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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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Kluft zwischen Original und Copie, die uns weit größer dünkt als bei der Ueber¬
setzung eines Werkes aus einer fremden Sprache. Gerade Freitags Arbeit, die mit
Sachkenntniß, Ernst und, soweit es die Aufgabe zuließ, mit Geschick und Geschmack
angefaßt ist, bestärkt uns in der Ueberzeugung, daß Pfeiffers Urtheil nachgerade
allgemeine Beistimmung finden wird. Als trefflichen Commentar lassen wir Freitags
Uebertragung gelten; möge es ihr, da nun einmal leider noch lange zur Ueber¬
setzung anstatt zum Originale gegriffen werden wird, gelingen, ihren holprigen
Concurrenten den Rang abzulaufen und das Feld zu säubern für bessere Einsicht
und gerechtere Würdigung der unvergleichlich schönen Nibelungendichtnng.

Von den Nibelungen zu Walther von der Vogelweide ist kein Salto mortale;
stehen beide doch von jeher im Mittelpunkte nicht nur des gelehrten Interesses,
sondern mehr noch der Theilnahme derjenigen Gebildeten, die ein Stück ihrer
ästhetisch-literarischen Bildung auch der "guten" alten Zeit danken mögen. Aus
diesem Grunde erwähnen wir noch ein fleißiges Schriftchen:


Die gesammte Literatur Walthers von der Vogelweide. Eine kritisch¬
vergleichende Studie zur Geschichte der Waltherforschung von Willibald Leo.
Wien, M. Gottlieb, 1880.

Der Titel begeht einen seltsamen sprachlichen Verstoß. Nicht die "Literatur
Walthers" -- das ist ja sinnlos -- sondern die immer mehr anwachsende und für
den, der nicht Speeialforscher ist, kaum noch übersehbare Literatur über Walther
wird hier eiuer kritischen Musterung unterzogen. Leo's Schrift ist eine zeitgemäße,
auch dein Germanisten von Fach gewiß nicht unwillkommene Studie, die dem grö¬
ßeren Publikum als ein zuverlässiger Wegweiser empfohlen werden kann, um sich
durch das Gewirre von guten und schlechten, gelehrten und ungelehrten Beiträgen
zur Erklärung und Würdigung von Walthers Dichtungen zurechtzufinden. Im
Uebrigen zeigt uns gerade die Lectüre dieses Schriftchens, daß für weitere Kreise
seit Uhlands sinniger Waltherbiographie und Pfeiffer-Bartschs trefflicher Ausgabe
doch eigentlich nichts Belangreiches producirt ist. Den reichen Inhalt der Schrift
mag die nachfolgende Angabe der einzelnen Abschnitte, in die der ganze Stoff der
besseren Uebersicht halber zertheilt ist, dem Leser andeuten: 1) Handschriften u. s. w.,
2) Ausgaben, 3) Uebersetzungen, 4) Zur Erklärung und Erläuterung der Gedichte,
5) Ueber Walthers Leben und Dichten im Allgemeinen, 6) Tyrol und die Heimaths-
frage Walthers, 7) Walthers Standpunkt als Mensch und Dichter, 8) Verschie¬
denes :c., wozu schließlich noch ein ausführliches Namenregister kommt. Dein Wunsche
des Herausgebers entsprechen wir, indem wir als Verfasser des S. 78 unter Nummer 5
erwähnten Aufsatzes Heinrich Rückert nachweisen; auf die zahlreichen stehengeblie-
benen Druckfehler brauchen wir thu Wohl nicht aufmerksam zu machen.






Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. -- Druck von Hu-thet K Herrmann in Leipzig.

Kluft zwischen Original und Copie, die uns weit größer dünkt als bei der Ueber¬
setzung eines Werkes aus einer fremden Sprache. Gerade Freitags Arbeit, die mit
Sachkenntniß, Ernst und, soweit es die Aufgabe zuließ, mit Geschick und Geschmack
angefaßt ist, bestärkt uns in der Ueberzeugung, daß Pfeiffers Urtheil nachgerade
allgemeine Beistimmung finden wird. Als trefflichen Commentar lassen wir Freitags
Uebertragung gelten; möge es ihr, da nun einmal leider noch lange zur Ueber¬
setzung anstatt zum Originale gegriffen werden wird, gelingen, ihren holprigen
Concurrenten den Rang abzulaufen und das Feld zu säubern für bessere Einsicht
und gerechtere Würdigung der unvergleichlich schönen Nibelungendichtnng.

Von den Nibelungen zu Walther von der Vogelweide ist kein Salto mortale;
stehen beide doch von jeher im Mittelpunkte nicht nur des gelehrten Interesses,
sondern mehr noch der Theilnahme derjenigen Gebildeten, die ein Stück ihrer
ästhetisch-literarischen Bildung auch der „guten" alten Zeit danken mögen. Aus
diesem Grunde erwähnen wir noch ein fleißiges Schriftchen:


Die gesammte Literatur Walthers von der Vogelweide. Eine kritisch¬
vergleichende Studie zur Geschichte der Waltherforschung von Willibald Leo.
Wien, M. Gottlieb, 1880.

