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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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"Aus Goethes Frühzeit" ausgesprochene, inzwischen von vielen Seiten angefochtene
Ansicht zurückkommt, daß zum "Satyros" niemand anders als Herder das Modell
gewesen sei, und dieser Ansicht durch neues Material noch einige, wie uns scheint,
kräftige Stützen giebt. Trotz mancher anderen Elemente, die daneben noch hineinge¬
flossen seien, bleibt Scherer dabei, daß Herder "das Hauptmotiv gegeben" habe; "natür¬
lich handelt es sich zunächst nicht um den wirklichen Herder, sondern um den Herder
in Goethes Vorstellung zur Zeit der Abfassung" -- dies hält er denen, die über
seine frühere Abhandlung gezetert haben, auch hier wieder entgegen. K. Barts es
hat einen Aufsatz beigesteuert: "Goethe und der Alexandriner", worin er zeigt, wie
der Alexandincr, der ja im Wesentlichen gleichzeitig mit Gottsched gestürzt wurde und in
dessen Erbe sich namentlich drei Formen, die Prosa, der reimlose "fünffüßige Jambus"
und der Hexameter theilten, doch von Goethe noch vielfach benutzt worden sei. Wir
bekennen ehrlich, daß wir von Bartsch etwas Interessanteres erwartet hätten. Wir
bestreiten nicht, daß auch derartige Arbeiten gemacht werden müssen, wiewohl
in der Regel herzlich wenig dabei herauskommt; nur könnte schließlich ein Studentleiu
im ersten Semester, wenn man ihn sonst richtig "anlernt", dergleichen ebenso gut
leisten, wie der Herr und Meister selbst. Mehr interessiren dürfte die Leser
des "Jahrbuches" der Beitrag H. Düntzers: "Die Zuverlässigkeit von Goethes
Angaben über seine eigenen Werke in ,Dichtung und Wahrheit"', obgleich er eigent¬
lich nicht viel neues enthält. Düntzer erörtert nochmals die Chronologie der
Entstehung des "Werther", des "Götz", des "Faust" und einiger anderen Schriften.
Was den "Werther" betrifft, so hat Düntzer die einschlägigen Daten im Ganzen
richtig zusammengestellt; trotzdem können wir uns mit seiner Entstehungsgeschichte
nicht einverstanden erklären. Unzweifelhaft fing Goethe am 1. Februar 1774
den "Werther" zu schreiben an und schrieb ihn dann in wenigen Wochen rasch
hinter einander fort. Doch ist deshalb kein Grund, anzunehmen, daß erst seine
Erfahrungen mit dem eifersüchtigen Brentano (Januar 1774) ihn zur dichter¬
ischen Behandlung seiner Wetzlarer Erlebnisse getrieben hätten. Die Absicht,
dieselben früher oder später dichterisch zu gestalten, stand jedenfalls bereits im
November 1772 bei ihm fest, als er die erschütternde Kunde von Jerusalems Tode
erhielt. Wozu hätte er sich sonst so ausführliche Nachrichten von Kestner darüber
schicken lassen? Wozu hätte er diese Nachrichten bis in den Januar 1773 behalten?
Dann wurde allerdings der Plan bis in den Herbst 1773 durch anderes zurück¬
gedrängt, aber bereits im September taucht er wieder empor, und die Erlebnisse im
Brentcmoschen Hause bringen endlich die Ausführung in Fluß. So hat es H. Grimm
in seinen "Vorlesungen" viel richtiger dargestellt. Neuerdings hat Loeper eine höchst
geistreiche Vermuthung ausgesprochen, die Düntzer nicht so mit zwei Zeilen hätte abthun
sollen, als ob sie "nicht die geringste Wahrscheinlichkeit" hätte. Loeper vermuthet, daß
ganze Partien des "Werther" nur die Ueberarbeitung seien von wirklichen Briefen, die
Goethe im Sommer 1772 von Wetzlar aus an Merck geschrieben und die er sich später
für die Ausarbeitung des Romans habe zurückgeben lassen. Diese Vermuthung
hat die allergrößte Wahrscheinlichkeit; sie entspricht vollständig den: Verfahren, daß
Goethe später noch wiederholt eingeschlagen, und sie, nur sie, erklärt die stupende
Wahrheit im Detail und die zahlreichen episodischen Figuren, die, ohne sür den
Gang der Handlung, die Charakteristik der Hauptfiguren oder den Ideengehalt der
Dichtung irgend welche Bedeutung zu haben, im "Werther" auftauchen und wieder
verschwindend) Natürlich muß man an tagebuchartige Briefergüsse denken, wie sie



*) Einzelnes springt sofort in die Augen, worauf unseres Wissens noch niemand auf¬
