Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.ohne erhebliche Streitigkeiten ihrer Verwirklichung dnrch Gesetze entgegengehen Der Reichskanzler will keine Reaction, und die Bevölkerung will auch keine. So ungefähr Herr v. Bennigsen, der jetzt, nachdem der linke Flügel der Auch das Verhältniß Deutschlands zu den auswärtigen Höfen und Staaten ohne erhebliche Streitigkeiten ihrer Verwirklichung dnrch Gesetze entgegengehen Der Reichskanzler will keine Reaction, und die Bevölkerung will auch keine. So ungefähr Herr v. Bennigsen, der jetzt, nachdem der linke Flügel der Auch das Verhältniß Deutschlands zu den auswärtigen Höfen und Staaten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0012" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/145941"/> <p xml:id="ID_10" prev="#ID_9"> ohne erhebliche Streitigkeiten ihrer Verwirklichung dnrch Gesetze entgegengehen<lb/> und haben diesen Weg in diesem Augenblicke schon angetreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_11"> Der Reichskanzler will keine Reaction, und die Bevölkerung will auch keine.<lb/> Sie ist nnr —wir sprechen dies, so weit wir können, einem hervorragenden<lb/> Nationalliberalen nach — conservativer geworden, weil es mehr als früher zu con-<lb/> serviren giebt. Sie ist realistischer als ehedem, seit für fast unerreichbar gehaltene<lb/> Ideale zu Wirklichkeiten geworden sind. Aber mit dem liberalen Gedanken hat<lb/> die Mehrheit der Nation nicht gebrochen, und nur die Fehler derjenigen Ver¬<lb/> treter dieses Gedankens, die Unmögliches erstreben, können die Liberalen ans<lb/> der ihnen gebührenden Stellung verdrängen. Die Conservativen sind außer<lb/> Stande, die in den letzten Jahren gelegten Fundamente der Gesetzgebung anzu¬<lb/> tasten; denn dieselben find Resultate der Gedankenarbeit der Nation. Sie sind<lb/> von der Regierung, den gemäßigten Conservativen und den Liberalen gemeinsam<lb/> geschaffen worden und zwar mit maßgebender Einwirkung der letzteren. Können<lb/> diese im Allgemeinen mit Genugthuung auf ihr Werk blicken, so haben sie andrer¬<lb/> seits die Verpflichtung, ohne doctrinären Eigensinn allenthalben ihr Ohr zu<lb/> leihen, wenn man ihnen Mängel an jenen Schöpfungen nachweist, und zur<lb/> Beseitigung derselben die Hand zu bieten. Die thatsächlichen Bedürfnisse des<lb/> Volkes, gleichviel, von welcher Seite sie geltend gemacht werden, nicht die ein¬<lb/> gebildeten, müssen für sie die Richtschnur abgeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_12"> So ungefähr Herr v. Bennigsen, der jetzt, nachdem der linke Flügel der<lb/> Nationalliberalen beinahe völlig beseitigt und der Rest desselben seines Wort¬<lb/> halters beraubt ist, in vollerem Sinne als in der vorigen Periode der preu¬<lb/> ßischen Gesetzgebung als Führer der gesammten Partei zu gelten hat, und wir<lb/> schließen uns seinen Aeußerungen, wenn wir sie so verstehen dürfen, wie wir<lb/> sie nehmen zu können glauben, Thaten darnach erwartend, bereitwillig an.</p><lb/> <p xml:id="ID_13" next="#ID_14"> Auch das Verhältniß Deutschlands zu den auswärtigen Höfen und Staaten<lb/> gestaltete sich in diesem Jahre nach einer starken Trübung befriedigend; gerade diese<lb/> Trübung führte zu einem Ereignisse, welches von allen Deutschen, die das Reich<lb/> gründlich gegen übelwollende Nachbarn verwahrt, und zugleich von allen Be¬<lb/> wohnern Europas, die den Frieden des Welttheils gesichert wissen wollen, mit<lb/> außergewöhnlicher Freude und Genugthuung begrüßt wurde. Der Reichskanzler<lb/> hatte, als er das Jahr vorher die Rolle des „ehrlichen Makkers" übernommen,<lb/> vor allem jenen Frieden im Auge gehabt und sich deshalb bemüht, einen billigen<lb/> Ausgleich der Ansprüche aller bei dem russisch-türkischen Kriege unmittelbar und<lb/> mittelbar betheiligt Gewesenen zu Stande zu bringen. Er hatte ferner diese<lb/> Politik auch in Betreff der Mitwirkung Deutschlands bei den Maßregeln ver¬<lb/> folgt, welche die Ausführung der in Berlin gefaßten Beschlüsse bezweckten. Wenn<lb/> er dabei auch die Interessen Rußlands wahrnahm und nach Möglichkeit förderte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
ohne erhebliche Streitigkeiten ihrer Verwirklichung dnrch Gesetze entgegengehen
und haben diesen Weg in diesem Augenblicke schon angetreten.
