchsweise mit solcher Luftkühlung versehen.
Dieses Schiff hat für Rechnung des Londoner Kaufhauses Mr. Uwraith, Me.
Eacharn <K Co. (Leadenhall Street 34) im vorigen November zu Melbourne
und Sydney das Fleisch von 60 Ochsen und 600 Schafen sowie 2 Tonnen
frische Butter eingenommen und hat dann auf dem Wege durch das Rothe und
Mittelmeer den Hasen von London erreicht. Die Temperatur des Meerwassers
erreichte während der Reise 83° Fahrenheit (47,2 Celsius). Trotzdem kamen
das Fleisch und die Butter am achtzigsten Tage nach Einnahme der Ladung
wohlbehalten an. Die Compressionsmaschine erhielt ihren Dampf aus dem
Schiffsdampflessel und arbeitete nur fünf Stunden täglich. Das Experiment ist
also durchaus als gelungen zu betrachten. In Folge davon hat sich in London
die Lolonial trsaed inkar Lowpan^, die Colonial-Frischfleisch-Gesellschaft gebildet,
mit einem Grundcapital von 200000 Psd. Sterling, zu deren Directoren der
Premierminister der Colonie Queensland gehört. Die Compagnie will zunächst
regelmäßig alle 14 Tage 200 Tons (4000 Ctr.) frisches Fleisch von Australien
nach England importiren. Wenn auch noch als ein fehr kleiner Anfang, so ist
diese Compagnie doch immerhin als ein Anfang zu begrüßen für die Provian-
tirung Europas mit frischem Fleisch. Auf den Dampfer LtriMlsvon, der frisches
Fleisch aus Australien nach London gebracht hatte, folgte der Dampfer
Ana/, welcher von La-Plata 10000 in den La-Plata-Staaten geschlachtete
Schafe nach Havre brachte, von wo sie wohlbehalten in den Markthallen von
Paris ankamen. Schon richtet man sich in den überseeischen Ländern auf diesen
Handel in großartigem Maßstabe ein, und verschiedene Gesellschaften sind in
der Bildung begriffen, welche den Fleischtransport im Großen betreiben wollen.
Anfang Oetober lief in Dunbarton der Lusiws ^.MM von Stapel, ein ganz
von Stahl gebautes Schiff von 4040 Raum-Tonnen, welches eigens zum Fleisch¬
transport von den La-Plata-Staaten gebaut wurde. In Milford wird zur
Zeit der bekannte (?rsa.t Mswru umgebaut, um Fleisch aus dem Golf von Mexiko,
also von der Missisippi-Mündung, nach England zu führen; er faßt 2500 Ochsen-
und 10000 Schaflvrper, also 1'/, Million Kilogramm Fleisch. Auch Süd-


Grenzvoten III. 1880. 6g

Ihre hohen Kosten haben zwar bisher ihrer allgemeinen Einführung im Wege
gestanden, es fällt dieser Umstand für den vorliegenden Zweck aber um so weniger
ins Gewicht, als die Maschinen der neuesten Construction, die Collmannschen,
sich bereits erheblich billiger herstellen lassen.

Genug, der erste durchschlagende Versuch ist bereits gemacht. Der erste
Importeur John Bell, von dem die Luftexpansionsmaschine für den Transport
von Amerika nach England bereits auf fünf Schiffen der „Anchor-Linie" einge¬
führt worden ist, hat vor kurzem auf dem Schiffe LtroMsvW eine kleine Fleisch¬
kammer von 120 Tons Raum versuchsweise mit solcher Luftkühlung versehen.
Dieses Schiff hat für Rechnung des Londoner Kaufhauses Mr. Uwraith, Me.
Eacharn <K Co. (Leadenhall Street 34) im vorigen November zu Melbourne
und Sydney das Fleisch von 60 Ochsen und 600 Schafen sowie 2 Tonnen
frische Butter eingenommen und hat dann auf dem Wege durch das Rothe und
Mittelmeer den Hasen von London erreicht. Die Temperatur des Meerwassers
erreichte während der Reise 83° Fahrenheit (47,2 Celsius). Trotzdem kamen
das Fleisch und die Butter am achtzigsten Tage nach Einnahme der Ladung
wohlbehalten an. Die Compressionsmaschine erhielt ihren Dampf aus dem
Schiffsdampflessel und arbeitete nur fünf Stunden täglich. Das Experiment ist
also durchaus als gelungen zu betrachten. In Folge davon hat sich in London
die Lolonial trsaed inkar Lowpan^, die Colonial-Frischfleisch-Gesellschaft gebildet,
mit einem Grundcapital von 200000 Psd. Sterling, zu deren Directoren der
Premierminister der Colonie Queensland gehört. Die Compagnie will zunächst
regelmäßig alle 14 Tage 200 Tons (4000 Ctr.) frisches Fleisch von Australien
nach England importiren. Wenn auch noch als ein fehr kleiner Anfang, so ist
diese Compagnie doch immerhin als ein Anfang zu begrüßen für die Provian-
tirung Europas mit frischem Fleisch. Auf den Dampfer LtriMlsvon, der frisches
Fleisch aus Australien nach London gebracht hatte, folgte der Dampfer
Ana/, welcher von La-Plata 10000 in den La-Plata-Staaten geschlachtete
Schafe nach Havre brachte, von wo sie wohlbehalten in den Markthallen von
Paris ankamen. Schon richtet man sich in den überseeischen Ländern auf diesen
Handel in großartigem Maßstabe ein, und verschiedene Gesellschaften sind in
der Bildung begriffen, welche den Fleischtransport im Großen betreiben wollen.
Anfang Oetober lief in Dunbarton der Lusiws ^.MM von Stapel, ein ganz
von Stahl gebautes Schiff von 4040 Raum-Tonnen, welches eigens zum Fleisch¬
transport von den La-Plata-Staaten gebaut wurde. In Milford wird zur
Zeit der bekannte (?rsa.t Mswru umgebaut, um Fleisch aus dem Golf von Mexiko,
also von der Missisippi-Mündung, nach England zu führen; er faßt 2500 Ochsen-
und 10000 Schaflvrper, also 1'/, Million Kilogramm Fleisch. Auch Süd-