merksam gemacht hat. Gleich im ersten Briefe vom 4. Mai heißt es: "Ich habe meine

„Aus Goethes Frühzeit" ausgesprochene, inzwischen von vielen Seiten angefochtene
Ansicht zurückkommt, daß zum „Satyros" niemand anders als Herder das Modell
gewesen sei, und dieser Ansicht durch neues Material noch einige, wie uns scheint,
kräftige Stützen giebt. Trotz mancher anderen Elemente, die daneben noch hineinge¬
flossen seien, bleibt Scherer dabei, daß Herder „das Hauptmotiv gegeben" habe; „natür¬
lich handelt es sich zunächst nicht um den wirklichen Herder, sondern um den Herder
in Goethes Vorstellung zur Zeit der Abfassung" — dies hält er denen, die über
seine frühere Abhandlung gezetert haben, auch hier wieder entgegen. K. Barts es
hat einen Aufsatz beigesteuert: „Goethe und der Alexandriner", worin er zeigt, wie
der Alexandincr, der ja im Wesentlichen gleichzeitig mit Gottsched gestürzt wurde und in
dessen Erbe sich namentlich drei Formen, die Prosa, der reimlose „fünffüßige Jambus"
und der Hexameter theilten, doch von Goethe noch vielfach benutzt worden sei. Wir
bekennen ehrlich, daß wir von Bartsch etwas Interessanteres erwartet hätten. Wir
bestreiten nicht, daß auch derartige Arbeiten gemacht werden müssen, wiewohl
in der Regel herzlich wenig dabei herauskommt; nur könnte schließlich ein Studentleiu
im ersten Semester, wenn man ihn sonst richtig „anlernt", dergleichen ebenso gut
leisten, wie der Herr und Meister selbst. Mehr interessiren dürfte die Leser
des „Jahrbuches" der Beitrag H. Düntzers: „Die Zuverlässigkeit von Goethes
Angaben über seine eigenen Werke in ,Dichtung und Wahrheit"', obgleich er eigent¬
lich nicht viel neues enthält. Düntzer erörtert nochmals die Chronologie der
Entstehung des „Werther", des „Götz", des „Faust" und einiger anderen Schriften.
Was den „Werther" betrifft, so hat Düntzer die einschlägigen Daten im Ganzen
richtig zusammengestellt; trotzdem können wir uns mit seiner Entstehungsgeschichte
nicht einverstanden erklären. Unzweifelhaft fing Goethe am 1. Februar 1774
den „Werther" zu schreiben an und schrieb ihn dann in wenigen Wochen rasch
hinter einander fort. Doch ist deshalb kein Grund, anzunehmen, daß erst seine
Erfahrungen mit dem eifersüchtigen Brentano (Januar 1774) ihn zur dichter¬
ischen Behandlung seiner Wetzlarer Erlebnisse getrieben hätten. Die Absicht,
dieselben früher oder später dichterisch zu gestalten, stand jedenfalls bereits im
November 1772 bei ihm fest, als er die erschütternde Kunde von Jerusalems Tode
erhielt. Wozu hätte er sich sonst so ausführliche Nachrichten von Kestner darüber
schicken lassen? Wozu hätte er diese Nachrichten bis in den Januar 1773 behalten?
Dann wurde allerdings der Plan bis in den Herbst 1773 durch anderes zurück¬
gedrängt, aber bereits im September taucht er wieder empor, und die Erlebnisse im
Brentcmoschen Hause bringen endlich die Ausführung in Fluß. So hat es H. Grimm
in seinen „Vorlesungen" viel richtiger dargestellt. Neuerdings hat Loeper eine höchst
geistreiche Vermuthung ausgesprochen, die Düntzer nicht so mit zwei Zeilen hätte abthun
sollen, als ob sie „nicht die geringste Wahrscheinlichkeit" hätte. Loeper vermuthet, daß
ganze Partien des „Werther" nur die Ueberarbeitung seien von wirklichen Briefen, die
Goethe im Sommer 1772 von Wetzlar aus an Merck geschrieben und die er sich später
für die Ausarbeitung des Romans habe zurückgeben lassen. Diese Vermuthung
hat die allergrößte Wahrscheinlichkeit; sie entspricht vollständig den: Verfahren, daß
Goethe später noch wiederholt eingeschlagen, und sie, nur sie, erklärt die stupende
Wahrheit im Detail und die zahlreichen episodischen Figuren, die, ohne sür den
Gang der Handlung, die Charakteristik der Hauptfiguren oder den Ideengehalt der
Dichtung irgend welche Bedeutung zu haben, im „Werther" auftauchen und wieder
verschwindend) Natürlich muß man an tagebuchartige Briefergüsse denken, wie sie



*) Einzelnes springt sofort in die Augen, worauf unseres Wissens noch niemand auf¬
merksam gemacht hat. Gleich im ersten Briefe vom 4. Mai heißt es: „Ich habe meine
