Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

vollständigen Kenntniß unserer Erde, das früher oder später von der Mensch¬
heit erreicht werden wird, und dessen Verfolgung für jede civilisirte Nation jetzt
Ehrensache sein muß."

Diesem leitenden Gedanken ließ Nordenskjöld eine so überzeugende Darstel¬
lung der praktische,: und wissenschaftlichen Vortheile seiner projectirten Fahrt
folgen, daß der König und die Regierung dem Unternehmen ihre Unterstützung
gewährten, der König, indem er 2200 Pfd. Se. zu den auf 20000 Pfd. Se.
angeschlagenen Kosten beitrug, die Regierung, indem sie die nöthigen Summen
zur Ausrüstung und Verproviantirung des Expeditionsschiffes gewährte und
allen Offizieren und Matrosen der schwedischen Marine, welche sich an der
Fahrt betheiligen würden, dasselbe Gehalt und diejenigen Vortheile einräumte,
welche die Mannschaften der Kriegsschiffe bei Reisen in ferne Gewässer genießen.
Da auch dieses Mal wieder Dickson den Löwenantheil an den Kosten trug und
Sibiriakvff einen ansehnlichen Beitrag zusteuerte, so war das Unternehmen in
finanzieller Beziehung gesichert.

Für die Fahrt wurde der 1872 -- 73 in Bremen gebaute Dampfwalfisch¬
fänger "Vega" gekauft, der aus bestem Eichenholz hergestellt und mit einer beson¬
deren Eisbank aus westindischen Grünholz bekleidet war. Die "Vega" mißt
299 Registertous bei einer Kiellänge von 130 Bremer Fuß und einer größten
Breite von 29 Fuß. Als Mannschaft hatte man aus 200 Freiwilligen die 16
tüchtigsten ausgewählt und dazu noch 3 Walroßfänger zugefügt. Die nautischen
Leiter des Schiffes waren A. A. L. Palander als Capitän und E. C. Bruse-
witz als zweiter Commandirender, zum wissenschaftlichen Personal zählten der
Botaniker Kjelmcmn, der Zoolog Strnxberg, der Arzt und Botaniker Almquist.
Von Vertretern fremder Rationell schlössen sich der Italiener Giacomo Bore,
der Däne Andreas Hovgaard und der russische Lieutenant Oscar Nordquist an.
Uebrigens beiheiligten sich an der Expedition auf dem ersten Theile ihrer Fahrt
außer der "Vega" noch drei andere Schiffe; von diesen begleiteten der Dampfer
"Fräser" und der Segler "Expreß" das Hauptschiff bis zur Jenisseimündung,
der kleine Dampfer "Lena" erhielt die Aufgabe, bis zu dem gleichnamigen Flusse
mitzugehen.

So verließ denn die in jeder Beziehung vortrefflich ausgerüstete "Vega"
Gothenburg am 4. Juli 1878 und lief am 6. August im Dickson-Hafen ein,
um von hier aus am 10. August in ein völlig unbekanntes Gebiet hinauszu¬
steuern. Selbstverständlich durfte man nur unter Anwendung der größten Vor¬
sicht vorrücken, um nicht den Gefahren nordischer Meere: Eis, Nebel, seichten
Stellen, zum Opfer zu fallen; daß trotz der häufigen schweren Nebel und trotz
der zahlreichen kleinen Inseln und Sandbänke, die, auf keiner Karte verzeichnet,
sich an der Küste hinziehen, das Schiff kein einziges Mal auf Grund gerieth,


vollständigen Kenntniß unserer Erde, das früher oder später von der Mensch¬
heit erreicht werden wird, und dessen Verfolgung für jede civilisirte Nation jetzt
Ehrensache sein muß."

Diesem leitenden Gedanken ließ Nordenskjöld eine so überzeugende Darstel¬
lung der praktische,: und wissenschaftlichen Vortheile seiner projectirten Fahrt
folgen, daß der König und die Regierung dem Unternehmen ihre Unterstützung
gewährten, der König, indem er 2200 Pfd. Se. zu den auf 20000 Pfd. Se.
angeschlagenen Kosten beitrug, die Regierung, indem sie die nöthigen Summen
zur Ausrüstung und Verproviantirung des Expeditionsschiffes gewährte und
allen Offizieren und Matrosen der schwedischen Marine, welche sich an der
Fahrt betheiligen würden, dasselbe Gehalt und diejenigen Vortheile einräumte,
welche die Mannschaften der Kriegsschiffe bei Reisen in ferne Gewässer genießen.
Da auch dieses Mal wieder Dickson den Löwenantheil an den Kosten trug und
Sibiriakvff einen ansehnlichen Beitrag zusteuerte, so war das Unternehmen in
finanzieller Beziehung gesichert.

