Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.Schreibens vom 5. Januar wurde vom Bisthumsverweser im Vertrauen an Die Commission und mit ihr die liberale Mehrheit betonten nun, daß dem Wenn wir nun, nachdem wir eine objective Darlegung der gegenwärtigen Schreibens vom 5. Januar wurde vom Bisthumsverweser im Vertrauen an Die Commission und mit ihr die liberale Mehrheit betonten nun, daß dem Wenn wir nun, nachdem wir eine objective Darlegung der gegenwärtigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0308" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146237"/> <p xml:id="ID_871" prev="#ID_870"> Schreibens vom 5. Januar wurde vom Bisthumsverweser im Vertrauen an<lb/> die „hochherzige Auffassung" der großherzoglichen Regierung die dringende Bitte<lb/> ausgesprochen, dieselbe möge den Wunsch nach Aufhebung des Verbotes, um<lb/> Dispens von der seitherigen Staatsprüfung einzukommen, auf sich beruhen lassen.<lb/> Dieses ganze, allerdings nur sehr geringe Zugeständniß der Curie in Freiburg<lb/> wird in dem Schreiben des Bisthumsverwesers ausdrücklich als der „erste<lb/> Schritt" zur Herstellung des guten Einvernehmens zwischen Staat und Kirche<lb/> bezeichnet. Es war also nach dieser Andeutung bestimmt zu erwarten, daß das<lb/> Verlangen nach Aufhebung der anderen das kirchliche Gebiet berührenden Gesetze,<lb/> besonders die Civilehe und die Schule betreffend, bald genug nachfolgen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_872"> Die Commission und mit ihr die liberale Mehrheit betonten nun, daß dem<lb/> Fortbestande des Examengesetzes von 1874 gegenüber, der indeß nur ein formaler<lb/> sei, die Curie nothwendig das Verbot, dieses Gesetz anzuerkennen, aufheben<lb/> müsse, daß aber die Betheiligung des Staates an der neu vorgeschlagenen<lb/> Prüfung absolut werthlos und lediglich eine Quelle zu neuen Zerwürfnissen sei.<lb/> Man forderte also ausdrückliche Zurücknahme des Dispensverbotes, erklärte sich<lb/> dagegen bereit, auf eine staatliche Betheiligung an der Prüfung ganz zu verzichten,<lb/> und stellte, als die Nachgiebigkeit der Curie als erschöpft bezeichnet wurde, den<lb/> Antrag, die Vorlage a liinins zurückzuweisen. Dieser Antrag wurde in der<lb/> Commission mit zehn, gegen zwei ultramontane und eine conservative Stimme<lb/> angenommen. In der Kammer ist die Annahme dieses Commissionsantrages<lb/> unzweifelhaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_873" next="#ID_874"> Wenn wir nun, nachdem wir eine objective Darlegung der gegenwärtigen<lb/> Sachlage gegeben, fragen, welche Stellung diesem Ausgleichsversuche der gro߬<lb/> herzoglichen Regierung gegenüber sowohl vom badischen, als insbesondere vom<lb/> Reichsstandpunkte aus, der hier nicht unwesentlich in Betracht kommt, zu nehmen<lb/> sei, so sehen wir uns, nachdem wir Kenntniß von dem Actenmaterial erhalten,<lb/> und gesehen haben, daß die Voraussetzungen, unter denen dieser Ausgleich sich<lb/> vollziehen sollte, der Form wie den? Inhalte nach gänzlich andere sind, als wie<lb/> sie vorher nach den Darstellungen des Ministers und der gesammten Presse<lb/> erschienen, leider genöthigt, trotz unseres aufrichtigen Verlangens nach kirchlichem<lb/> Frieden uns gegen die Abmachungen der badischen Regierung erklären zu müssen,<lb/> und zwar um des Friedens selbst, um der heiligsten Interessen unseres Volkes<lb/> um des Staates und um des Reiches willen. Je lebhafter in unserem Volke<lb/> das Bedürfniß geworden ist, daß auf dem Gebiete, wo es mit seinen heiligsten<lb/> Interessen wurzelt, wieder der Frieden geschaffen werde, der ihm die Pflege<lb/> dieser Interessen ermöglicht, je mehr unser Volk diesen Frieden herbeiwünscht,<lb/> desto nothwendiger ist es, daß die Bedingungen, die ihn begründen und befestigen<lb/> sollen, der Art sind, daß der Frieden durch dieselbe« auch wirklich ermöglicht und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0308]
Schreibens vom 5. Januar wurde vom Bisthumsverweser im Vertrauen an
die „hochherzige Auffassung" der großherzoglichen Regierung die dringende Bitte
ausgesprochen, dieselbe möge den Wunsch nach Aufhebung des Verbotes, um
Dispens von der seitherigen Staatsprüfung einzukommen, auf sich beruhen lassen.
