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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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schuldigen Beitrag zu dem höchst nöthigen Kirch- und Pfarrbau zu prästiren."
In derselben Beschwerdeschrift wird darüber geklagt, daß sie die Unterthanen
inhibire, den Pfarrhof in bewohnbaren Zustand zu versetzen, so daß der Pfarrer
wie der Kaplan ob ästsewrQ daditMonis sich in das angelegene Steinische
Dorf a.ä Wg.IsrQ Loelösiam haben ziehen und dort in einem schlechten Gärtner-
häuserl inisör-Mo sxistircm, müssen. Auch fange sie des Pfarrers Rindvieh,
wenn es von der Weide kommend an ihrem Hofe vorbeiziehe, durch einen Oder-
Muten auf und lasse es in dem Schloß verarrestiren. Dann habe sie ihren
Unterthanen unter Androhung großer Strafe die DsoiniÄS zu reichen verboten
und sogar sud eoramiQÄtiovö czarczörura dem Pfarrer sein auf dem Felde
stehendes Getreide zu beschneiden befohlen u. tgi. in. Ihr eheliches Leben war
derart, daß sie ihren Gemahl schon 1712, als er noch in der Blüthe des Lebens
stand, zu Tode geärgert hatte. Zwar soll sie bei seinem Tode sehr traurig ge¬
wesen und in Ohnmacht gefallen sein; als jedoch ein Bedienter Schwefel an¬
zündete und ihr diesen unter die Nase hielt, soll sie eine geladene Pistole, die
sie stets bei sich trug, ergriffen haben, um den Bedienten zu erschießen. Dieser
konnte sich nur dadurch retten, daß er ihr das Pistol aus der Hand schlug und
entfloh. Uebrigens wird von ihr erzählt, daß sie sehr lüderlich lebte, abergläu¬
bisch war und viel Branntwein trank.

Aus ihrer Ehe mit dem Grafen von Promnitz hatte sie außer einem Sohne
Balthasar Friedrich (geb. 1711), der bei seiner Großmutter, der Herzogin von
Weißenfels, erzogen wurde, eine Tochter, Maria Friederike (geb. 1712), die sie
bei sich behalten hatte. Daß die Gräfin zur Erziehung dieser ihrer Tochter
befähigt gewesen fein sollte, dürfte nach dem bereits Mitgetheilten wohl nie¬
mandem wahrscheinlich sein. In der That suchte die Herzogin von Weißenfels,
welche um ihre Enkel überaus besorgt war, Mittel und Wege zu finden, ihre
der argen Mutter überlassene Enkelin zu retten.

Diese war mit ihrer Mutter, welche sich zum zweiten Male verheirathet
hatte, aber in Folge ehebrecherischen Lebens von ihrem Gemahl, dem Grafen
von Callenberg, geschieden worden war, nach SteinaU gekommen und wurde
hier unter strenger Aufsicht gehalten. Wiederholte Bitten der Herzogin, ihr die
Enkelin zur Erziehung zu übergeben, blieben unberücksichtigt. Da erhielt die
Herzogin eines Tages von einem Ungenannten ein Schreiben, worin ihr mit¬
getheilt wurde, daß die Gräfin von Callenberg, deren wüstes Leben in den
grellsten Farben geschildert wurde, nach dem Kukusbade in Böhmen (nördlich
von Jaromirsz) zu reisen gedenke, welche Gelegenheit äußerst günstig sei, die
junge Gräfin erlösen. Man möge nur nach dem genannten Bade eine zuver¬
lässige Persönlichkeit schicken, der sich der Schreiber des Briefes entdecken werde.


schuldigen Beitrag zu dem höchst nöthigen Kirch- und Pfarrbau zu prästiren."
In derselben Beschwerdeschrift wird darüber geklagt, daß sie die Unterthanen
inhibire, den Pfarrhof in bewohnbaren Zustand zu versetzen, so daß der Pfarrer
wie der Kaplan ob ästsewrQ daditMonis sich in das angelegene Steinische
Dorf a.ä Wg.IsrQ Loelösiam haben ziehen und dort in einem schlechten Gärtner-
häuserl inisör-Mo sxistircm, müssen. Auch fange sie des Pfarrers Rindvieh,
wenn es von der Weide kommend an ihrem Hofe vorbeiziehe, durch einen Oder-
Muten auf und lasse es in dem Schloß verarrestiren. Dann habe sie ihren
Unterthanen unter Androhung großer Strafe die DsoiniÄS zu reichen verboten
und sogar sud eoramiQÄtiovö czarczörura dem Pfarrer sein auf dem Felde
stehendes Getreide zu beschneiden befohlen u. tgi. in. Ihr eheliches Leben war
derart, daß sie ihren Gemahl schon 1712, als er noch in der Blüthe des Lebens
stand, zu Tode geärgert hatte. Zwar soll sie bei seinem Tode sehr traurig ge¬
wesen und in Ohnmacht gefallen sein; als jedoch ein Bedienter Schwefel an¬
zündete und ihr diesen unter die Nase hielt, soll sie eine geladene Pistole, die
sie stets bei sich trug, ergriffen haben, um den Bedienten zu erschießen. Dieser
konnte sich nur dadurch retten, daß er ihr das Pistol aus der Hand schlug und
entfloh. Uebrigens wird von ihr erzählt, daß sie sehr lüderlich lebte, abergläu¬
bisch war und viel Branntwein trank.