Der Reichskanzler will keine Reaction, und die Bevölkerung will auch keine.
Sie ist nnr —wir sprechen dies, so weit wir können, einem hervorragenden
Nationalliberalen nach — conservativer geworden, weil es mehr als früher zu con-
serviren giebt. Sie ist realistischer als ehedem, seit für fast unerreichbar gehaltene
Ideale zu Wirklichkeiten geworden sind. Aber mit dem liberalen Gedanken hat
die Mehrheit der Nation nicht gebrochen, und nur die Fehler derjenigen Ver¬
treter dieses Gedankens, die Unmögliches erstreben, können die Liberalen ans
der ihnen gebührenden Stellung verdrängen. Die Conservativen sind außer
Stande, die in den letzten Jahren gelegten Fundamente der Gesetzgebung anzu¬
tasten; denn dieselben find Resultate der Gedankenarbeit der Nation. Sie sind
von der Regierung, den gemäßigten Conservativen und den Liberalen gemeinsam
geschaffen worden und zwar mit maßgebender Einwirkung der letzteren. Können
diese im Allgemeinen mit Genugthuung auf ihr Werk blicken, so haben sie andrer¬
seits die Verpflichtung, ohne doctrinären Eigensinn allenthalben ihr Ohr zu
leihen, wenn man ihnen Mängel an jenen Schöpfungen nachweist, und zur
Beseitigung derselben die Hand zu bieten. Die thatsächlichen Bedürfnisse des
Volkes, gleichviel, von welcher Seite sie geltend gemacht werden, nicht die ein¬
gebildeten, müssen für sie die Richtschnur abgeben.
So ungefähr Herr v. Bennigsen, der jetzt, nachdem der linke Flügel der
Nationalliberalen beinahe völlig beseitigt und der Rest desselben seines Wort¬
halters beraubt ist, in vollerem Sinne als in der vorigen Periode der preu¬
ßischen Gesetzgebung als Führer der gesammten Partei zu gelten hat, und wir
schließen uns seinen Aeußerungen, wenn wir sie so verstehen dürfen, wie wir
sie nehmen zu können glauben, Thaten darnach erwartend, bereitwillig an.
Auch das Verhältniß Deutschlands zu den auswärtigen Höfen und Staaten
gestaltete sich in diesem Jahre nach einer starken Trübung befriedigend; gerade diese
Trübung führte zu einem Ereignisse, welches von allen Deutschen, die das Reich
gründlich gegen übelwollende Nachbarn verwahrt, und zugleich von allen Be¬
wohnern Europas, die den Frieden des Welttheils gesichert wissen wollen, mit
außergewöhnlicher Freude und Genugthuung begrüßt wurde. Der Reichskanzler
hatte, als er das Jahr vorher die Rolle des „ehrlichen Makkers" übernommen,
vor allem jenen Frieden im Auge gehabt und sich deshalb bemüht, einen billigen
Ausgleich der Ansprüche aller bei dem russisch-türkischen Kriege unmittelbar und
mittelbar betheiligt Gewesenen zu Stande zu bringen. Er hatte ferner diese
Politik auch in Betreff der Mitwirkung Deutschlands bei den Maßregeln ver¬
folgt, welche die Ausführung der in Berlin gefaßten Beschlüsse bezweckten. Wenn
er dabei auch die Interessen Rußlands wahrnahm und nach Möglichkeit förderte
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