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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Schulanstalt, die sogenannte Geauga-Akademie, zu besuchen. Von seiner Mutter
mit einigen Dollars unterstützt, trat er in diese Schule ein und verdiente sich
in seinen Freistunden theils als Zimmermann, theils als Lehrer die nöthigen
Existenzmittel. In Folge seiner robusten Körperconstitntion konnte er dies immer¬
hin sehr harte Leben ohne Schädigung seiner Gesundheit längere Zeit ertragen.
Dreiundzwanzig Jahre alt, bezog er das Williams-College, wo er 1856 mit
Ehren sein Examen bestand. Um diese Zeit schloß er sich der in religiöser Be¬
ziehung sehr freisinnigen Sekte der "Campbelliten" an, widmete sich aber im
Uebrigen dem Studium der Jurisprudenz und der Nationalökonomie. Im Jahre
1858 war er bereits in der Lage, sich mit Lucretia Rudolph, einer Farmers¬
tochter, zu verheirathen. Die durch die Selavenfrage veranlaßten Streitigkeiten
gaben ihm wiederholt Gelegenheit, öffentliche Reden zu halten, wodurch er so
an Popularität gewann, daß er 1859 in den Staatssenat von Ohio gewählt
wurde. Beim Ausbruch des Bürgerkrieges trat er als Oberst in die Unions¬
armee und zeichnete sich in verschiedenen Gefechten, namentlich aber in der blu¬
tigen Schlacht bei Chickcunauga, in dem Grade aus, daß er zum Generalmajor
ernannt wurde. Als er von einem Wahlkreise seines Geburtsstaates im Jahre
1862 in das Repräsentantenhaus des Congresses gewählt worden war, nahm
er seinen Abschied von der Armee und blieb, neunmal hinter einander gewählt,
Mitglied der Bundeslegislatur. Seit James G. Blaine in den Bundessenat
eingetreten war, übernahm er die Führerschaft der republikanischen Partei im
Repräsentantenhause. Er war ein warmer Unterstützer der Reformpolitik des
Präsidenten Hayes, namentlich in der so wichtigen Geldfrage, und trat, wo sich
ihm die Gelegenheit dazu darbot, mit ebenso großer Besonnenheit wie Energie
den partikularistisch-föderalistischen Gelüsten der demokratischen Partei entgegen.
Seiner äußeren Erscheinung nach ist Garfield ein hochgewachsener, breitschul¬
teriger Mann, mit breiter Stirn und starker Kopfbildung. Sein hellbraunes
Haar beginnt jetzt grau zu werden; aus seinen blauen Augen leuchten Wohl¬
wollen und Milde.

Der demokratische Präsideutschafts-Candidat Winfield S. Hancock ist
Soldat vom Scheitel bis zur Sohle. Er wurde am 14. Februar 1824 in
Montgomery-County im Staate Pennsylvanien geboren und kam schon in jungen
Jahren auf die bekannte Militärschule zu West Point. Nachdem er dort 1844
sein Ofsiciersexamen bestanden hatte, diente er bis 1346 an der Grenze, den
Indianern gegenüber. Im Kriege mit Mexiko nahm er Theil an verschiedenen
Gefechten, namentlich an den Schlachten bei Contreras und Cherubuseo. Von
1848 bis 1861 war er wieder an der Grenze und im südlichen Militärdistriet
von Californien thätig. Als univustreuer Demokrat wurde er im August des
letztgenannten Jahres nach dem Osten der Union berufen, kämpfte mit Aus-


Schulanstalt, die sogenannte Geauga-Akademie, zu besuchen. Von seiner Mutter
mit einigen Dollars unterstützt, trat er in diese Schule ein und verdiente sich
in seinen Freistunden theils als Zimmermann, theils als Lehrer die nöthigen
Existenzmittel. In Folge seiner robusten Körperconstitntion konnte er dies immer¬
hin sehr harte Leben ohne Schädigung seiner Gesundheit längere Zeit ertragen.
Dreiundzwanzig Jahre alt, bezog er das Williams-College, wo er 1856 mit
Ehren sein Examen bestand. Um diese Zeit schloß er sich der in religiöser Be¬
ziehung sehr freisinnigen Sekte der „Campbelliten" an, widmete sich aber im
Uebrigen dem Studium der Jurisprudenz und der Nationalökonomie. Im Jahre
1858 war er bereits in der Lage, sich mit Lucretia Rudolph, einer Farmers¬
tochter, zu verheirathen. Die durch die Selavenfrage veranlaßten Streitigkeiten
gaben ihm wiederholt Gelegenheit, öffentliche Reden zu halten, wodurch er so
an Popularität gewann, daß er 1859 in den Staatssenat von Ohio gewählt
wurde. Beim Ausbruch des Bürgerkrieges trat er als Oberst in die Unions¬
armee und zeichnete sich in verschiedenen Gefechten, namentlich aber in der blu¬
tigen Schlacht bei Chickcunauga, in dem Grade aus, daß er zum Generalmajor
ernannt wurde. Als er von einem Wahlkreise seines Geburtsstaates im Jahre
1862 in das Repräsentantenhaus des Congresses gewählt worden war, nahm
er seinen Abschied von der Armee und blieb, neunmal hinter einander gewählt,
Mitglied der Bundeslegislatur. Seit James G. Blaine in den Bundessenat
eingetreten war, übernahm er die Führerschaft der republikanischen Partei im
Repräsentantenhause. Er war ein warmer Unterstützer der Reformpolitik des
Präsidenten Hayes, namentlich in der so wichtigen Geldfrage, und trat, wo sich
ihm die Gelegenheit dazu darbot, mit ebenso großer Besonnenheit wie Energie
den partikularistisch-föderalistischen Gelüsten der demokratischen Partei entgegen.
Seiner äußeren Erscheinung nach ist Garfield ein hochgewachsener, breitschul¬
teriger Mann, mit breiter Stirn und starker Kopfbildung. Sein hellbraunes
Haar beginnt jetzt grau zu werden; aus seinen blauen Augen leuchten Wohl¬
wollen und Milde.

