Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.Das Ausland hat dies auch nicht nur in den Aeußerung"" seiner Presse, son¬ So schmeichelhafte Anerkenungen könnten dazu beitragen, unsere militärischen Das Ausland hat dies auch nicht nur in den Aeußerung«» seiner Presse, son¬ So schmeichelhafte Anerkenungen könnten dazu beitragen, unsere militärischen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0298" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146803"/> <p xml:id="ID_881" prev="#ID_880"> Das Ausland hat dies auch nicht nur in den Aeußerung«» seiner Presse, son¬<lb/> dern auch dadurch anerkannt, daß es sich stellenweise die deutsche Schule, die<lb/> Volksschule sowohl wie die militärische Schulung, zum Vorbilde genommen hat,<lb/> um die Schneidigkeit seiner Waffen zu erhöhen. Insbesondere hat die franzö¬<lb/> sische Republik ihre Anstalten zur Erhöhung der Bildung ihrer Offiziere stark<lb/> reformirt. Hat sie dabei, einem on ein zufolge, das Rechte noch nicht getroffen<lb/> und ihre Anforderungen an das Wissen ihrer Offiziere überschroben, in der<lb/> Absicht vielleicht, um einen noch gelehrteren und brauchbareren Offizierstand zu<lb/> erzielen, als der deutsche ist, so darf man von der Intelligenz der Franzosen<lb/> erwarten, daß sie in dieser Beziehung auf das richtige Maß zurückkommen<lb/> werden. Wichtiger als diese Reform der Offiziersschule ist die Nachahmung<lb/> des deutschen Freiwilligen-Dienstes, dessen segensreiche Wirkung als Ansporn<lb/> für das Volk, nach einer allgemeinen geistigen Bildung zu streben und die gei¬<lb/> stige Kraft nicht bloß des Heeres, sondern der Nation überhaupt zu verstärken,<lb/> dort nicht unbeachtet geblieben ist. Aehnliche Verbesserungen sind, angeregt durch<lb/> die deutschen Siege, in Großbritannien theils angebahnt, theils im Werke. Durch<lb/> die von dem letzten liberalen, dem Gladstonescheu Cabinet begründeten Schul¬<lb/> behörden, sowie durch die damit verbundene tüchtige Organisation des Volks¬<lb/> schulwesens wird England in den Stand gesetzt werden, auch eine solche Reform<lb/> seines Heerwesens einzuführen, daß es nicht mehr nöthig hat, sein Heer aus<lb/> dem Abschaum der Bevölkerung dnrch Werbung zusammenzusetzen und dasselbe<lb/> durch die Knute in Zucht und Ordnung zu erhalten. Anderntheils ist in Eng¬<lb/> land auch die Forderung von liberaler Seite her laut geworden und wird immer<lb/> lauter, daß für die militärische Geschicklichkeit und für die allgemeine Bildung<lb/> des Offizierstandes durch Unterrichtung desselben nach dem Muster der preußi¬<lb/> schen militärischen Unterrichtsanstalten Sorge getragen werde, und der in Aus¬<lb/> sicht genommenen Verbesserung des Offizierstandes ist der jetzige Kriegssecretär<lb/> Chiedas von allen brittischen Militärs gewiß am wenigsten abgeneigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_882" next="#ID_883"> So schmeichelhafte Anerkenungen könnten dazu beitragen, unsere militärischen<lb/> Behörden in dem Glauben zu bestärken, daß die Einrichtungen des deutschen<lb/> Heerwesens keiner Verbesserung bedürftig seien; daß sie derselben aber nicht<lb/> fähig seien, wird von den erleuchteten Männern, die an der Spitze der deut¬<lb/> schen Heeresverwaltung stehen, schwerlich behauptet werdeu, schon deshalb nicht,<lb/> weil sie im Allgemeinen die Einsicht haben, daß nichts Menschliches unverbesser¬<lb/> lich ist. Wir hegen daher keine Scheu, mit dem Vorschlag einer Verbesserung,<lb/> einer kleinen, aber wichtigen Reform hervorzutreten, und setzen uns im Vertrauen<lb/> auf die in den entscheidenden Kreisen waltende Einsicht über die Einwände hin¬<lb/> weg, die aus der prätendirten Jnfallibilität der Pedanten entnommen sind.<lb/> Diese Letzteren freilich sagen: Was ist, ist gut und soll auch gut bleiben; das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0298]
