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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Stelle, wo Bake dies selbst erzählt, lautet: "Bei den Kirchen in Magdeburg
hatte man fein wohlbestimmbte Knaben, einen oder drei, hießen die Litaney-
Schüler, denen allemal aus dem Klingsecklein Sonntags zugetheilt wurde, ut
in odoro xrÄseinkrsQt Neo1ö3las, in doruiri eostu ixss olim tut, ÄÄ O. ^o-
liMnis xs.rootug.rQ xortinsus." Im Jahre 1602, im Alter von 15 Jahren,
wurde er von seinen Anverwandten auf Anrathen von Freunden der Familie
nach Commotau in Böhmen zu den Jesuiten geschickt. Dort gerieth er aber,
lvie Frehers UrWtruiQ virorum Muäitorura berichtet, der Religion halber in
Gefahr und begab sich deshalb nach Hannover. Wahrscheinlich wurde er nach
Commotau geschickt, um die von den Jesuiten geleitete lateinische Schule zu
besuchen, und es erging ihm dort ähnlich wie dem jungen Zwingli, den die Do¬
minicaner in Bern bereden wollten, in ihren Orden einzutreten, und den des¬
halb seine Verwandten aus Bern fortschicken mußten, um ihn den Nachstellun¬
gen von Seiten der Mönche zu entziehen. Nach einem dreijährigen Aufenthalte
in Hannover, wo er unter der Leitung des berühmten Rectors Christian Bec-
mann sich weiterbildete, bezog er 1606 die Universität von Wittenberg und hielt
sich dort vier Jahre lang auf. Aus dieser Zeit berichtet er uns ein Geschicht¬
chen, aus dem hervorgeht, daß er vornehme Knaben privatim unterrichtete.
"IntorwAvi xrwrum, nMIsw," sagt er, ""ZMiri, cum xriing. vies egsti^grsvr,
Koris se blkuMs ixsum vsrdis gllsxi, ut xosnÄ-s Sö sudrQittsrst. Ich wollte
ihm ein gar sanftes Schillinglein zustellen; hernach gieugs doch, nachdem die
Ruthe fiel; trine c^uotisg ills xostsg oaLti^anäus srat, vsrkg, iilg, lz1g,n6a, rs-
xstüt: Ach, Herr Präceptor gebt mir doch ein fein sanftes Schillinglein."

Nach Abschluß seiner Studien begab sich Bake 1610 nach seiner Vaterstadt
zurück: er war zum Diakonus an der Se. Ulrichskirche designirt und wurde den
18. September 1610 in Wittenberg zum Uf-AistM artwra ernannt. In seiner geist¬
lichen Würde stieg er dann schnell empor: 1616 wurde er am Dome Diakonus und
bereits den 16. Januar 1617, also im Alter von 30 Jahren, zum ersten Geist¬
lichen (xastor Mniariu8) am Dom ernannt, worauf er in demselben Jahre
am 3. November in Jena zum Doctor der Theologie procreirt wurde. Doch
schon bei der Anstellung als Diakonus war nicht alles glatt abgegangen: Bake
hatte ohne seine Schuld Feinde und Neider, und zwar im Schooße des städti¬
schen Consistoriums selber. Als er sich deshalb beim Senior des Consistoriums,
der ihm zugethan war, beklagte, lächelte dieser und sagte: "Lieber Herr Rein¬
hard, xroxtMsa, non, xlorss, sha c-xulws xotws; denn den jungen Predigern
ists so gut als eine warme Suppen, daß sie bald Anfangs ihres iränistsrii.
Widerstand haben, und einen feinen, scharffer Antagonisten, der ihnen die Hörner
weidlich schabe." Und als er dann, sieben Jahre später, nach mehrfachen Be¬
rufungen, zum ersten Domprediger ernannt wurde, da freuten sich alle Gut-


Stelle, wo Bake dies selbst erzählt, lautet: „Bei den Kirchen in Magdeburg
hatte man fein wohlbestimmbte Knaben, einen oder drei, hießen die Litaney-
Schüler, denen allemal aus dem Klingsecklein Sonntags zugetheilt wurde, ut
in odoro xrÄseinkrsQt Neo1ö3las, in doruiri eostu ixss olim tut, ÄÄ O. ^o-
liMnis xs.rootug.rQ xortinsus." Im Jahre 1602, im Alter von 15 Jahren,
wurde er von seinen Anverwandten auf Anrathen von Freunden der Familie
nach Commotau in Böhmen zu den Jesuiten geschickt. Dort gerieth er aber,
lvie Frehers UrWtruiQ virorum Muäitorura berichtet, der Religion halber in
Gefahr und begab sich deshalb nach Hannover. Wahrscheinlich wurde er nach
Commotau geschickt, um die von den Jesuiten geleitete lateinische Schule zu
besuchen, und es erging ihm dort ähnlich wie dem jungen Zwingli, den die Do¬
minicaner in Bern bereden wollten, in ihren Orden einzutreten, und den des¬
halb seine Verwandten aus Bern fortschicken mußten, um ihn den Nachstellun¬
gen von Seiten der Mönche zu entziehen. Nach einem dreijährigen Aufenthalte
in Hannover, wo er unter der Leitung des berühmten Rectors Christian Bec-
mann sich weiterbildete, bezog er 1606 die Universität von Wittenberg und hielt
sich dort vier Jahre lang auf. Aus dieser Zeit berichtet er uns ein Geschicht¬
chen, aus dem hervorgeht, daß er vornehme Knaben privatim unterrichtete.
„IntorwAvi xrwrum, nMIsw," sagt er, „«ZMiri, cum xriing. vies egsti^grsvr,
Koris se blkuMs ixsum vsrdis gllsxi, ut xosnÄ-s Sö sudrQittsrst. Ich wollte
ihm ein gar sanftes Schillinglein zustellen; hernach gieugs doch, nachdem die
Ruthe fiel; trine c^uotisg ills xostsg oaLti^anäus srat, vsrkg, iilg, lz1g,n6a, rs-
xstüt: Ach, Herr Präceptor gebt mir doch ein fein sanftes Schillinglein."

