Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.
Es wird nun weiter erzählt, wie die Eltern plötzlich zu ihrem größten Erstannen
Es wird nun weiter erzählt, wie die Eltern plötzlich zu ihrem größten Erstannen
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0253" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146182"/> <quote> <lg xml:id="POEMID_4" type="poem"> <l><cb type="start"/> Dort stand fern von dem Weltgcwühle<lb/> Ein Haus gebaut im alten Style,<lb/> Der Wohnsitz alter Deutscher Treue,<lb/> In heil'ger Huth und voller Weihe. Ob todt, ob leben<lb/> Für einen oder v<lb/> Der Vater zagt',<lb/> Bis sie es Hort' <cb/> Dort war Lucina eingegangen<lb/> Und hatte unter Sorg' und<lb/> Das neue Kind des Lichts geb<lb/> Am rosenfarbnen Lebensmorge<lb/> d? — war die Frage, —<lb/> iele Tage?<lb/> die Mutter bebte,<lb/> — ihr Wolfgang lebte.<cb type="end"/> ,<lb/> Bangen<lb/> orgen<lb/> n. </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_690"> Es wird nun weiter erzählt, wie die Eltern plötzlich zu ihrem größten Erstannen<lb/> eine Harfe und eine Lorbeerkrone in der Wiege des Kindes liegen sehen, und<lb/> die Hauptstrophen des Gedichtes schildern dann, wie die Zeit dies Räthsel löst:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l><cb type="start"/> Die Deutschen galten für Barbaren,<lb/> Eh Wieland, Schiller, Göthe waren,<lb/> Und Welscher Sang das Ohr erfüllte,<lb/> Bis jener Bund die Sehnsucht stillte.<lb/> Der Andern Leier war verklungen,<lb/> Als Göthe lang' noch fortgesungen,<lb/> Und, wie als Jüngling er begonnen,<lb/> Als Greis noch Gunst und Ruhm gewon<lb/> Durch Sinn des Schönen und des Feine<lb/> Lehrt Großes er und Welses einen.<lb/> In Grünau lebt ein Geist der Sitte,<lb/> Wo Hermann folgt der Jungfrau Tritte.<lb/> Auf Tauris seh't Iphigenien<lb/> Zu neuem Leben hier erglühen,<lb/> Wie sie Diana kaum gerettet,<lb/> Und dort auf sichern Strand gebettet.<lb/> Und hört die alten Deutschen Lieder<lb/> Jetzt neu von unserm Göthe wieder,<lb/> Von jenem alten Fuchs am Hofe<lb/> Und seiner Minne mit der Zofe. Und Freiheit tönt in seinem Sänge<lb/> Auf Egmont's letzten-, bangen Gange,<lb/> Die Hoffnung bleibt, der Stille lebet,<lb/> Den Alba er zu stürzen strebet.<lb/> Der Dichterjüngling schien zu ahnen,<lb/> Er müsse suchen neue Bahnen,<lb/> Für Deutsche Kunst ein neues Leben<lb/> Ein Sänger der Natur erstreben.. <cb/> Er sucht im Osten, sucht im Westen,<lb/> Sucht überall nur nach dem Besten,<lb/> Er hebt die Steine, pflückt die Pflanzen,<lb/> Sieht Ein Gesetz nur in dem Ganzen.<lb/> Die Kunst soll die Natur beachten<lb/> Auf Höhen und in tiefen Schachten,<lb/> Ihr folgen soll die Kunst und dienen,<lb/> Die Wahrheit lehren auf den Bühnen. nen. Und schien, was war, nicht zu gefallen,<lb/> Das hielt er fern von Thespis Hallen,<lb/> Doch sollt', was nicht war, wahr erscheinen,<lb/> Die Dichtung sich mit Wahrheit einen. n Er folgte nicht dem Stagiriten,<lb/> Ließ sich nicht dreimal Eins gebieten;<lb/> Er wollte, wie der Britte, walten<lb/> Und frei im Dichterreiche schalten. Sinn und Gefühl ließ er gewähren,<lb/> Treu blieb er stets nnr ihren Lehren;<lb/> Was recht, was schön ihm schien, er faßte,<lb/> Was unschön, häßlich ist, er haßte.<lb/> Er trennt den Kern nicht von der Schale,<lb/> Er schafft und formt das Ideale;<lb/> Sinnvoll und leicht entquillt dem Munde<lb/> Der Rhythmen Strom zu jeder Stunde.<lb/> Er forschte fort in allen Reichen,<lb/> Wohin des Menschen Augen reichen;<lb/> Fand überall die Pforten offen,<lb/> Und ging hinweg mit neuen Stoffen.<lb/> Er sammelt Muscheln, Gemmen, Münzen,<lb/> Schreibt uns von Reinere und Hirzer,<lb/> Erklärt des Regenbogens Farben,<lb/> Läßt Fausten nicht am Fasse darben, <cb type="end"/> Der Griechen Kunst ersteht verjünget,<lb/> Des Deutschen Meisters Hand gelinget,<lb/> Uns neu zu schaffen, was verblichen,<lb/> Und schöner jetzt, als einst den Griechen. </l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0253]
Dort stand fern von dem Weltgcwühle
Ein Haus gebaut im alten Style,
Der Wohnsitz alter Deutscher Treue,
In heil'ger Huth und voller Weihe. Ob todt, ob leben
Für einen oder v
Der Vater zagt',
Bis sie es Hort'
Dort war Lucina eingegangen
Und hatte unter Sorg' und
Das neue Kind des Lichts geb
Am rosenfarbnen Lebensmorge
d? — war die Frage, —
iele Tage?
