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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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Namen gemacht, mit Josef Weiser, geboren 1847 zu Patschkan in Schlesien,
welcher mit Glück das himioristische Genre cultivirt und namentlich in der Dar¬
stellung eines "Volkstheaters im vorigen Jahrhundert" und seiner zahlreichen
Zuschauer ein vielversprechendes Talent an den Tag gelegt hat.


Adolf Rosenberg.


politische Briefe.
Die Genesis der kirchenpolitischen Vorlage.

Zwischen dem 26. und 28. Mai, also in den letzten Tagen, ja noch in der
letzten Stunde vor der ersten Berathung der kirchenpolitischen Vorlage im Abge¬
ordnetenhaus":, veröffentlichte die Staatsregierung jenen merkwürdigen Schriften¬
wechsel zwischen der deutschen Botschaft in Wien und dem Auswärtigen Amte
in Berlin, welcher die öffentliche Aufmerksamkeit noch unausgesetzt beschäftigt.
Viele Einzelheiten in diesen Schriftstücken haben schlagartig gewirkt, aber wie
es so geht: aus dem Ganzen einen Vers zu machen hat noch niemand versucht.
Und doch kommt man nur so zum Verständniß.

Die Wiener Berichte betreffen Unterhaltungen und gewechselte Erklärungen
zwischen dem deutschen Botschafter und dem päpstlichen Pronuntius Cardinal
Jaeobini. Auf diese Berichte geben der Reichskanzler oder seine Stellvertreter
Anweisungen und Auseinandersetzungen.

Man muß den Zeitraum der veröffentlichten Schriftstücke beachten; sie er¬
strecken sich vom 4. März, d. h. von der Mittheilung des päpstlichen Breves
an den abgesetzten Erzbischof von Cöln durch Jacobini an den deutschen Bot¬
schafter, welches bekanntlich das Datum vom 24. Februar trägt, bis zum 21.
Mai, d. h. bis zu dem Tage, der auf die Einbringung der vom 19. Mai datirten
kirchenpolitischen Vorlage im Abgeordnetenhause folgt. Das Breve, der das
Breve beantwortende Staatsministerialbeschlusz vom 17. März und schließlich
die Vorlage vom 19. Mai sind also die Gegenstände des Schriftenwechsels.

Die ultramontanen Blätter haben wiederholt hervorgehoben, die Wiener
Besprechungen hätten feit dem Breve vom 24. Februar plötzlich einen ganz
neuen Charakter angenommen. Vor dein Breve habe es sich gehandelt um eine
Revision der Maigesetze in dem Sinne, daß die preußische Regierung sich an¬
heischig machen wollte, gewisse Punkte dieser Gesetze abzustellen, um dafür zu
erlangen, daß der Papst für den Rest den Gehorsam der Katholiken verbürge.
Natürlich würde dazu erforderlich gewesen sein, daß von der Maigesetzgebung
nur übrig geblieben, was den Ansprüchen der Curie nicht zuwider läuft, und
da muß man freilich fragen: Was kann das sein? Gleichviel, die Verösfent-


Namen gemacht, mit Josef Weiser, geboren 1847 zu Patschkan in Schlesien,
welcher mit Glück das himioristische Genre cultivirt und namentlich in der Dar¬
stellung eines „Volkstheaters im vorigen Jahrhundert" und seiner zahlreichen
Zuschauer ein vielversprechendes Talent an den Tag gelegt hat.


Adolf Rosenberg.


politische Briefe.
Die Genesis der kirchenpolitischen Vorlage.

Zwischen dem 26. und 28. Mai, also in den letzten Tagen, ja noch in der
letzten Stunde vor der ersten Berathung der kirchenpolitischen Vorlage im Abge¬
ordnetenhaus«:, veröffentlichte die Staatsregierung jenen merkwürdigen Schriften¬
wechsel zwischen der deutschen Botschaft in Wien und dem Auswärtigen Amte
in Berlin, welcher die öffentliche Aufmerksamkeit noch unausgesetzt beschäftigt.
Viele Einzelheiten in diesen Schriftstücken haben schlagartig gewirkt, aber wie
es so geht: aus dem Ganzen einen Vers zu machen hat noch niemand versucht.
Und doch kommt man nur so zum Verständniß.

Die Wiener Berichte betreffen Unterhaltungen und gewechselte Erklärungen
zwischen dem deutschen Botschafter und dem päpstlichen Pronuntius Cardinal
Jaeobini. Auf diese Berichte geben der Reichskanzler oder seine Stellvertreter
Anweisungen und Auseinandersetzungen.