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[0494] Ihre hohen Kosten haben zwar bisher ihrer allgemeinen Einführung im Wege gestanden, es fällt dieser Umstand für den vorliegenden Zweck aber um so weniger ins Gewicht, als die Maschinen der neuesten Construction, die Collmannschen, sich bereits erheblich billiger herstellen lassen. Genug, der erste durchschlagende Versuch ist bereits gemacht. Der erste Importeur John Bell, von dem die Luftexpansionsmaschine für den Transport von Amerika nach England bereits auf fünf Schiffen der „Anchor-Linie" einge¬ führt worden ist, hat vor kurzem auf dem Schiffe LtroMsvW eine kleine Fleisch¬ kammer von 120 Tons Raum versuchsweise mit solcher Luftkühlung versehen. Dieses Schiff hat für Rechnung des Londoner Kaufhauses Mr. Uwraith, Me. Eacharn <K Co. (Leadenhall Street 34) im vorigen November zu Melbourne und Sydney das Fleisch von 60 Ochsen und 600 Schafen sowie 2 Tonnen frische Butter eingenommen und hat dann auf dem Wege durch das Rothe und Mittelmeer den Hasen von London erreicht. Die Temperatur des Meerwassers erreichte während der Reise 83° Fahrenheit (47,2 Celsius). Trotzdem kamen das Fleisch und die Butter am achtzigsten Tage nach Einnahme der Ladung wohlbehalten an. Die Compressionsmaschine erhielt ihren Dampf aus dem Schiffsdampflessel und arbeitete nur fünf Stunden täglich. Das Experiment ist also durchaus als gelungen zu betrachten. In Folge davon hat sich in London die Lolonial trsaed inkar Lowpan^, die Colonial-Frischfleisch-Gesellschaft gebildet, mit einem Grundcapital von 200000 Psd. Sterling, zu deren Directoren der Premierminister der Colonie Queensland gehört. Die Compagnie will zunächst regelmäßig alle 14 Tage 200 Tons (4000 Ctr.) frisches Fleisch von Australien nach England importiren. Wenn auch noch als ein fehr kleiner Anfang, so ist diese Compagnie doch immerhin als ein Anfang zu begrüßen für die Provian- tirung Europas mit frischem Fleisch. Auf den Dampfer LtriMlsvon, der frisches Fleisch aus Australien nach London gebracht hatte, folgte der Dampfer Ana/, welcher von La-Plata 10000 in den La-Plata-Staaten geschlachtete Schafe nach Havre brachte, von wo sie wohlbehalten in den Markthallen von Paris ankamen. Schon richtet man sich in den überseeischen Ländern auf diesen Handel in großartigem Maßstabe ein, und verschiedene Gesellschaften sind in der Bildung begriffen, welche den Fleischtransport im Großen betreiben wollen. Anfang Oetober lief in Dunbarton der Lusiws ^.MM von Stapel, ein ganz von Stahl gebautes Schiff von 4040 Raum-Tonnen, welches eigens zum Fleisch¬ transport von den La-Plata-Staaten gebaut wurde. In Milford wird zur Zeit der bekannte (?rsa.t Mswru umgebaut, um Fleisch aus dem Golf von Mexiko, also von der Missisippi-Mündung, nach England zu führen; er faßt 2500 Ochsen- und 10000 Schaflvrper, also 1'/, Million Kilogramm Fleisch. Auch Süd- Grenzvoten III. 1880. 6g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/494>, abgerufen am 23.07.2024.