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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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3. Die Elbe. Der Schisffahrtsznstand der Elbe ist vom 11. September
bis zum 3. October 1869 der Revision durch eine Commission unterzogen worden.
Dus Resultat dieser Stromschau hat ergeben, daß sich das Bett der unteren
Elbe seit 1842 bedeutend gehoben hat, so daß 124 Stellen namhaft gemacht
werden konnten, an denen die als Maximum zu erachtende Wassertiefe von 32
Zoll (0,84 Mir.) bei deu niedrigsten Wasserständen nicht zu erreichen war. Die
14tägige Bereisung (2. Sept. bis 15. Sept.) der Elbstrvuischau-Speeialevinnlission
von 1873 war während der ganzen Dauer von gutem Wetter, und was noch
werthvoller, mit ganz geringen Abweichungen vom kleinsten Wasserstand der
Elbe begleitet. Die Fahrt von Riesa bis Noslan mußte wegen des geringen
Wasserstandes an Bord des Juspeetivusschisfes "Torgau" im Schlepptau des
Kettendampfers Ur. 12. von Roslau ab im Schlepptau des Ketteudampfers
Ur. 2. und von der unteren anhaltisch-preußischen Grenze, von Rietzmark ab,
um Bord des preußischen Regierungsdampfers "Saale", welcher nur 0,63 Mir.
Tiefgang hat, vorgenommen worden.

4. Die Oder. Durch die bisherigen Dammanlagen hat sich von 1813
bis 1854 das Flußbett bei Oppeln um mindestens 0,314 Mir. erhöht, womit
folgerichtig eine stetige Erhöhung der Eindeichung Hand in Hand gehen mußte,
denn unterhalb Malapane hat die Oder von 1810 bis 1854 jährlich über
3753 Millionen Kubikmeter Wasser und damit 0,34 Millionen Kubikmeter Sand
und Schlamm bewegt, wovon das Hochwasser jährlich etwa 3000 Kubikmeter
über die Ufer wirft. Dadurch kommen die eingedeichte" Flächen in das Niveau
des gewöhnlichen Wasserstandes zu liegen und müssen versumpfen. Die Schiff¬
fahrt muß bei dem jähen Wechsel der Wasserstande sicher zu Grunde gehen.

5. Die Memel. Die durch Baggerung künstlich hergestellte Stromrinne
hat keinen dauernden Bestand und versandet sehr bald wieder, ja selbst die
früheren großen Tiefen unterhalb der Brücke haben sich allmählich mit Sand
so stark gefüllt, daß selbst das Hochwasser sie nur zum Theil wieder herstellt.
Dagegen bleiben unmittelbar oberhalb der Brücke auch bei Hochwasser die Sand-
massen bis zur Höhe der Steinhöhlen in den Brückenöffnungen; die weiter strom¬
aufwärts aber, bedeutend höher liegenden rücken immer mehr vorwärts und
werden, wenn nicht dauernd und intensiv gebaggert wird, sehr bald die Brücken-
öffnungeu vollständig versanden.

Solcher Art sind die Zustände derjenigen unserer deutschen Flüsse, deren
Regulirungen und Correcturen die meisten Millionen verschlungen haben, und
die darum sehr wohl geeignet sein dürften, als Beweis zu dienen für die Un¬
richtigkeit des herrschenden Systemes der Stromregnlirungen durch Deiche und
Dämme, künstliche Quer- und Längseinbauten. Wer Ausführlicheres hierüber
erfahren und eingehend sich belehren will, der studire die oben angeführte Schrift


3. Die Elbe. Der Schisffahrtsznstand der Elbe ist vom 11. September
bis zum 3. October 1869 der Revision durch eine Commission unterzogen worden.
Dus Resultat dieser Stromschau hat ergeben, daß sich das Bett der unteren
Elbe seit 1842 bedeutend gehoben hat, so daß 124 Stellen namhaft gemacht
werden konnten, an denen die als Maximum zu erachtende Wassertiefe von 32
Zoll (0,84 Mir.) bei deu niedrigsten Wasserständen nicht zu erreichen war. Die
14tägige Bereisung (2. Sept. bis 15. Sept.) der Elbstrvuischau-Speeialevinnlission
von 1873 war während der ganzen Dauer von gutem Wetter, und was noch
werthvoller, mit ganz geringen Abweichungen vom kleinsten Wasserstand der
Elbe begleitet. Die Fahrt von Riesa bis Noslan mußte wegen des geringen
Wasserstandes an Bord des Juspeetivusschisfes „Torgau" im Schlepptau des
Kettendampfers Ur. 12. von Roslau ab im Schlepptau des Ketteudampfers
Ur. 2. und von der unteren anhaltisch-preußischen Grenze, von Rietzmark ab,
um Bord des preußischen Regierungsdampfers „Saale", welcher nur 0,63 Mir.
Tiefgang hat, vorgenommen worden.

