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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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graphien zu fabriciren, und legte eine Gypsmühle, eine Maschinenfabrik und
Eisengießerei an. Die Arbeit für das Institut mußte ihm dabei zur Nebensache
werden, und dieselbe würde in bedenkliche Stockung gerathen sein, wenn nicht
Herzens außerordentlicher Eifer in die Lücke getreten wäre und Brunn zeitweise
dessen schwere Lasten mit getragen hätte. In: Herbst 1852 übernahm K. Lorentzen
einen Theil der Arbeiten Brauns; von jüngeren Gelehrten trafen O. Ribbeck
und Bursian ein; auch L. Friedländer, Ampere, des Vergers, Hübsch schenkten
dem Institut ihre Theilnahme. Im December 1853 war der Prinz Friedrich
Wilhelm von Preußen in einer Festsitzung anwesend, in welcher de Rossi, das
bedeutendste unter den an Vorträgen sich betheiligenden italienischen Mitglie¬
dern, sprach.

Dennoch verging der 21. April 1854, der sünfnndzwanzigjährige Stiftungs¬
tag, in gedrückter Stimmung. Die Zahl der Abonnenten war so gesunken, daß
die jährlichen Ausgaben die Einnahmen um 125 Scudi überschritten. Brauns
absolutistische Herrschaft über die Publikationen, in welchen neben seinen zahl¬
reichen Artikeln wenig andere Platz fanden, behagte den Meisten nicht. Noch
nachtheiliger war die schon früher wiederholt geplante, aber immer verworfene
und jetzt gegen den Widerspruch Gerhards, Bunsens und Panofkas von Braun
durchgesetzte Aenderung des Formats der Publikationen, denen er eine gleich¬
mäßige Foliogröße gab. Das Lullsttinv konnte so seine Aufgabe der raschen
Berichterstattung nicht mehr erfüllen. Die Abbildungen, meist eingeklebte leicht
skizzirte Vignetten und kleine Photographien aus Brauns Fabrik, stachen ebenso
von dem früheren ernsten und sachgemäßen Charakter ab wie der pomphafte
Stil der fast allein von Braun herrührenden Abhandlungen. Alle waren
unangenehm enttäuscht. Bunsen sandte den Band entrüstet zurück und kündigte
seine Subscription. Braun ließ sich nicht irre machen. Er gewann den Buch¬
händler Sehende in Gotha für den Verlag der Jnstitntswerke und fuhr fort,
die beiden Jahrgänge 1854 und 1855 fast allein -- mit dreiundsechzig Artikeln --
zu füllen. Mitten in der Arbeit aber, die er mit fieberhafter Hast betrieb, und
vou der er andere stets bereite Kräfte fern hielt, um dann wieder über Ver¬
einsamung zu klagen, raffte ihn ein Anfall des tückischen römischen Fiebers an:
11. September 1856 plötzlich dahin.

Obgleich an seinem Grabe aller Tadel verstummte und nur seiner reichen
Begabung und seiner großen Verdienste um das Institut gedacht wurde, so
konnte doch die ernste Frage nach der bedrohten Zukunft des Instituts nicht
unterdrückt werden. In Zusammenhang mit dieser Frage erörterte man zugleich
die andere, wie die Jnstitutsthätigkeit noch intensiver und directer für die Fort-
Pflanzung der archäologischen Wissenschaft nutzbar zu machen sei. Wenn gegen¬
über dem früheren völligen Mangel eines periodischen Organs für Archäologie


graphien zu fabriciren, und legte eine Gypsmühle, eine Maschinenfabrik und
Eisengießerei an. Die Arbeit für das Institut mußte ihm dabei zur Nebensache
werden, und dieselbe würde in bedenkliche Stockung gerathen sein, wenn nicht
Herzens außerordentlicher Eifer in die Lücke getreten wäre und Brunn zeitweise
dessen schwere Lasten mit getragen hätte. In: Herbst 1852 übernahm K. Lorentzen
einen Theil der Arbeiten Brauns; von jüngeren Gelehrten trafen O. Ribbeck
und Bursian ein; auch L. Friedländer, Ampere, des Vergers, Hübsch schenkten
dem Institut ihre Theilnahme. Im December 1853 war der Prinz Friedrich
Wilhelm von Preußen in einer Festsitzung anwesend, in welcher de Rossi, das
bedeutendste unter den an Vorträgen sich betheiligenden italienischen Mitglie¬
dern, sprach.

Dennoch verging der 21. April 1854, der sünfnndzwanzigjährige Stiftungs¬
tag, in gedrückter Stimmung. Die Zahl der Abonnenten war so gesunken, daß
die jährlichen Ausgaben die Einnahmen um 125 Scudi überschritten. Brauns
absolutistische Herrschaft über die Publikationen, in welchen neben seinen zahl¬
reichen Artikeln wenig andere Platz fanden, behagte den Meisten nicht. Noch
nachtheiliger war die schon früher wiederholt geplante, aber immer verworfene
und jetzt gegen den Widerspruch Gerhards, Bunsens und Panofkas von Braun
durchgesetzte Aenderung des Formats der Publikationen, denen er eine gleich¬
mäßige Foliogröße gab. Das Lullsttinv konnte so seine Aufgabe der raschen
Berichterstattung nicht mehr erfüllen. Die Abbildungen, meist eingeklebte leicht
skizzirte Vignetten und kleine Photographien aus Brauns Fabrik, stachen ebenso
von dem früheren ernsten und sachgemäßen Charakter ab wie der pomphafte
Stil der fast allein von Braun herrührenden Abhandlungen. Alle waren
unangenehm enttäuscht. Bunsen sandte den Band entrüstet zurück und kündigte
seine Subscription. Braun ließ sich nicht irre machen. Er gewann den Buch¬
händler Sehende in Gotha für den Verlag der Jnstitntswerke und fuhr fort,
die beiden Jahrgänge 1854 und 1855 fast allein — mit dreiundsechzig Artikeln —
zu füllen. Mitten in der Arbeit aber, die er mit fieberhafter Hast betrieb, und
vou der er andere stets bereite Kräfte fern hielt, um dann wieder über Ver¬
einsamung zu klagen, raffte ihn ein Anfall des tückischen römischen Fiebers an:
11. September 1856 plötzlich dahin.

Obgleich an seinem Grabe aller Tadel verstummte und nur seiner reichen
Begabung und seiner großen Verdienste um das Institut gedacht wurde, so
konnte doch die ernste Frage nach der bedrohten Zukunft des Instituts nicht
unterdrückt werden. In Zusammenhang mit dieser Frage erörterte man zugleich
die andere, wie die Jnstitutsthätigkeit noch intensiver und directer für die Fort-
Pflanzung der archäologischen Wissenschaft nutzbar zu machen sei. Wenn gegen¬
über dem früheren völligen Mangel eines periodischen Organs für Archäologie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/471>, abgerufen am 23.07.2024.