Für die Fahrt wurde der 1872 — 73 in Bremen gebaute Dampfwalfisch¬
fänger „Vega" gekauft, der aus bestem Eichenholz hergestellt und mit einer beson¬
deren Eisbank aus westindischen Grünholz bekleidet war. Die „Vega" mißt
299 Registertous bei einer Kiellänge von 130 Bremer Fuß und einer größten
Breite von 29 Fuß. Als Mannschaft hatte man aus 200 Freiwilligen die 16
tüchtigsten ausgewählt und dazu noch 3 Walroßfänger zugefügt. Die nautischen
Leiter des Schiffes waren A. A. L. Palander als Capitän und E. C. Bruse-
witz als zweiter Commandirender, zum wissenschaftlichen Personal zählten der
Botaniker Kjelmcmn, der Zoolog Strnxberg, der Arzt und Botaniker Almquist.
Von Vertretern fremder Rationell schlössen sich der Italiener Giacomo Bore,
der Däne Andreas Hovgaard und der russische Lieutenant Oscar Nordquist an.
Uebrigens beiheiligten sich an der Expedition auf dem ersten Theile ihrer Fahrt
außer der „Vega" noch drei andere Schiffe; von diesen begleiteten der Dampfer
„Fräser" und der Segler „Expreß" das Hauptschiff bis zur Jenisseimündung,
der kleine Dampfer „Lena" erhielt die Aufgabe, bis zu dem gleichnamigen Flusse
mitzugehen.