Der demokratische Präsideutschafts-Candidat Winfield S. Hancock ist
Soldat vom Scheitel bis zur Sohle. Er wurde am 14. Februar 1824 in
Montgomery-County im Staate Pennsylvanien geboren und kam schon in jungen
Jahren auf die bekannte Militärschule zu West Point. Nachdem er dort 1844
sein Ofsiciersexamen bestanden hatte, diente er bis 1346 an der Grenze, den
Indianern gegenüber. Im Kriege mit Mexiko nahm er Theil an verschiedenen
Gefechten, namentlich an den Schlachten bei Contreras und Cherubuseo. Von
1848 bis 1861 war er wieder an der Grenze und im südlichen Militärdistriet
von Californien thätig. Als univustreuer Demokrat wurde er im August des
letztgenannten Jahres nach dem Osten der Union berufen, kämpfte mit Aus-


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[0174] Schulanstalt, die sogenannte Geauga-Akademie, zu besuchen. Von seiner Mutter mit einigen Dollars unterstützt, trat er in diese Schule ein und verdiente sich in seinen Freistunden theils als Zimmermann, theils als Lehrer die nöthigen Existenzmittel. In Folge seiner robusten Körperconstitntion konnte er dies immer¬ hin sehr harte Leben ohne Schädigung seiner Gesundheit längere Zeit ertragen. Dreiundzwanzig Jahre alt, bezog er das Williams-College, wo er 1856 mit Ehren sein Examen bestand. Um diese Zeit schloß er sich der in religiöser Be¬ ziehung sehr freisinnigen Sekte der „Campbelliten" an, widmete sich aber im Uebrigen dem Studium der Jurisprudenz und der Nationalökonomie. Im Jahre 1858 war er bereits in der Lage, sich mit Lucretia Rudolph, einer Farmers¬ tochter, zu verheirathen. Die durch die Selavenfrage veranlaßten Streitigkeiten gaben ihm wiederholt Gelegenheit, öffentliche Reden zu halten, wodurch er so an Popularität gewann, daß er 1859 in den Staatssenat von Ohio gewählt wurde. Beim Ausbruch des Bürgerkrieges trat er als Oberst in die Unions¬ armee und zeichnete sich in verschiedenen Gefechten, namentlich aber in der blu¬ tigen Schlacht bei Chickcunauga, in dem Grade aus, daß er zum Generalmajor ernannt wurde. Als er von einem Wahlkreise seines Geburtsstaates im Jahre 1862 in das Repräsentantenhaus des Congresses gewählt worden war, nahm er seinen Abschied von der Armee und blieb, neunmal hinter einander gewählt, Mitglied der Bundeslegislatur. Seit James G. Blaine in den Bundessenat eingetreten war, übernahm er die Führerschaft der republikanischen Partei im Repräsentantenhause. Er war ein warmer Unterstützer der Reformpolitik des Präsidenten Hayes, namentlich in der so wichtigen Geldfrage, und trat, wo sich ihm die Gelegenheit dazu darbot, mit ebenso großer Besonnenheit wie Energie den partikularistisch-föderalistischen Gelüsten der demokratischen Partei entgegen. Seiner äußeren Erscheinung nach ist Garfield ein hochgewachsener, breitschul¬ teriger Mann, mit breiter Stirn und starker Kopfbildung. Sein hellbraunes Haar beginnt jetzt grau zu werden; aus seinen blauen Augen leuchten Wohl¬ wollen und Milde. Der demokratische Präsideutschafts-Candidat Winfield S. Hancock ist Soldat vom Scheitel bis zur Sohle. Er wurde am 14. Februar 1824 in Montgomery-County im Staate Pennsylvanien geboren und kam schon in jungen Jahren auf die bekannte Militärschule zu West Point. Nachdem er dort 1844 sein Ofsiciersexamen bestanden hatte, diente er bis 1346 an der Grenze, den Indianern gegenüber. Im Kriege mit Mexiko nahm er Theil an verschiedenen Gefechten, namentlich an den Schlachten bei Contreras und Cherubuseo. Von 1848 bis 1861 war er wieder an der Grenze und im südlichen Militärdistriet von Californien thätig. Als univustreuer Demokrat wurde er im August des letztgenannten Jahres nach dem Osten der Union berufen, kämpfte mit Aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/174>, abgerufen am 25.08.2024.