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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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führt nun das Wasser die Nahrungsmittel für die Pflanzendecke in dreifacher
Form: als Los, Lehm und Ackererde. Der Los, eine feine, staubartig zerriebene
Masse von hell schmutziggelber Farbe, welche getrocknet eine ziemliche Festigkeit
besitzt, unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Lehm durch einen viel geringeren
Grad von Zähigkeit und Bildsamkeit. Auch hinsichtlich ihres Vorkommens unter¬
scheiden sich beide sedimentäre Ablagerungen wesentlich. Der Los steht an den
Abhängen der Thäler und Schluchten fast in senkrechten Wänden und findet
sich in großer Mächtigkeit an den Abhängen der Thonschiefer-Gebirge. Der
Lehm dagegen findet sich sowohl auf Höhen als auch im Thale, bedeckt die
Gerölllagen und wechselt oft in bedeutender Mächtigkeit mit ihnen ab. Diese
Verschiedenheit nach Zusammensetzung und Vorkommen ist die Folge ihrer Ent¬
stehung und Bildung.

Der Los ist das Product der oberflächlichen Verwitterung des Thonschie¬
fers, dessen Detritus durch Regen abgespült und in die Thäler geführt, dort
von den Wiesen zurückgehalten wird.*) Mit solchem Aufbau der Wiese wächst
ihre Oberfläche, und das Thal verbreitert sich. Weil dadurch aber in jedem
folgenden Jahre der Detritus auf eine immer größer werdende Wiesenfläche sich
vertheilt, so muß folgerichtig das Wachsen des Aufbaues stetig abnehmen. Der
Lehm ist geschlämmter und mit Sand vermischter Thon, welcher aus der Zer¬
setzung von Silicaten durch Kohlensäure entstanden und da, wo er an seiner
Entstehnngsstelle lagert, noch rein und plastisch ist. Durch Schlämmen und
Absetzen schichtet er sich mehr und mehr und wird unrein. Aller Thon und
Lehm ist aus Thonerdesilieaten entstanden, enthält wenig oder gar keinen kohlen¬
sauren Kalk und ist deshalb zur Anfertigung von Backsteinen und namentlich
Dachsteinen ganz besonders geeignet. Die Ackererde endlich darf nicht mit Los
verwechselt werden. Sie ist der abgeschlämmte Detritus des höher gelegene"
Landes, welcher in den Niederungen bez. dem Meere sich abgesetzt hat und noch
nicht durch Infiltration verdichtet worden ist. Die fruchtbarsten Ebenen und
Marschen in der Nähe des Meeres enthalten den feinsten Detritus aus den
kalihaltigen Gesteinen. Gut gedüngtes Feld wird jedes Jahr fetter und thoniger,
weil die Bruchstücke der kalihaltigen Silicate durch die zersetzende Wirkung der
Kohlensäure immer mehr zu Thon aufgeschlossen werden.





*) Vgl, jedoch die neue Theorie über die Entstehung des Los (dnrch den Wind) welche
Freiherr von Richthvfen im ersten Bande seines Werkes über China aufgestellt hat Siehe
.
D. Red, Grenzboten 1878, 3. Quartal, S, 44S fg.

führt nun das Wasser die Nahrungsmittel für die Pflanzendecke in dreifacher
Form: als Los, Lehm und Ackererde. Der Los, eine feine, staubartig zerriebene
Masse von hell schmutziggelber Farbe, welche getrocknet eine ziemliche Festigkeit
besitzt, unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Lehm durch einen viel geringeren
Grad von Zähigkeit und Bildsamkeit. Auch hinsichtlich ihres Vorkommens unter¬
scheiden sich beide sedimentäre Ablagerungen wesentlich. Der Los steht an den
Abhängen der Thäler und Schluchten fast in senkrechten Wänden und findet
sich in großer Mächtigkeit an den Abhängen der Thonschiefer-Gebirge. Der
Lehm dagegen findet sich sowohl auf Höhen als auch im Thale, bedeckt die
Gerölllagen und wechselt oft in bedeutender Mächtigkeit mit ihnen ab. Diese
Verschiedenheit nach Zusammensetzung und Vorkommen ist die Folge ihrer Ent¬
stehung und Bildung.

