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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Indem wir eine Anzahl anderer Wunder des Talmud bei Seite lassen/führen
wir nur noch die folgenden an. Im Tractat Kethuvoth steht: "Es wird be¬
hauptet, in Zukunft (zur Zeit des Messias) werde ein Weizenkorn so groß wie
zwei Nieren eines großen Ochsen sein. Verwundere dich aber nicht darüber;
denn siehe, ein Fuchs hat einmal sein Lager in einer Rübe gemacht, und man
hat sie gewogen und gefunden, daß sie sechzig Pfund cyprischen Gewichts schwer
war." Ferner hören wir, daß Ras Josef gesagt hat, sein Vater habe ihm drei
Aeste einer Senfstaude hinterlassen, davon sei eine zerspalten worden und habe
neun Kab Körner (ein Kab gleich 24 Hühner-Eierschalen) ergeben; mit dem
Holze aber habe man eine Töpferhütte gedeckt. Der Tractat Gittin erzählt: Als
Titus den Tempel zu Jerusalem zerstört, habe er auf der Meerfahrt uach Hause,
von einem Sturm überfallen, gelästert: der Judengott scheine nur auf dem
Meere stark zu sein, aber er möge doch einmal auf dem Trocknen zu ihm
kommen und mit ihm kämpfen. "Da rief," fo heißt es weiter, "eine Stimme
vom Himmel, die sprach: ,O du gottloser Mensch, ich habe eine kleine Creatur,
die Mücke, die mit dir kriegen wird/ Als er nnn als Land kam, ging ihm
eine Mücke in die Nase, die sieben Jahre Löcher in sein Gehirn machte. Nach¬
dem aber seine Hirnschale geöffnet war, fand man die Mücke darin, die so
groß wie eine junge Taube war und zwei Pfund wog; ihr Schnabel war von
Kupfer und ihre Klauen von Eisen." Im talmudischen Tractat Chollin endlich
ist zu lesen: "Der Kaiser (zu Rom, welches nach dem Tractat Megilla drei¬
hundert Meilen laug und ebenso breit ist, und dessen kleinste Gasse eine Länge
und Breite von sechzehn Meilen hat) sprach zu dem Rabbi Jehoscha, des
Chauna Sohn: ,Euer Gott wird einem Löwen verglichen, wie (Amos 3,8) ge¬
schrieben steht: Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht sttrchten? Worin besteht
denn aber seine Gewalt? Ein Ritter bringt ja einen Löwen um/ Da ant¬
wortete ihm jener: ,Er wird nicht mit einem solchen Löwen verglichen, sondern
mit dem, der im Walde Ital ist/ Hierauf sagte er (der Kaiser): ,Jch begehre,
daß du mir den zeigst/ Er erwiederte: >Den kannst du nicht sehen/ Der
Kaiser aber sprach: ,Gewiß verlange ich ihn zu sehen/ Da bat der Rabbi um
Barmherzigkeit (bei Gott), und der Löwe wurde aus seinem Orte losgelassen.
Als derselbe noch vierhundert Meilen entfernt war, brüllte er einmal, und siehe
da, alle schwangern Weiber hatten Frühgeburten, und die Mauern Roms fielen
zusammen. Da er aber uoch hundert Meilen weit weg war, brüllte er wieder,
und siehe, den Leuten fielen davon die Zähne aus, und der Kaiser stürzte von
seinem Thron auf die Erde. Da sprach er zu dem Rabbi: ,Jch bitte dich,
rufe Gott um Barmherzigkeit an, daß er ihn wieder an seinen Ort bringe/
Da rief der Rabbi zu Gott um Barmherzigkeit, und er brachte den Löwen
Wieder an seinen Ort"


Indem wir eine Anzahl anderer Wunder des Talmud bei Seite lassen/führen
wir nur noch die folgenden an. Im Tractat Kethuvoth steht: „Es wird be¬
hauptet, in Zukunft (zur Zeit des Messias) werde ein Weizenkorn so groß wie
zwei Nieren eines großen Ochsen sein. Verwundere dich aber nicht darüber;
denn siehe, ein Fuchs hat einmal sein Lager in einer Rübe gemacht, und man
hat sie gewogen und gefunden, daß sie sechzig Pfund cyprischen Gewichts schwer
war." Ferner hören wir, daß Ras Josef gesagt hat, sein Vater habe ihm drei
Aeste einer Senfstaude hinterlassen, davon sei eine zerspalten worden und habe
neun Kab Körner (ein Kab gleich 24 Hühner-Eierschalen) ergeben; mit dem
Holze aber habe man eine Töpferhütte gedeckt. Der Tractat Gittin erzählt: Als
Titus den Tempel zu Jerusalem zerstört, habe er auf der Meerfahrt uach Hause,
von einem Sturm überfallen, gelästert: der Judengott scheine nur auf dem
Meere stark zu sein, aber er möge doch einmal auf dem Trocknen zu ihm
kommen und mit ihm kämpfen. „Da rief," fo heißt es weiter, „eine Stimme
vom Himmel, die sprach: ,O du gottloser Mensch, ich habe eine kleine Creatur,
die Mücke, die mit dir kriegen wird/ Als er nnn als Land kam, ging ihm
eine Mücke in die Nase, die sieben Jahre Löcher in sein Gehirn machte. Nach¬
dem aber seine Hirnschale geöffnet war, fand man die Mücke darin, die so
groß wie eine junge Taube war und zwei Pfund wog; ihr Schnabel war von
Kupfer und ihre Klauen von Eisen." Im talmudischen Tractat Chollin endlich
ist zu lesen: „Der Kaiser (zu Rom, welches nach dem Tractat Megilla drei¬
hundert Meilen laug und ebenso breit ist, und dessen kleinste Gasse eine Länge
und Breite von sechzehn Meilen hat) sprach zu dem Rabbi Jehoscha, des
Chauna Sohn: ,Euer Gott wird einem Löwen verglichen, wie (Amos 3,8) ge¬
schrieben steht: Der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht sttrchten? Worin besteht
denn aber seine Gewalt? Ein Ritter bringt ja einen Löwen um/ Da ant¬
wortete ihm jener: ,Er wird nicht mit einem solchen Löwen verglichen, sondern
mit dem, der im Walde Ital ist/ Hierauf sagte er (der Kaiser): ,Jch begehre,
daß du mir den zeigst/ Er erwiederte: >Den kannst du nicht sehen/ Der
Kaiser aber sprach: ,Gewiß verlange ich ihn zu sehen/ Da bat der Rabbi um
Barmherzigkeit (bei Gott), und der Löwe wurde aus seinem Orte losgelassen.
Als derselbe noch vierhundert Meilen entfernt war, brüllte er einmal, und siehe
da, alle schwangern Weiber hatten Frühgeburten, und die Mauern Roms fielen
zusammen. Da er aber uoch hundert Meilen weit weg war, brüllte er wieder,
und siehe, den Leuten fielen davon die Zähne aus, und der Kaiser stürzte von
seinem Thron auf die Erde. Da sprach er zu dem Rabbi: ,Jch bitte dich,
rufe Gott um Barmherzigkeit an, daß er ihn wieder an seinen Ort bringe/
Da rief der Rabbi zu Gott um Barmherzigkeit, und er brachte den Löwen
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/368>, abgerufen am 23.07.2024.