Das Ausland hat dies auch nicht nur in den Aeußerung«» seiner Presse, son¬
dern auch dadurch anerkannt, daß es sich stellenweise die deutsche Schule, die
Volksschule sowohl wie die militärische Schulung, zum Vorbilde genommen hat,
um die Schneidigkeit seiner Waffen zu erhöhen. Insbesondere hat die franzö¬
sische Republik ihre Anstalten zur Erhöhung der Bildung ihrer Offiziere stark
reformirt. Hat sie dabei, einem on ein zufolge, das Rechte noch nicht getroffen
und ihre Anforderungen an das Wissen ihrer Offiziere überschroben, in der
Absicht vielleicht, um einen noch gelehrteren und brauchbareren Offizierstand zu
erzielen, als der deutsche ist, so darf man von der Intelligenz der Franzosen
erwarten, daß sie in dieser Beziehung auf das richtige Maß zurückkommen
werden. Wichtiger als diese Reform der Offiziersschule ist die Nachahmung
des deutschen Freiwilligen-Dienstes, dessen segensreiche Wirkung als Ansporn
für das Volk, nach einer allgemeinen geistigen Bildung zu streben und die gei¬
stige Kraft nicht bloß des Heeres, sondern der Nation überhaupt zu verstärken,
dort nicht unbeachtet geblieben ist. Aehnliche Verbesserungen sind, angeregt durch
die deutschen Siege, in Großbritannien theils angebahnt, theils im Werke. Durch
die von dem letzten liberalen, dem Gladstonescheu Cabinet begründeten Schul¬
behörden, sowie durch die damit verbundene tüchtige Organisation des Volks¬
schulwesens wird England in den Stand gesetzt werden, auch eine solche Reform
seines Heerwesens einzuführen, daß es nicht mehr nöthig hat, sein Heer aus
dem Abschaum der Bevölkerung dnrch Werbung zusammenzusetzen und dasselbe
durch die Knute in Zucht und Ordnung zu erhalten. Anderntheils ist in Eng¬
land auch die Forderung von liberaler Seite her laut geworden und wird immer
lauter, daß für die militärische Geschicklichkeit und für die allgemeine Bildung
des Offizierstandes durch Unterrichtung desselben nach dem Muster der preußi¬
schen militärischen Unterrichtsanstalten Sorge getragen werde, und der in Aus¬
sicht genommenen Verbesserung des Offizierstandes ist der jetzige Kriegssecretär
Chiedas von allen brittischen Militärs gewiß am wenigsten abgeneigt.
So schmeichelhafte Anerkenungen könnten dazu beitragen, unsere militärischen
Behörden in dem Glauben zu bestärken, daß die Einrichtungen des deutschen
Heerwesens keiner Verbesserung bedürftig seien; daß sie derselben aber nicht
fähig seien, wird von den erleuchteten Männern, die an der Spitze der deut¬
schen Heeresverwaltung stehen, schwerlich behauptet werdeu, schon deshalb nicht,
weil sie im Allgemeinen die Einsicht haben, daß nichts Menschliches unverbesser¬
lich ist. Wir hegen daher keine Scheu, mit dem Vorschlag einer Verbesserung,
einer kleinen, aber wichtigen Reform hervorzutreten, und setzen uns im Vertrauen
auf die in den entscheidenden Kreisen waltende Einsicht über die Einwände hin¬
weg, die aus der prätendirten Jnfallibilität der Pedanten entnommen sind.
Diese Letzteren freilich sagen: Was ist, ist gut und soll auch gut bleiben; das
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