Der Los ist das Product der oberflächlichen Verwitterung des Thonschie¬
fers, dessen Detritus durch Regen abgespült und in die Thäler geführt, dort
von den Wiesen zurückgehalten wird.*) Mit solchem Aufbau der Wiese wächst
ihre Oberfläche, und das Thal verbreitert sich. Weil dadurch aber in jedem
folgenden Jahre der Detritus auf eine immer größer werdende Wiesenfläche sich
vertheilt, so muß folgerichtig das Wachsen des Aufbaues stetig abnehmen. Der
Lehm ist geschlämmter und mit Sand vermischter Thon, welcher aus der Zer¬
setzung von Silicaten durch Kohlensäure entstanden und da, wo er an seiner
Entstehnngsstelle lagert, noch rein und plastisch ist. Durch Schlämmen und
Absetzen schichtet er sich mehr und mehr und wird unrein. Aller Thon und
Lehm ist aus Thonerdesilieaten entstanden, enthält wenig oder gar keinen kohlen¬
sauren Kalk und ist deshalb zur Anfertigung von Backsteinen und namentlich
Dachsteinen ganz besonders geeignet. Die Ackererde endlich darf nicht mit Los
verwechselt werden. Sie ist der abgeschlämmte Detritus des höher gelegene»
Landes, welcher in den Niederungen bez. dem Meere sich abgesetzt hat und noch
nicht durch Infiltration verdichtet worden ist. Die fruchtbarsten Ebenen und
Marschen in der Nähe des Meeres enthalten den feinsten Detritus aus den
kalihaltigen Gesteinen. Gut gedüngtes Feld wird jedes Jahr fetter und thoniger,
weil die Bruchstücke der kalihaltigen Silicate durch die zersetzende Wirkung der
Kohlensäure immer mehr zu Thon aufgeschlossen werden.





*) Vgl, jedoch die neue Theorie über die Entstehung des Los (dnrch den Wind) welche
Freiherr von Richthvfen im ersten Bande seines Werkes über China aufgestellt hat Siehe
.
D. Red, Grenzboten 1878, 3. Quartal, S, 44S fg.
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[0466] führt nun das Wasser die Nahrungsmittel für die Pflanzendecke in dreifacher Form: als Los, Lehm und Ackererde. Der Los, eine feine, staubartig zerriebene Masse von hell schmutziggelber Farbe, welche getrocknet eine ziemliche Festigkeit besitzt, unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Lehm durch einen viel geringeren Grad von Zähigkeit und Bildsamkeit. Auch hinsichtlich ihres Vorkommens unter¬ scheiden sich beide sedimentäre Ablagerungen wesentlich. Der Los steht an den Abhängen der Thäler und Schluchten fast in senkrechten Wänden und findet sich in großer Mächtigkeit an den Abhängen der Thonschiefer-Gebirge. Der Lehm dagegen findet sich sowohl auf Höhen als auch im Thale, bedeckt die Gerölllagen und wechselt oft in bedeutender Mächtigkeit mit ihnen ab. Diese Verschiedenheit nach Zusammensetzung und Vorkommen ist die Folge ihrer Ent¬ stehung und Bildung. Der Los ist das Product der oberflächlichen Verwitterung des Thonschie¬ fers, dessen Detritus durch Regen abgespült und in die Thäler geführt, dort von den Wiesen zurückgehalten wird.*) Mit solchem Aufbau der Wiese wächst ihre Oberfläche, und das Thal verbreitert sich. Weil dadurch aber in jedem folgenden Jahre der Detritus auf eine immer größer werdende Wiesenfläche sich vertheilt, so muß folgerichtig das Wachsen des Aufbaues stetig abnehmen. Der Lehm ist geschlämmter und mit Sand vermischter Thon, welcher aus der Zer¬ setzung von Silicaten durch Kohlensäure entstanden und da, wo er an seiner Entstehnngsstelle lagert, noch rein und plastisch ist. Durch Schlämmen und Absetzen schichtet er sich mehr und mehr und wird unrein. Aller Thon und Lehm ist aus Thonerdesilieaten entstanden, enthält wenig oder gar keinen kohlen¬ sauren Kalk und ist deshalb zur Anfertigung von Backsteinen und namentlich Dachsteinen ganz besonders geeignet. Die Ackererde endlich darf nicht mit Los verwechselt werden. Sie ist der abgeschlämmte Detritus des höher gelegene» Landes, welcher in den Niederungen bez. dem Meere sich abgesetzt hat und noch nicht durch Infiltration verdichtet worden ist. Die fruchtbarsten Ebenen und Marschen in der Nähe des Meeres enthalten den feinsten Detritus aus den kalihaltigen Gesteinen. Gut gedüngtes Feld wird jedes Jahr fetter und thoniger, weil die Bruchstücke der kalihaltigen Silicate durch die zersetzende Wirkung der Kohlensäure immer mehr zu Thon aufgeschlossen werden. *) Vgl, jedoch die neue Theorie über die Entstehung des Los (dnrch den Wind) welche Freiherr von Richthvfen im ersten Bande seines Werkes über China aufgestellt hat Siehe . D. Red, Grenzboten 1878, 3. Quartal, S, 44S fg.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/466>, abgerufen am 22.07.2024.