So verließ denn die in jeder Beziehung vortrefflich ausgerüstete „Vega"
Gothenburg am 4. Juli 1878 und lief am 6. August im Dickson-Hafen ein,
um von hier aus am 10. August in ein völlig unbekanntes Gebiet hinauszu¬
steuern. Selbstverständlich durfte man nur unter Anwendung der größten Vor¬
sicht vorrücken, um nicht den Gefahren nordischer Meere: Eis, Nebel, seichten
Stellen, zum Opfer zu fallen; daß trotz der häufigen schweren Nebel und trotz
der zahlreichen kleinen Inseln und Sandbänke, die, auf keiner Karte verzeichnet,
sich an der Küste hinziehen, das Schiff kein einziges Mal auf Grund gerieth,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147006"/>
          <p xml:id="ID_1452" prev="#ID_1451"> vollständigen Kenntniß unserer Erde, das früher oder später von der Mensch¬<lb/>
heit erreicht werden wird, und dessen Verfolgung für jede civilisirte Nation jetzt<lb/>
Ehrensache sein muß."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1453"> Diesem leitenden Gedanken ließ Nordenskjöld eine so überzeugende Darstel¬<lb/>
lung der praktische,: und wissenschaftlichen Vortheile seiner projectirten Fahrt<lb/>
folgen, daß der König und die Regierung dem Unternehmen ihre Unterstützung<lb/>
gewährten, der König, indem er 2200 Pfd. Se. zu den auf 20000 Pfd. Se.<lb/>
angeschlagenen Kosten beitrug, die Regierung, indem sie die nöthigen Summen<lb/>
zur Ausrüstung und Verproviantirung des Expeditionsschiffes gewährte und<lb/>
allen Offizieren und Matrosen der schwedischen Marine, welche sich an der<lb/>
Fahrt betheiligen würden, dasselbe Gehalt und diejenigen Vortheile einräumte,<lb/>
welche die Mannschaften der Kriegsschiffe bei Reisen in ferne Gewässer genießen.<lb/>
Da auch dieses Mal wieder Dickson den Löwenantheil an den Kosten trug und<lb/>
Sibiriakvff einen ansehnlichen Beitrag zusteuerte, so war das Unternehmen in<lb/>
finanzieller Beziehung gesichert.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1454"> Für die Fahrt wurde der 1872 &#x2014; 73 in Bremen gebaute Dampfwalfisch¬<lb/>
fänger &#x201E;Vega" gekauft, der aus bestem Eichenholz hergestellt und mit einer beson¬<lb/>
deren Eisbank aus westindischen Grünholz bekleidet war. Die &#x201E;Vega" mißt<lb/>
299 Registertous bei einer Kiellänge von 130 Bremer Fuß und einer größten<lb/>
Breite von 29 Fuß. Als Mannschaft hatte man aus 200 Freiwilligen die 16<lb/>
tüchtigsten ausgewählt und dazu noch 3 Walroßfänger zugefügt. Die nautischen<lb/>
Leiter des Schiffes waren A. A. L. Palander als Capitän und E. C. Bruse-<lb/>
witz als zweiter Commandirender, zum wissenschaftlichen Personal zählten der<lb/>
Botaniker Kjelmcmn, der Zoolog Strnxberg, der Arzt und Botaniker Almquist.<lb/>
Von Vertretern fremder Rationell schlössen sich der Italiener Giacomo Bore,<lb/>
der Däne Andreas Hovgaard und der russische Lieutenant Oscar Nordquist an.<lb/>
Uebrigens beiheiligten sich an der Expedition auf dem ersten Theile ihrer Fahrt<lb/>
außer der &#x201E;Vega" noch drei andere Schiffe; von diesen begleiteten der Dampfer<lb/>
&#x201E;Fräser" und der Segler &#x201E;Expreß" das Hauptschiff bis zur Jenisseimündung,<lb/>
der kleine Dampfer &#x201E;Lena" erhielt die Aufgabe, bis zu dem gleichnamigen Flusse<lb/>
mitzugehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1455" next="#ID_1456"> So verließ denn die in jeder Beziehung vortrefflich ausgerüstete &#x201E;Vega"<lb/>
Gothenburg am 4. Juli 1878 und lief am 6. August im Dickson-Hafen ein,<lb/>
um von hier aus am 10. August in ein völlig unbekanntes Gebiet hinauszu¬<lb/>
steuern. Selbstverständlich durfte man nur unter Anwendung der größten Vor¬<lb/>
sicht vorrücken, um nicht den Gefahren nordischer Meere: Eis, Nebel, seichten<lb/>
Stellen, zum Opfer zu fallen; daß trotz der häufigen schweren Nebel und trotz<lb/>
der zahlreichen kleinen Inseln und Sandbänke, die, auf keiner Karte verzeichnet,<lb/>
sich an der Küste hinziehen, das Schiff kein einziges Mal auf Grund gerieth,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0501] vollständigen Kenntniß unserer Erde, das früher oder später von der Mensch¬ heit erreicht werden wird, und dessen Verfolgung für jede civilisirte Nation jetzt Ehrensache sein muß." Diesem leitenden Gedanken ließ Nordenskjöld eine so überzeugende Darstel¬ lung der praktische,: und wissenschaftlichen Vortheile seiner projectirten Fahrt folgen, daß der König und die Regierung dem Unternehmen ihre Unterstützung gewährten, der König, indem er 2200 Pfd. Se. zu den auf 20000 Pfd. Se. angeschlagenen Kosten beitrug, die Regierung, indem sie die nöthigen Summen zur Ausrüstung und Verproviantirung des Expeditionsschiffes gewährte und allen Offizieren und Matrosen der schwedischen Marine, welche sich an der Fahrt betheiligen würden, dasselbe Gehalt und diejenigen Vortheile einräumte, welche die Mannschaften der Kriegsschiffe bei Reisen in ferne Gewässer genießen. Da auch dieses Mal wieder Dickson den Löwenantheil an den Kosten trug und Sibiriakvff einen ansehnlichen Beitrag zusteuerte, so war das Unternehmen in finanzieller Beziehung gesichert. Für die Fahrt wurde der 1872 — 73 in Bremen gebaute Dampfwalfisch¬ fänger „Vega" gekauft, der aus bestem Eichenholz hergestellt und mit einer beson¬ deren Eisbank aus westindischen Grünholz bekleidet war. Die „Vega" mißt 299 Registertous bei einer Kiellänge von 130 Bremer Fuß und einer größten Breite von 29 Fuß. Als Mannschaft hatte man aus 200 Freiwilligen die 16 tüchtigsten ausgewählt und dazu noch 3 Walroßfänger zugefügt. Die nautischen Leiter des Schiffes waren A. A. L. Palander als Capitän und E. C. Bruse- witz als zweiter Commandirender, zum wissenschaftlichen Personal zählten der Botaniker Kjelmcmn, der Zoolog Strnxberg, der Arzt und Botaniker Almquist. Von Vertretern fremder Rationell schlössen sich der Italiener Giacomo Bore, der Däne Andreas Hovgaard und der russische Lieutenant Oscar Nordquist an. Uebrigens beiheiligten sich an der Expedition auf dem ersten Theile ihrer Fahrt außer der „Vega" noch drei andere Schiffe; von diesen begleiteten der Dampfer „Fräser" und der Segler „Expreß" das Hauptschiff bis zur Jenisseimündung, der kleine Dampfer „Lena" erhielt die Aufgabe, bis zu dem gleichnamigen Flusse mitzugehen. So verließ denn die in jeder Beziehung vortrefflich ausgerüstete „Vega" Gothenburg am 4. Juli 1878 und lief am 6. August im Dickson-Hafen ein, um von hier aus am 10. August in ein völlig unbekanntes Gebiet hinauszu¬ steuern. Selbstverständlich durfte man nur unter Anwendung der größten Vor¬ sicht vorrücken, um nicht den Gefahren nordischer Meere: Eis, Nebel, seichten Stellen, zum Opfer zu fallen; daß trotz der häufigen schweren Nebel und trotz der zahlreichen kleinen Inseln und Sandbänke, die, auf keiner Karte verzeichnet, sich an der Küste hinziehen, das Schiff kein einziges Mal auf Grund gerieth,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/501
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/501>, abgerufen am 22.07.2024.