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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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besorge der Hauptgrund, der aber gar nichtartieuliertwird, rührt
von den Verfolgungen der Freimaurer her, in deren Logen zu Berlin
und Dresden er sehr thätig und sehr gefedert war, bis er auf den unglücklichen
Gedanken kam, eine wohlthätige Reformation dieses Ordens und Ausrottung un¬
würdiger Spielerehen dadurch zu bewirken, daß er ein in diesem Sinne längst
geschriebenes englisches Werk übersetzte. Dies ward ihm so übel genommen, daß
man ihn ausstieß, und seitdem auf das schonungsloseste verfolgte, obgleich man
ihn einer Ungesetzlichkeit weder überwies noch . . . anschuldigte, und obgleich be¬
deutende und geachtete Maurer sich seiner in Schriften annahmen, z. B. Moßdorf,
Gerlach, Wedekind, Heldmann, Silber n. f. w. Die Enchclopüdic der Freimaurerei
und das Conversationslexikon sollen über seine Unschuld vollständige Beweise ent¬
halten. Jedenfalls sollten diese obscurer Bisbillen") keinen Grund abgeben, um
einem sonst so anerkannt tüchtigen Manne eine Anstellung zu versage". -- Doch
höre ich von vielen Seiten behaupten, daß es der wahre Grund seh.

Seine Wünsche sind höchst bescheiden; der Professorstitel und ein kleiner
Gehalt würden ihn befriedigen; wollte ihm Bouterweks ganzes Fach nicht übertragen
werden, so könnte man ihn nur für Geschichte der Philosophie und Aesthetik
anstellen. -- Könntest Du durch Deinen großen Einfluß auf alle Zweige der
Administration hierzu etwas behtrageu, so thätest Du ein sehr gutes Werk, alter
Freund, und die vielen Gutgesinnten und gewiß Unparteiischen, die sich für Krause
auf das lebhafteste interessieren, würden Dich segnen.

Die Frage, ob er wohl thun würde, selbst nach Hannover zu gehen? wußte
ich ihm nicht zu beantworten, da ich dazu die Verhältnisse nicht genug kenne, und
ihn des seinen so sehr beschränkten Umständen nicht gern zu einer unnützen
Ausgabe veranlassen mögte. Entschließt er sich dennoch dazu, und hast Du Zeit
ihn anzunehmen und Dich mit ihm einzulassen, so bin ich gewiß, daß sein tiefer
und doch so klarer Geist, seine Einfachheit und wahrhaft rührende Bescheidenheit
Dich für ihn einnehmen und die Ueberzeugung geben werden, die sich auch durch
die Erfahrung bestätigt, wie unendlich wohlthätig dieser Mann auf die jungeu
Leute wirken müsse, die mit ihm in Berührung kommen, wie nützlich daher seine
dauernde Acquisition für die Universität seyn würde, vlxi se s-üvavi."

Dieser Brief, welcher ein Urtheil über Krause enthält, dem heute alle, die
ihn kennen, sich anschließen, wird zur Genüge beweisen, daß der eigenthümliche
Mann, der wohl nur wenigen genauer bekannt ist, es verdient, daß er bekannter
werde.



Ueber Bislnllcn schreibt mir Hermann Snnllpe in Göttingen: "Das Wort Bis-
billen ist mir als Fremdwort im Deutschen neu, indessen kann kein Zweifel sein, daß es von
dem italienischen bisliMo Geflüster, bisvixlw'e flüstern, leise reden, herkommt und die
leisen, nicht offen hervortretenden Redereien der Mißgünstigen bezeichnet, was in den
Zusammenhang genau paßt." Vgl. unser pispern, Gepisper.

besorge der Hauptgrund, der aber gar nichtartieuliertwird, rührt
von den Verfolgungen der Freimaurer her, in deren Logen zu Berlin
und Dresden er sehr thätig und sehr gefedert war, bis er auf den unglücklichen
Gedanken kam, eine wohlthätige Reformation dieses Ordens und Ausrottung un¬
würdiger Spielerehen dadurch zu bewirken, daß er ein in diesem Sinne längst
geschriebenes englisches Werk übersetzte. Dies ward ihm so übel genommen, daß
man ihn ausstieß, und seitdem auf das schonungsloseste verfolgte, obgleich man
ihn einer Ungesetzlichkeit weder überwies noch . . . anschuldigte, und obgleich be¬
deutende und geachtete Maurer sich seiner in Schriften annahmen, z. B. Moßdorf,
Gerlach, Wedekind, Heldmann, Silber n. f. w. Die Enchclopüdic der Freimaurerei
und das Conversationslexikon sollen über seine Unschuld vollständige Beweise ent¬
halten. Jedenfalls sollten diese obscurer Bisbillen") keinen Grund abgeben, um
einem sonst so anerkannt tüchtigen Manne eine Anstellung zu versage«. — Doch
höre ich von vielen Seiten behaupten, daß es der wahre Grund seh.

Seine Wünsche sind höchst bescheiden; der Professorstitel und ein kleiner
Gehalt würden ihn befriedigen; wollte ihm Bouterweks ganzes Fach nicht übertragen
werden, so könnte man ihn nur für Geschichte der Philosophie und Aesthetik
anstellen. — Könntest Du durch Deinen großen Einfluß auf alle Zweige der
Administration hierzu etwas behtrageu, so thätest Du ein sehr gutes Werk, alter
Freund, und die vielen Gutgesinnten und gewiß Unparteiischen, die sich für Krause
auf das lebhafteste interessieren, würden Dich segnen.