Man muß den Zeitraum der veröffentlichten Schriftstücke beachten; sie er¬
strecken sich vom 4. März, d. h. von der Mittheilung des päpstlichen Breves
an den abgesetzten Erzbischof von Cöln durch Jacobini an den deutschen Bot¬
schafter, welches bekanntlich das Datum vom 24. Februar trägt, bis zum 21.
Mai, d. h. bis zu dem Tage, der auf die Einbringung der vom 19. Mai datirten
kirchenpolitischen Vorlage im Abgeordnetenhause folgt. Das Breve, der das
Breve beantwortende Staatsministerialbeschlusz vom 17. März und schließlich
die Vorlage vom 19. Mai sind also die Gegenstände des Schriftenwechsels.

Die ultramontanen Blätter haben wiederholt hervorgehoben, die Wiener
Besprechungen hätten feit dem Breve vom 24. Februar plötzlich einen ganz
neuen Charakter angenommen. Vor dein Breve habe es sich gehandelt um eine
Revision der Maigesetze in dem Sinne, daß die preußische Regierung sich an¬
heischig machen wollte, gewisse Punkte dieser Gesetze abzustellen, um dafür zu
erlangen, daß der Papst für den Rest den Gehorsam der Katholiken verbürge.
Natürlich würde dazu erforderlich gewesen sein, daß von der Maigesetzgebung
nur übrig geblieben, was den Ansprüchen der Curie nicht zuwider läuft, und
da muß man freilich fragen: Was kann das sein? Gleichviel, die Verösfent-


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[0482] Namen gemacht, mit Josef Weiser, geboren 1847 zu Patschkan in Schlesien, welcher mit Glück das himioristische Genre cultivirt und namentlich in der Dar¬ stellung eines „Volkstheaters im vorigen Jahrhundert" und seiner zahlreichen Zuschauer ein vielversprechendes Talent an den Tag gelegt hat. Adolf Rosenberg. politische Briefe. Die Genesis der kirchenpolitischen Vorlage. Zwischen dem 26. und 28. Mai, also in den letzten Tagen, ja noch in der letzten Stunde vor der ersten Berathung der kirchenpolitischen Vorlage im Abge¬ ordnetenhaus«:, veröffentlichte die Staatsregierung jenen merkwürdigen Schriften¬ wechsel zwischen der deutschen Botschaft in Wien und dem Auswärtigen Amte in Berlin, welcher die öffentliche Aufmerksamkeit noch unausgesetzt beschäftigt. Viele Einzelheiten in diesen Schriftstücken haben schlagartig gewirkt, aber wie es so geht: aus dem Ganzen einen Vers zu machen hat noch niemand versucht. Und doch kommt man nur so zum Verständniß. Die Wiener Berichte betreffen Unterhaltungen und gewechselte Erklärungen zwischen dem deutschen Botschafter und dem päpstlichen Pronuntius Cardinal Jaeobini. Auf diese Berichte geben der Reichskanzler oder seine Stellvertreter Anweisungen und Auseinandersetzungen. Man muß den Zeitraum der veröffentlichten Schriftstücke beachten; sie er¬ strecken sich vom 4. März, d. h. von der Mittheilung des päpstlichen Breves an den abgesetzten Erzbischof von Cöln durch Jacobini an den deutschen Bot¬ schafter, welches bekanntlich das Datum vom 24. Februar trägt, bis zum 21. Mai, d. h. bis zu dem Tage, der auf die Einbringung der vom 19. Mai datirten kirchenpolitischen Vorlage im Abgeordnetenhause folgt. Das Breve, der das Breve beantwortende Staatsministerialbeschlusz vom 17. März und schließlich die Vorlage vom 19. Mai sind also die Gegenstände des Schriftenwechsels. Die ultramontanen Blätter haben wiederholt hervorgehoben, die Wiener Besprechungen hätten feit dem Breve vom 24. Februar plötzlich einen ganz neuen Charakter angenommen. Vor dein Breve habe es sich gehandelt um eine Revision der Maigesetze in dem Sinne, daß die preußische Regierung sich an¬ heischig machen wollte, gewisse Punkte dieser Gesetze abzustellen, um dafür zu erlangen, daß der Papst für den Rest den Gehorsam der Katholiken verbürge. Natürlich würde dazu erforderlich gewesen sein, daß von der Maigesetzgebung nur übrig geblieben, was den Ansprüchen der Curie nicht zuwider läuft, und da muß man freilich fragen: Was kann das sein? Gleichviel, die Verösfent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/482>, abgerufen am 03.07.2024.