die Mutter bebte,
— ihr Wolfgang lebte.
,
Bangen
orgen
n.
Es wird nun weiter erzählt, wie die Eltern plötzlich zu ihrem größten Erstannen
eine Harfe und eine Lorbeerkrone in der Wiege des Kindes liegen sehen, und
die Hauptstrophen des Gedichtes schildern dann, wie die Zeit dies Räthsel löst:
Die Deutschen galten für Barbaren,
Eh Wieland, Schiller, Göthe waren,
Und Welscher Sang das Ohr erfüllte,
Bis jener Bund die Sehnsucht stillte.
Der Andern Leier war verklungen,
Als Göthe lang' noch fortgesungen,
Und, wie als Jüngling er begonnen,
Als Greis noch Gunst und Ruhm gewon
Durch Sinn des Schönen und des Feine
Lehrt Großes er und Welses einen.
In Grünau lebt ein Geist der Sitte,
Wo Hermann folgt der Jungfrau Tritte.
Auf Tauris seh't Iphigenien
Zu neuem Leben hier erglühen,
Wie sie Diana kaum gerettet,
Und dort auf sichern Strand gebettet.
Und hört die alten Deutschen Lieder
Jetzt neu von unserm Göthe wieder,
Von jenem alten Fuchs am Hofe
Und seiner Minne mit der Zofe. Und Freiheit tönt in seinem Sänge
Auf Egmont's letzten-, bangen Gange,
Die Hoffnung bleibt, der Stille lebet,
Den Alba er zu stürzen strebet.
Der Dichterjüngling schien zu ahnen,
Er müsse suchen neue Bahnen,
Für Deutsche Kunst ein neues Leben
Ein Sänger der Natur erstreben..
Er sucht im Osten, sucht im Westen,
Sucht überall nur nach dem Besten,
Er hebt die Steine, pflückt die Pflanzen,
Sieht Ein Gesetz nur in dem Ganzen.
Die Kunst soll die Natur beachten
Auf Höhen und in tiefen Schachten,
Ihr folgen soll die Kunst und dienen,
Die Wahrheit lehren auf den Bühnen. nen. Und schien, was war, nicht zu gefallen,
Das hielt er fern von Thespis Hallen,
Doch sollt', was nicht war, wahr erscheinen,
Die Dichtung sich mit Wahrheit einen. n Er folgte nicht dem Stagiriten,
Ließ sich nicht dreimal Eins gebieten;
Er wollte, wie der Britte, walten
Und frei im Dichterreiche schalten. Sinn und Gefühl ließ er gewähren,
Treu blieb er stets nnr ihren Lehren;
Was recht, was schön ihm schien, er faßte,
Was unschön, häßlich ist, er haßte.
Er trennt den Kern nicht von der Schale,
Er schafft und formt das Ideale;
Sinnvoll und leicht entquillt dem Munde
Der Rhythmen Strom zu jeder Stunde.
Er forschte fort in allen Reichen,
Wohin des Menschen Augen reichen;
Fand überall die Pforten offen,
Und ging hinweg mit neuen Stoffen.
Er sammelt Muscheln, Gemmen, Münzen,
Schreibt uns von Reinere und Hirzer,
Erklärt des Regenbogens Farben,
Läßt Fausten nicht am Fasse darben,
Der Griechen Kunst ersteht verjünget,
Des Deutschen Meisters Hand gelinget,
Uns neu zu schaffen, was verblichen,
Und schöner jetzt, als einst den Griechen.
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