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[0354] „Aus Goethes Frühzeit" ausgesprochene, inzwischen von vielen Seiten angefochtene Ansicht zurückkommt, daß zum „Satyros" niemand anders als Herder das Modell gewesen sei, und dieser Ansicht durch neues Material noch einige, wie uns scheint, kräftige Stützen giebt. Trotz mancher anderen Elemente, die daneben noch hineinge¬ flossen seien, bleibt Scherer dabei, daß Herder „das Hauptmotiv gegeben" habe; „natür¬ lich handelt es sich zunächst nicht um den wirklichen Herder, sondern um den Herder in Goethes Vorstellung zur Zeit der Abfassung" — dies hält er denen, die über seine frühere Abhandlung gezetert haben, auch hier wieder entgegen. K. Barts es hat einen Aufsatz beigesteuert: „Goethe und der Alexandriner", worin er zeigt, wie der Alexandincr, der ja im Wesentlichen gleichzeitig mit Gottsched gestürzt wurde und in dessen Erbe sich namentlich drei Formen, die Prosa, der reimlose „fünffüßige Jambus" und der Hexameter theilten, doch von Goethe noch vielfach benutzt worden sei. Wir bekennen ehrlich, daß wir von Bartsch etwas Interessanteres erwartet hätten. Wir bestreiten nicht, daß auch derartige Arbeiten gemacht werden müssen, wiewohl in der Regel herzlich wenig dabei herauskommt; nur könnte schließlich ein Studentleiu im ersten Semester, wenn man ihn sonst richtig „anlernt", dergleichen ebenso gut leisten, wie der Herr und Meister selbst. Mehr interessiren dürfte die Leser des „Jahrbuches" der Beitrag H. Düntzers: „Die Zuverlässigkeit von Goethes Angaben über seine eigenen Werke in ,Dichtung und Wahrheit"', obgleich er eigent¬ lich nicht viel neues enthält. Düntzer erörtert nochmals die Chronologie der Entstehung des „Werther", des „Götz", des „Faust" und einiger anderen Schriften. Was den „Werther" betrifft, so hat Düntzer die einschlägigen Daten im Ganzen richtig zusammengestellt; trotzdem können wir uns mit seiner Entstehungsgeschichte nicht einverstanden erklären. Unzweifelhaft fing Goethe am 1. Februar 1774 den „Werther" zu schreiben an und schrieb ihn dann in wenigen Wochen rasch hinter einander fort. Doch ist deshalb kein Grund, anzunehmen, daß erst seine Erfahrungen mit dem eifersüchtigen Brentano (Januar 1774) ihn zur dichter¬ ischen Behandlung seiner Wetzlarer Erlebnisse getrieben hätten. Die Absicht, dieselben früher oder später dichterisch zu gestalten, stand jedenfalls bereits im November 1772 bei ihm fest, als er die erschütternde Kunde von Jerusalems Tode erhielt. Wozu hätte er sich sonst so ausführliche Nachrichten von Kestner darüber schicken lassen? Wozu hätte er diese Nachrichten bis in den Januar 1773 behalten? Dann wurde allerdings der Plan bis in den Herbst 1773 durch anderes zurück¬ gedrängt, aber bereits im September taucht er wieder empor, und die Erlebnisse im Brentcmoschen Hause bringen endlich die Ausführung in Fluß. So hat es H. Grimm in seinen „Vorlesungen" viel richtiger dargestellt. Neuerdings hat Loeper eine höchst geistreiche Vermuthung ausgesprochen, die Düntzer nicht so mit zwei Zeilen hätte abthun sollen, als ob sie „nicht die geringste Wahrscheinlichkeit" hätte. Loeper vermuthet, daß ganze Partien des „Werther" nur die Ueberarbeitung seien von wirklichen Briefen, die Goethe im Sommer 1772 von Wetzlar aus an Merck geschrieben und die er sich später für die Ausarbeitung des Romans habe zurückgeben lassen. Diese Vermuthung hat die allergrößte Wahrscheinlichkeit; sie entspricht vollständig den: Verfahren, daß Goethe später noch wiederholt eingeschlagen, und sie, nur sie, erklärt die stupende Wahrheit im Detail und die zahlreichen episodischen Figuren, die, ohne sür den Gang der Handlung, die Charakteristik der Hauptfiguren oder den Ideengehalt der Dichtung irgend welche Bedeutung zu haben, im „Werther" auftauchen und wieder verschwindend) Natürlich muß man an tagebuchartige Briefergüsse denken, wie sie *) Einzelnes springt sofort in die Augen, worauf unseres Wissens noch niemand auf¬ merksam gemacht hat. Gleich im ersten Briefe vom 4. Mai heißt es: „Ich habe meine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/354>, abgerufen am 22.07.2024.