Nach Abschluß seiner Studien begab sich Bake 1610 nach seiner Vaterstadt
zurück: er war zum Diakonus an der Se. Ulrichskirche designirt und wurde den
18. September 1610 in Wittenberg zum Uf-AistM artwra ernannt. In seiner geist¬
lichen Würde stieg er dann schnell empor: 1616 wurde er am Dome Diakonus und
bereits den 16. Januar 1617, also im Alter von 30 Jahren, zum ersten Geist¬
lichen (xastor Mniariu8) am Dom ernannt, worauf er in demselben Jahre
am 3. November in Jena zum Doctor der Theologie procreirt wurde. Doch
schon bei der Anstellung als Diakonus war nicht alles glatt abgegangen: Bake
hatte ohne seine Schuld Feinde und Neider, und zwar im Schooße des städti¬
schen Consistoriums selber. Als er sich deshalb beim Senior des Consistoriums,
der ihm zugethan war, beklagte, lächelte dieser und sagte: „Lieber Herr Rein¬
hard, xroxtMsa, non, xlorss, sha c-xulws xotws; denn den jungen Predigern
ists so gut als eine warme Suppen, daß sie bald Anfangs ihres iränistsrii.
Widerstand haben, und einen feinen, scharffer Antagonisten, der ihnen die Hörner
weidlich schabe." Und als er dann, sieben Jahre später, nach mehrfachen Be¬
rufungen, zum ersten Domprediger ernannt wurde, da freuten sich alle Gut-


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[0549] Stelle, wo Bake dies selbst erzählt, lautet: „Bei den Kirchen in Magdeburg hatte man fein wohlbestimmbte Knaben, einen oder drei, hießen die Litaney- Schüler, denen allemal aus dem Klingsecklein Sonntags zugetheilt wurde, ut in odoro xrÄseinkrsQt Neo1ö3las, in doruiri eostu ixss olim tut, ÄÄ O. ^o- liMnis xs.rootug.rQ xortinsus." Im Jahre 1602, im Alter von 15 Jahren, wurde er von seinen Anverwandten auf Anrathen von Freunden der Familie nach Commotau in Böhmen zu den Jesuiten geschickt. Dort gerieth er aber, lvie Frehers UrWtruiQ virorum Muäitorura berichtet, der Religion halber in Gefahr und begab sich deshalb nach Hannover. Wahrscheinlich wurde er nach Commotau geschickt, um die von den Jesuiten geleitete lateinische Schule zu besuchen, und es erging ihm dort ähnlich wie dem jungen Zwingli, den die Do¬ minicaner in Bern bereden wollten, in ihren Orden einzutreten, und den des¬ halb seine Verwandten aus Bern fortschicken mußten, um ihn den Nachstellun¬ gen von Seiten der Mönche zu entziehen. Nach einem dreijährigen Aufenthalte in Hannover, wo er unter der Leitung des berühmten Rectors Christian Bec- mann sich weiterbildete, bezog er 1606 die Universität von Wittenberg und hielt sich dort vier Jahre lang auf. Aus dieser Zeit berichtet er uns ein Geschicht¬ chen, aus dem hervorgeht, daß er vornehme Knaben privatim unterrichtete. „IntorwAvi xrwrum, nMIsw," sagt er, „«ZMiri, cum xriing. vies egsti^grsvr, Koris se blkuMs ixsum vsrdis gllsxi, ut xosnÄ-s Sö sudrQittsrst. Ich wollte ihm ein gar sanftes Schillinglein zustellen; hernach gieugs doch, nachdem die Ruthe fiel; trine c^uotisg ills xostsg oaLti^anäus srat, vsrkg, iilg, lz1g,n6a, rs- xstüt: Ach, Herr Präceptor gebt mir doch ein fein sanftes Schillinglein." Nach Abschluß seiner Studien begab sich Bake 1610 nach seiner Vaterstadt zurück: er war zum Diakonus an der Se. Ulrichskirche designirt und wurde den 18. September 1610 in Wittenberg zum Uf-AistM artwra ernannt. In seiner geist¬ lichen Würde stieg er dann schnell empor: 1616 wurde er am Dome Diakonus und bereits den 16. Januar 1617, also im Alter von 30 Jahren, zum ersten Geist¬ lichen (xastor Mniariu8) am Dom ernannt, worauf er in demselben Jahre am 3. November in Jena zum Doctor der Theologie procreirt wurde. Doch schon bei der Anstellung als Diakonus war nicht alles glatt abgegangen: Bake hatte ohne seine Schuld Feinde und Neider, und zwar im Schooße des städti¬ schen Consistoriums selber. Als er sich deshalb beim Senior des Consistoriums, der ihm zugethan war, beklagte, lächelte dieser und sagte: „Lieber Herr Rein¬ hard, xroxtMsa, non, xlorss, sha c-xulws xotws; denn den jungen Predigern ists so gut als eine warme Suppen, daß sie bald Anfangs ihres iränistsrii. Widerstand haben, und einen feinen, scharffer Antagonisten, der ihnen die Hörner weidlich schabe." Und als er dann, sieben Jahre später, nach mehrfachen Be¬ rufungen, zum ersten Domprediger ernannt wurde, da freuten sich alle Gut-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/549>, abgerufen am 23.07.2024.