4. Die Oder. Durch die bisherigen Dammanlagen hat sich von 1813
bis 1854 das Flußbett bei Oppeln um mindestens 0,314 Mir. erhöht, womit
folgerichtig eine stetige Erhöhung der Eindeichung Hand in Hand gehen mußte,
denn unterhalb Malapane hat die Oder von 1810 bis 1854 jährlich über
3753 Millionen Kubikmeter Wasser und damit 0,34 Millionen Kubikmeter Sand
und Schlamm bewegt, wovon das Hochwasser jährlich etwa 3000 Kubikmeter
über die Ufer wirft. Dadurch kommen die eingedeichte» Flächen in das Niveau
des gewöhnlichen Wasserstandes zu liegen und müssen versumpfen. Die Schiff¬
fahrt muß bei dem jähen Wechsel der Wasserstande sicher zu Grunde gehen.

5. Die Memel. Die durch Baggerung künstlich hergestellte Stromrinne
hat keinen dauernden Bestand und versandet sehr bald wieder, ja selbst die
früheren großen Tiefen unterhalb der Brücke haben sich allmählich mit Sand
so stark gefüllt, daß selbst das Hochwasser sie nur zum Theil wieder herstellt.
Dagegen bleiben unmittelbar oberhalb der Brücke auch bei Hochwasser die Sand-
massen bis zur Höhe der Steinhöhlen in den Brückenöffnungen; die weiter strom¬
aufwärts aber, bedeutend höher liegenden rücken immer mehr vorwärts und
werden, wenn nicht dauernd und intensiv gebaggert wird, sehr bald die Brücken-
öffnungeu vollständig versanden.

Solcher Art sind die Zustände derjenigen unserer deutschen Flüsse, deren
Regulirungen und Correcturen die meisten Millionen verschlungen haben, und
die darum sehr wohl geeignet sein dürften, als Beweis zu dienen für die Un¬
richtigkeit des herrschenden Systemes der Stromregnlirungen durch Deiche und
Dämme, künstliche Quer- und Längseinbauten. Wer Ausführlicheres hierüber
erfahren und eingehend sich belehren will, der studire die oben angeführte Schrift


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[0166] 3. Die Elbe. Der Schisffahrtsznstand der Elbe ist vom 11. September bis zum 3. October 1869 der Revision durch eine Commission unterzogen worden. Dus Resultat dieser Stromschau hat ergeben, daß sich das Bett der unteren Elbe seit 1842 bedeutend gehoben hat, so daß 124 Stellen namhaft gemacht werden konnten, an denen die als Maximum zu erachtende Wassertiefe von 32 Zoll (0,84 Mir.) bei deu niedrigsten Wasserständen nicht zu erreichen war. Die 14tägige Bereisung (2. Sept. bis 15. Sept.) der Elbstrvuischau-Speeialevinnlission von 1873 war während der ganzen Dauer von gutem Wetter, und was noch werthvoller, mit ganz geringen Abweichungen vom kleinsten Wasserstand der Elbe begleitet. Die Fahrt von Riesa bis Noslan mußte wegen des geringen Wasserstandes an Bord des Juspeetivusschisfes „Torgau" im Schlepptau des Kettendampfers Ur. 12. von Roslau ab im Schlepptau des Ketteudampfers Ur. 2. und von der unteren anhaltisch-preußischen Grenze, von Rietzmark ab, um Bord des preußischen Regierungsdampfers „Saale", welcher nur 0,63 Mir. Tiefgang hat, vorgenommen worden. 4. Die Oder. Durch die bisherigen Dammanlagen hat sich von 1813 bis 1854 das Flußbett bei Oppeln um mindestens 0,314 Mir. erhöht, womit folgerichtig eine stetige Erhöhung der Eindeichung Hand in Hand gehen mußte, denn unterhalb Malapane hat die Oder von 1810 bis 1854 jährlich über 3753 Millionen Kubikmeter Wasser und damit 0,34 Millionen Kubikmeter Sand und Schlamm bewegt, wovon das Hochwasser jährlich etwa 3000 Kubikmeter über die Ufer wirft. Dadurch kommen die eingedeichte» Flächen in das Niveau des gewöhnlichen Wasserstandes zu liegen und müssen versumpfen. Die Schiff¬ fahrt muß bei dem jähen Wechsel der Wasserstande sicher zu Grunde gehen. 5. Die Memel. Die durch Baggerung künstlich hergestellte Stromrinne hat keinen dauernden Bestand und versandet sehr bald wieder, ja selbst die früheren großen Tiefen unterhalb der Brücke haben sich allmählich mit Sand so stark gefüllt, daß selbst das Hochwasser sie nur zum Theil wieder herstellt. Dagegen bleiben unmittelbar oberhalb der Brücke auch bei Hochwasser die Sand- massen bis zur Höhe der Steinhöhlen in den Brückenöffnungen; die weiter strom¬ aufwärts aber, bedeutend höher liegenden rücken immer mehr vorwärts und werden, wenn nicht dauernd und intensiv gebaggert wird, sehr bald die Brücken- öffnungeu vollständig versanden. Solcher Art sind die Zustände derjenigen unserer deutschen Flüsse, deren Regulirungen und Correcturen die meisten Millionen verschlungen haben, und die darum sehr wohl geeignet sein dürften, als Beweis zu dienen für die Un¬ richtigkeit des herrschenden Systemes der Stromregnlirungen durch Deiche und Dämme, künstliche Quer- und Längseinbauten. Wer Ausführlicheres hierüber erfahren und eingehend sich belehren will, der studire die oben angeführte Schrift

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/166>, abgerufen am 23.07.2024.