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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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auch das voll Carmmtum eine für römische Truppen, zumal in diesem Klima,
ganz unentbehrliche Einrichtung geschaffen, wenn es auch die ihr gewidmeten
Bauten nicht vollständig, wie es wohl sonst der Fall war, in seine Mauern
einschloß, nämlich die warmen Bäder. Ja diese Anlagen waren gerade hier
besonders großartig entwickelt. In dem langgestreckten Thale, welches sich im
Rücken der Castra unterhalb der Hochfläche, die sie trägt, von Südwest nach
Nordost hinzieht, hat man zuerst 1848 ausgedehnte Reste vou Thermen entdeckt,
andere wiederum in den Jahren 1872, 1875 und 1876, so daß jetzt nicht weniger
als sechs gesonderte Thermengebäude gesichert sind. Die Veranlassung zu so
ausgedehllten Anlagen bot nicht nur das nächste Bedürfniß, wie es jedes Stand¬
lager hervorrief, sondern auch das Vorhandensein einer besonders starken und
heilkräftigen Quelle, welche im Jahre 1876 in einer Tiefe von 9 Fuß wieder
aufgefunden worden ist. Giebt es doch auch im nahen Deutsch-Altenburg und
ni Petronell noch heute benutzte Schwefelthermen. Jene Anlagen nun gehören,
soweit sich ihre Baugeschichte aus den Stempeln der Legionsziegel ermitteln
läßt, sehr verschiedenen Zeiten an. Die ausgedehntesten Thermen, im Jahre 1875
entdeckt und im Ganzen 23 meist viereckige Räume umfassend, von denen 17
in der gewöhnlichen Weise durch Heißluftccmäle unter dem Fußboden und an
den Wänden (Hypokaustnm) geheizt wurden, sind in ihren älteren Bestandtheilen
wenigstens von der 15. Apvllinarischen und der zur selben Zeit in Wien
liegenden 13. Legion aufgeführt worden, demnach jedenfalls gleich bei der
Errichtung beider Standlager. In dieselbe Periode fällt eine zweite, aber viel
kleinere Alllage, an deren Herstellung neben der 15. auch noch die 30. Ulpische
Legion theilnahm, welche von Trajan errichtet wurde, aber nur vorübergehend
in diesen Gegenden garmsonirt hat. Das große Bad erfuhr daun vermuthlich
nach dem großen Markomannenkriege, der an der ganzen Donaugreuze arge
Verwüstungen angerichtet haben mag, einen Umbau und zugleich eine Erweite¬
rung durch die 14. Legion, und wurde, wenn das nicht schon früher geschehen,
in zwei getrennten und ganz verschieden ausgestatteten Abtheilungen für Offiziere
und Soldaten aufgeführt. Dieselbe Legion errichtete noch zwei kleinere Bäder,
das eine in Gemeinschaft mit der 1. Legion (ackMrix), welche in Brigetio lag,
und restaurirte ein drittes, das in seiner ursprünglichen Anlage schon aus der
ersten Zeit des Standlagers herrührte.

Daß diese Thermen auch ganz besonders zu Heilzwecken benutzt wurden,
bezeugen zahlreiche Widmungen an Heilgottheiten besonders in dem großen
Bade. Da stiftet einer mit Frau und Sohn einen Altar dem "Erhalter Serapis
und der Isis und den übrigen unsterblichen Göttern". Den: "Juppiter von
Heliopolis", d. i. dem syrischen Baal, stellt Cornelius Malis, Tribun der 14.
Legion, eine'Säule auf. Dem Jnppiter Dolichenns, desselben syrischen Ursprungs


auch das voll Carmmtum eine für römische Truppen, zumal in diesem Klima,
ganz unentbehrliche Einrichtung geschaffen, wenn es auch die ihr gewidmeten
Bauten nicht vollständig, wie es wohl sonst der Fall war, in seine Mauern
einschloß, nämlich die warmen Bäder. Ja diese Anlagen waren gerade hier
besonders großartig entwickelt. In dem langgestreckten Thale, welches sich im
Rücken der Castra unterhalb der Hochfläche, die sie trägt, von Südwest nach
Nordost hinzieht, hat man zuerst 1848 ausgedehnte Reste vou Thermen entdeckt,
andere wiederum in den Jahren 1872, 1875 und 1876, so daß jetzt nicht weniger
als sechs gesonderte Thermengebäude gesichert sind. Die Veranlassung zu so
ausgedehllten Anlagen bot nicht nur das nächste Bedürfniß, wie es jedes Stand¬
lager hervorrief, sondern auch das Vorhandensein einer besonders starken und
heilkräftigen Quelle, welche im Jahre 1876 in einer Tiefe von 9 Fuß wieder
aufgefunden worden ist. Giebt es doch auch im nahen Deutsch-Altenburg und
ni Petronell noch heute benutzte Schwefelthermen. Jene Anlagen nun gehören,
soweit sich ihre Baugeschichte aus den Stempeln der Legionsziegel ermitteln
läßt, sehr verschiedenen Zeiten an. Die ausgedehntesten Thermen, im Jahre 1875
entdeckt und im Ganzen 23 meist viereckige Räume umfassend, von denen 17
in der gewöhnlichen Weise durch Heißluftccmäle unter dem Fußboden und an
den Wänden (Hypokaustnm) geheizt wurden, sind in ihren älteren Bestandtheilen
wenigstens von der 15. Apvllinarischen und der zur selben Zeit in Wien
liegenden 13. Legion aufgeführt worden, demnach jedenfalls gleich bei der
Errichtung beider Standlager. In dieselbe Periode fällt eine zweite, aber viel
kleinere Alllage, an deren Herstellung neben der 15. auch noch die 30. Ulpische
Legion theilnahm, welche von Trajan errichtet wurde, aber nur vorübergehend
in diesen Gegenden garmsonirt hat. Das große Bad erfuhr daun vermuthlich
nach dem großen Markomannenkriege, der an der ganzen Donaugreuze arge
Verwüstungen angerichtet haben mag, einen Umbau und zugleich eine Erweite¬
rung durch die 14. Legion, und wurde, wenn das nicht schon früher geschehen,
in zwei getrennten und ganz verschieden ausgestatteten Abtheilungen für Offiziere
und Soldaten aufgeführt. Dieselbe Legion errichtete noch zwei kleinere Bäder,
das eine in Gemeinschaft mit der 1. Legion (ackMrix), welche in Brigetio lag,
und restaurirte ein drittes, das in seiner ursprünglichen Anlage schon aus der
ersten Zeit des Standlagers herrührte.

Daß diese Thermen auch ganz besonders zu Heilzwecken benutzt wurden,
bezeugen zahlreiche Widmungen an Heilgottheiten besonders in dem großen
Bade. Da stiftet einer mit Frau und Sohn einen Altar dem „Erhalter Serapis
und der Isis und den übrigen unsterblichen Göttern". Den: „Juppiter von
Heliopolis", d. i. dem syrischen Baal, stellt Cornelius Malis, Tribun der 14.
Legion, eine'Säule auf. Dem Jnppiter Dolichenns, desselben syrischen Ursprungs


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/18>, abgerufen am 03.07.2024.