Aus ihrer Ehe mit dem Grafen von Promnitz hatte sie außer einem Sohne
Balthasar Friedrich (geb. 1711), der bei seiner Großmutter, der Herzogin von
Weißenfels, erzogen wurde, eine Tochter, Maria Friederike (geb. 1712), die sie
bei sich behalten hatte. Daß die Gräfin zur Erziehung dieser ihrer Tochter
befähigt gewesen fein sollte, dürfte nach dem bereits Mitgetheilten wohl nie¬
mandem wahrscheinlich sein. In der That suchte die Herzogin von Weißenfels,
welche um ihre Enkel überaus besorgt war, Mittel und Wege zu finden, ihre
der argen Mutter überlassene Enkelin zu retten.

Diese war mit ihrer Mutter, welche sich zum zweiten Male verheirathet
hatte, aber in Folge ehebrecherischen Lebens von ihrem Gemahl, dem Grafen
von Callenberg, geschieden worden war, nach SteinaU gekommen und wurde
hier unter strenger Aufsicht gehalten. Wiederholte Bitten der Herzogin, ihr die
Enkelin zur Erziehung zu übergeben, blieben unberücksichtigt. Da erhielt die
Herzogin eines Tages von einem Ungenannten ein Schreiben, worin ihr mit¬
getheilt wurde, daß die Gräfin von Callenberg, deren wüstes Leben in den
grellsten Farben geschildert wurde, nach dem Kukusbade in Böhmen (nördlich
von Jaromirsz) zu reisen gedenke, welche Gelegenheit äußerst günstig sei, die
junge Gräfin erlösen. Man möge nur nach dem genannten Bade eine zuver¬
lässige Persönlichkeit schicken, der sich der Schreiber des Briefes entdecken werde.


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[0212] schuldigen Beitrag zu dem höchst nöthigen Kirch- und Pfarrbau zu prästiren." In derselben Beschwerdeschrift wird darüber geklagt, daß sie die Unterthanen inhibire, den Pfarrhof in bewohnbaren Zustand zu versetzen, so daß der Pfarrer wie der Kaplan ob ästsewrQ daditMonis sich in das angelegene Steinische Dorf a.ä Wg.IsrQ Loelösiam haben ziehen und dort in einem schlechten Gärtner- häuserl inisör-Mo sxistircm, müssen. Auch fange sie des Pfarrers Rindvieh, wenn es von der Weide kommend an ihrem Hofe vorbeiziehe, durch einen Oder- Muten auf und lasse es in dem Schloß verarrestiren. Dann habe sie ihren Unterthanen unter Androhung großer Strafe die DsoiniÄS zu reichen verboten und sogar sud eoramiQÄtiovö czarczörura dem Pfarrer sein auf dem Felde stehendes Getreide zu beschneiden befohlen u. tgi. in. Ihr eheliches Leben war derart, daß sie ihren Gemahl schon 1712, als er noch in der Blüthe des Lebens stand, zu Tode geärgert hatte. Zwar soll sie bei seinem Tode sehr traurig ge¬ wesen und in Ohnmacht gefallen sein; als jedoch ein Bedienter Schwefel an¬ zündete und ihr diesen unter die Nase hielt, soll sie eine geladene Pistole, die sie stets bei sich trug, ergriffen haben, um den Bedienten zu erschießen. Dieser konnte sich nur dadurch retten, daß er ihr das Pistol aus der Hand schlug und entfloh. Uebrigens wird von ihr erzählt, daß sie sehr lüderlich lebte, abergläu¬ bisch war und viel Branntwein trank. Aus ihrer Ehe mit dem Grafen von Promnitz hatte sie außer einem Sohne Balthasar Friedrich (geb. 1711), der bei seiner Großmutter, der Herzogin von Weißenfels, erzogen wurde, eine Tochter, Maria Friederike (geb. 1712), die sie bei sich behalten hatte. Daß die Gräfin zur Erziehung dieser ihrer Tochter befähigt gewesen fein sollte, dürfte nach dem bereits Mitgetheilten wohl nie¬ mandem wahrscheinlich sein. In der That suchte die Herzogin von Weißenfels, welche um ihre Enkel überaus besorgt war, Mittel und Wege zu finden, ihre der argen Mutter überlassene Enkelin zu retten. Diese war mit ihrer Mutter, welche sich zum zweiten Male verheirathet hatte, aber in Folge ehebrecherischen Lebens von ihrem Gemahl, dem Grafen von Callenberg, geschieden worden war, nach SteinaU gekommen und wurde hier unter strenger Aufsicht gehalten. Wiederholte Bitten der Herzogin, ihr die Enkelin zur Erziehung zu übergeben, blieben unberücksichtigt. Da erhielt die Herzogin eines Tages von einem Ungenannten ein Schreiben, worin ihr mit¬ getheilt wurde, daß die Gräfin von Callenberg, deren wüstes Leben in den grellsten Farben geschildert wurde, nach dem Kukusbade in Böhmen (nördlich von Jaromirsz) zu reisen gedenke, welche Gelegenheit äußerst günstig sei, die junge Gräfin erlösen. Man möge nur nach dem genannten Bade eine zuver¬ lässige Persönlichkeit schicken, der sich der Schreiber des Briefes entdecken werde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/212>, abgerufen am 18.06.2024.