Der Titel begeht einen seltsamen sprachlichen Verstoß. Nicht die „Literatur
Walthers" — das ist ja sinnlos — sondern die immer mehr anwachsende und für
den, der nicht Speeialforscher ist, kaum noch übersehbare Literatur über Walther
wird hier eiuer kritischen Musterung unterzogen. Leo's Schrift ist eine zeitgemäße,
auch dein Germanisten von Fach gewiß nicht unwillkommene Studie, die dem grö¬
ßeren Publikum als ein zuverlässiger Wegweiser empfohlen werden kann, um sich
durch das Gewirre von guten und schlechten, gelehrten und ungelehrten Beiträgen
zur Erklärung und Würdigung von Walthers Dichtungen zurechtzufinden. Im
Uebrigen zeigt uns gerade die Lectüre dieses Schriftchens, daß für weitere Kreise
seit Uhlands sinniger Waltherbiographie und Pfeiffer-Bartschs trefflicher Ausgabe
doch eigentlich nichts Belangreiches producirt ist. Den reichen Inhalt der Schrift
mag die nachfolgende Angabe der einzelnen Abschnitte, in die der ganze Stoff der
besseren Uebersicht halber zertheilt ist, dem Leser andeuten: 1) Handschriften u. s. w.,
2) Ausgaben, 3) Uebersetzungen, 4) Zur Erklärung und Erläuterung der Gedichte,
5) Ueber Walthers Leben und Dichten im Allgemeinen, 6) Tyrol und die Heimaths-
frage Walthers, 7) Walthers Standpunkt als Mensch und Dichter, 8) Verschie¬
denes :c., wozu schließlich noch ein ausführliches Namenregister kommt. Dein Wunsche
des Herausgebers entsprechen wir, indem wir als Verfasser des S. 78 unter Nummer 5
erwähnten Aufsatzes Heinrich Rückert nachweisen; auf die zahlreichen stehengeblie-
benen Druckfehler brauchen wir thu Wohl nicht aufmerksam zu machen.






Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hu-thet K Herrmann in Leipzig.
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[0360] Kluft zwischen Original und Copie, die uns weit größer dünkt als bei der Ueber¬ setzung eines Werkes aus einer fremden Sprache. Gerade Freitags Arbeit, die mit Sachkenntniß, Ernst und, soweit es die Aufgabe zuließ, mit Geschick und Geschmack angefaßt ist, bestärkt uns in der Ueberzeugung, daß Pfeiffers Urtheil nachgerade allgemeine Beistimmung finden wird. Als trefflichen Commentar lassen wir Freitags Uebertragung gelten; möge es ihr, da nun einmal leider noch lange zur Ueber¬ setzung anstatt zum Originale gegriffen werden wird, gelingen, ihren holprigen Concurrenten den Rang abzulaufen und das Feld zu säubern für bessere Einsicht und gerechtere Würdigung der unvergleichlich schönen Nibelungendichtnng. Von den Nibelungen zu Walther von der Vogelweide ist kein Salto mortale; stehen beide doch von jeher im Mittelpunkte nicht nur des gelehrten Interesses, sondern mehr noch der Theilnahme derjenigen Gebildeten, die ein Stück ihrer ästhetisch-literarischen Bildung auch der „guten" alten Zeit danken mögen. Aus diesem Grunde erwähnen wir noch ein fleißiges Schriftchen: Die gesammte Literatur Walthers von der Vogelweide. Eine kritisch¬ vergleichende Studie zur Geschichte der Waltherforschung von Willibald Leo. Wien, M. Gottlieb, 1880. Der Titel begeht einen seltsamen sprachlichen Verstoß. Nicht die „Literatur Walthers" — das ist ja sinnlos — sondern die immer mehr anwachsende und für den, der nicht Speeialforscher ist, kaum noch übersehbare Literatur über Walther wird hier eiuer kritischen Musterung unterzogen. Leo's Schrift ist eine zeitgemäße, auch dein Germanisten von Fach gewiß nicht unwillkommene Studie, die dem grö¬ ßeren Publikum als ein zuverlässiger Wegweiser empfohlen werden kann, um sich durch das Gewirre von guten und schlechten, gelehrten und ungelehrten Beiträgen zur Erklärung und Würdigung von Walthers Dichtungen zurechtzufinden. Im Uebrigen zeigt uns gerade die Lectüre dieses Schriftchens, daß für weitere Kreise seit Uhlands sinniger Waltherbiographie und Pfeiffer-Bartschs trefflicher Ausgabe doch eigentlich nichts Belangreiches producirt ist. Den reichen Inhalt der Schrift mag die nachfolgende Angabe der einzelnen Abschnitte, in die der ganze Stoff der besseren Uebersicht halber zertheilt ist, dem Leser andeuten: 1) Handschriften u. s. w., 2) Ausgaben, 3) Uebersetzungen, 4) Zur Erklärung und Erläuterung der Gedichte, 5) Ueber Walthers Leben und Dichten im Allgemeinen, 6) Tyrol und die Heimaths- frage Walthers, 7) Walthers Standpunkt als Mensch und Dichter, 8) Verschie¬ denes :c., wozu schließlich noch ein ausführliches Namenregister kommt. Dein Wunsche des Herausgebers entsprechen wir, indem wir als Verfasser des S. 78 unter Nummer 5 erwähnten Aufsatzes Heinrich Rückert nachweisen; auf die zahlreichen stehengeblie- benen Druckfehler brauchen wir thu Wohl nicht aufmerksam zu machen. Für die Redaction verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. — Druck von Hu-thet K Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/360>, abgerufen am 03.07.2024.