Dieses ganze, allerdings nur sehr geringe Zugeständniß der Curie in Freiburg
wird in dem Schreiben des Bisthumsverwesers ausdrücklich als der „erste
Schritt" zur Herstellung des guten Einvernehmens zwischen Staat und Kirche
bezeichnet. Es war also nach dieser Andeutung bestimmt zu erwarten, daß das
Verlangen nach Aufhebung der anderen das kirchliche Gebiet berührenden Gesetze,
besonders die Civilehe und die Schule betreffend, bald genug nachfolgen würde.
Die Commission und mit ihr die liberale Mehrheit betonten nun, daß dem
Fortbestande des Examengesetzes von 1874 gegenüber, der indeß nur ein formaler
sei, die Curie nothwendig das Verbot, dieses Gesetz anzuerkennen, aufheben
müsse, daß aber die Betheiligung des Staates an der neu vorgeschlagenen
Prüfung absolut werthlos und lediglich eine Quelle zu neuen Zerwürfnissen sei.
Man forderte also ausdrückliche Zurücknahme des Dispensverbotes, erklärte sich
dagegen bereit, auf eine staatliche Betheiligung an der Prüfung ganz zu verzichten,
und stellte, als die Nachgiebigkeit der Curie als erschöpft bezeichnet wurde, den
Antrag, die Vorlage a liinins zurückzuweisen. Dieser Antrag wurde in der
Commission mit zehn, gegen zwei ultramontane und eine conservative Stimme
angenommen. In der Kammer ist die Annahme dieses Commissionsantrages
unzweifelhaft.
Wenn wir nun, nachdem wir eine objective Darlegung der gegenwärtigen
Sachlage gegeben, fragen, welche Stellung diesem Ausgleichsversuche der gro߬
herzoglichen Regierung gegenüber sowohl vom badischen, als insbesondere vom
Reichsstandpunkte aus, der hier nicht unwesentlich in Betracht kommt, zu nehmen
sei, so sehen wir uns, nachdem wir Kenntniß von dem Actenmaterial erhalten,
und gesehen haben, daß die Voraussetzungen, unter denen dieser Ausgleich sich
vollziehen sollte, der Form wie den? Inhalte nach gänzlich andere sind, als wie
sie vorher nach den Darstellungen des Ministers und der gesammten Presse
erschienen, leider genöthigt, trotz unseres aufrichtigen Verlangens nach kirchlichem
Frieden uns gegen die Abmachungen der badischen Regierung erklären zu müssen,
und zwar um des Friedens selbst, um der heiligsten Interessen unseres Volkes
um des Staates und um des Reiches willen. Je lebhafter in unserem Volke
das Bedürfniß geworden ist, daß auf dem Gebiete, wo es mit seinen heiligsten
Interessen wurzelt, wieder der Frieden geschaffen werde, der ihm die Pflege
dieser Interessen ermöglicht, je mehr unser Volk diesen Frieden herbeiwünscht,
desto nothwendiger ist es, daß die Bedingungen, die ihn begründen und befestigen
sollen, der Art sind, daß der Frieden durch dieselbe« auch wirklich ermöglicht und
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