Die Frage, ob er wohl thun würde, selbst nach Hannover zu gehen? wußte
ich ihm nicht zu beantworten, da ich dazu die Verhältnisse nicht genug kenne, und
ihn des seinen so sehr beschränkten Umständen nicht gern zu einer unnützen
Ausgabe veranlassen mögte. Entschließt er sich dennoch dazu, und hast Du Zeit
ihn anzunehmen und Dich mit ihm einzulassen, so bin ich gewiß, daß sein tiefer
und doch so klarer Geist, seine Einfachheit und wahrhaft rührende Bescheidenheit
Dich für ihn einnehmen und die Ueberzeugung geben werden, die sich auch durch
die Erfahrung bestätigt, wie unendlich wohlthätig dieser Mann auf die jungeu
Leute wirken müsse, die mit ihm in Berührung kommen, wie nützlich daher seine
dauernde Acquisition für die Universität seyn würde, vlxi se s-üvavi."

Dieser Brief, welcher ein Urtheil über Krause enthält, dem heute alle, die
ihn kennen, sich anschließen, wird zur Genüge beweisen, daß der eigenthümliche
Mann, der wohl nur wenigen genauer bekannt ist, es verdient, daß er bekannter
werde.



Ueber Bislnllcn schreibt mir Hermann Snnllpe in Göttingen: „Das Wort Bis-
billen ist mir als Fremdwort im Deutschen neu, indessen kann kein Zweifel sein, daß es von
dem italienischen bisliMo Geflüster, bisvixlw'e flüstern, leise reden, herkommt und die
leisen, nicht offen hervortretenden Redereien der Mißgünstigen bezeichnet, was in den
Zusammenhang genau paßt." Vgl. unser pispern, Gepisper.
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[0150] besorge der Hauptgrund, der aber gar nichtartieuliertwird, rührt von den Verfolgungen der Freimaurer her, in deren Logen zu Berlin und Dresden er sehr thätig und sehr gefedert war, bis er auf den unglücklichen Gedanken kam, eine wohlthätige Reformation dieses Ordens und Ausrottung un¬ würdiger Spielerehen dadurch zu bewirken, daß er ein in diesem Sinne längst geschriebenes englisches Werk übersetzte. Dies ward ihm so übel genommen, daß man ihn ausstieß, und seitdem auf das schonungsloseste verfolgte, obgleich man ihn einer Ungesetzlichkeit weder überwies noch . . . anschuldigte, und obgleich be¬ deutende und geachtete Maurer sich seiner in Schriften annahmen, z. B. Moßdorf, Gerlach, Wedekind, Heldmann, Silber n. f. w. Die Enchclopüdic der Freimaurerei und das Conversationslexikon sollen über seine Unschuld vollständige Beweise ent¬ halten. Jedenfalls sollten diese obscurer Bisbillen") keinen Grund abgeben, um einem sonst so anerkannt tüchtigen Manne eine Anstellung zu versage«. — Doch höre ich von vielen Seiten behaupten, daß es der wahre Grund seh. Seine Wünsche sind höchst bescheiden; der Professorstitel und ein kleiner Gehalt würden ihn befriedigen; wollte ihm Bouterweks ganzes Fach nicht übertragen werden, so könnte man ihn nur für Geschichte der Philosophie und Aesthetik anstellen. — Könntest Du durch Deinen großen Einfluß auf alle Zweige der Administration hierzu etwas behtrageu, so thätest Du ein sehr gutes Werk, alter Freund, und die vielen Gutgesinnten und gewiß Unparteiischen, die sich für Krause auf das lebhafteste interessieren, würden Dich segnen. Die Frage, ob er wohl thun würde, selbst nach Hannover zu gehen? wußte ich ihm nicht zu beantworten, da ich dazu die Verhältnisse nicht genug kenne, und ihn des seinen so sehr beschränkten Umständen nicht gern zu einer unnützen Ausgabe veranlassen mögte. Entschließt er sich dennoch dazu, und hast Du Zeit ihn anzunehmen und Dich mit ihm einzulassen, so bin ich gewiß, daß sein tiefer und doch so klarer Geist, seine Einfachheit und wahrhaft rührende Bescheidenheit Dich für ihn einnehmen und die Ueberzeugung geben werden, die sich auch durch die Erfahrung bestätigt, wie unendlich wohlthätig dieser Mann auf die jungeu Leute wirken müsse, die mit ihm in Berührung kommen, wie nützlich daher seine dauernde Acquisition für die Universität seyn würde, vlxi se s-üvavi." Dieser Brief, welcher ein Urtheil über Krause enthält, dem heute alle, die ihn kennen, sich anschließen, wird zur Genüge beweisen, daß der eigenthümliche Mann, der wohl nur wenigen genauer bekannt ist, es verdient, daß er bekannter werde. Ueber Bislnllcn schreibt mir Hermann Snnllpe in Göttingen: „Das Wort Bis- billen ist mir als Fremdwort im Deutschen neu, indessen kann kein Zweifel sein, daß es von dem italienischen bisliMo Geflüster, bisvixlw'e flüstern, leise reden, herkommt und die leisen, nicht offen hervortretenden Redereien der Mißgünstigen bezeichnet, was in den Zusammenhang genau paßt." Vgl. unser pispern, Gepisper.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/150>, abgerufen am 25.08.2024.