Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.Pslegestcitten evangelischen Sinnes waren, darunter auch solche, welche durch Die Mittheilungen des Evangelischen Oberkirchenraths versuchen ferner, *) Der Erlaß bezieht sich auf einen Beschluß der Is. Rheinischen Proviuzial-Synode.
Der Wortlaut des Erlasses, insofern er hier in Betracht kommt, ist folgender: "Die Ent¬ scheidung wird in jedem einzelnen Fall nach Prüfung aller dabei in Betracht kommenden Verhältnisse getroffen. Eine Anregung seitens der Königlichen Regierungen wird nnr gegeben, wenn mit den bestehenden Einrichtungen Uebelstttndc verbunden sind, welche die Erfüllung der Aufgabe wesentlich erschweren und auf anderem Wege nicht beseitigt werden können. Außerdem wird die Genehmigung zu paritätischen Schuleinrichtungen nicht versagt, wenn auf Grund einer Vereinbarung unter den Schulgemeinden von diesen ein bezüglicher Antrag gestellt wird, oder, wenn dies, wo die Schulunterhaltnngspslicht der bürgerlichen Gemeinde obliegt, seitens der Gemeindebehörden geschieht. Auch dann wird vorausgesetzt, daß das Schulwesen des betreffenden Ortes dnrch die beabsichtigte anderweitige Einrichtung eine wesentliche Verbesserung erfährt. Endlich wird bei Einrichtung paritätischer Schulen sür die Ertheilung des konfessionellen Religionsunterrichtes überall genügende Sorge getragen und darauf Bedacht genommen, daß Lehrer beider Konfessionen an derselben Anstellung finden/' Pslegestcitten evangelischen Sinnes waren, darunter auch solche, welche durch Die Mittheilungen des Evangelischen Oberkirchenraths versuchen ferner, *) Der Erlaß bezieht sich auf einen Beschluß der Is. Rheinischen Proviuzial-Synode.
Der Wortlaut des Erlasses, insofern er hier in Betracht kommt, ist folgender: „Die Ent¬ scheidung wird in jedem einzelnen Fall nach Prüfung aller dabei in Betracht kommenden Verhältnisse getroffen. Eine Anregung seitens der Königlichen Regierungen wird nnr gegeben, wenn mit den bestehenden Einrichtungen Uebelstttndc verbunden sind, welche die Erfüllung der Aufgabe wesentlich erschweren und auf anderem Wege nicht beseitigt werden können. Außerdem wird die Genehmigung zu paritätischen Schuleinrichtungen nicht versagt, wenn auf Grund einer Vereinbarung unter den Schulgemeinden von diesen ein bezüglicher Antrag gestellt wird, oder, wenn dies, wo die Schulunterhaltnngspslicht der bürgerlichen Gemeinde obliegt, seitens der Gemeindebehörden geschieht. Auch dann wird vorausgesetzt, daß das Schulwesen des betreffenden Ortes dnrch die beabsichtigte anderweitige Einrichtung eine wesentliche Verbesserung erfährt. Endlich wird bei Einrichtung paritätischer Schulen sür die Ertheilung des konfessionellen Religionsunterrichtes überall genügende Sorge getragen und darauf Bedacht genommen, daß Lehrer beider Konfessionen an derselben Anstellung finden/' <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143581"/> <p xml:id="ID_1518" prev="#ID_1517"> Pslegestcitten evangelischen Sinnes waren, darunter auch solche, welche durch<lb/> Mittel des Gustav-Adolf-Vereins oder des Kollektenfonds aus den Liebesgaben<lb/> der evangelischen Kirche gegründet oder unterstützt waren. Und diese Simul-<lb/> tamsirungsversuche würden sich noch auf ein weiteres Gebiet erstreckt haben,<lb/> wenn ihnen nicht in den letzten Jahren in der Bevölkerung ein Widerstand<lb/> entgegengetreten wäre, in Folg'e dessen anch die Behörden zurückhaltender ver¬<lb/> fuhren. Daß da, wo ein Nothstand vorliegt, Simultanschulen errichtet werden,<lb/> kann der Kirche keinen Anlaß zu ernsten auf die Zukunft der Volksschule über¬<lb/> haupt gerichteten Bedenken geben, wohl aber muß dies der Fall sein, sobald<lb/> prinzipiell die Simultanschule als zu erstrebende Institution augesehen wird.<lb/> Und es läßt sich nicht leugnen, daß von Seiten des Ministeriums dahin ge¬<lb/> richtete Bestrebungen eher begünstigt als gehemmt worden sind. In dem Mini-<lb/> sterial-Erlaß vom 16. Juni 1876*) an das königliche Konsistorium zu Coblenz<lb/> können wir keine beruhigende Erklärung erkennen. Wenn hier die Genehmigung<lb/> zu paritätischen Schuleinrichtungen nur an die Bedingung eines darauf be¬<lb/> züglichen Antrags von Seiten der Schulgemeinden oder Gemeindebehörden ge¬<lb/> knüpft wird, indem in diesem Falle die in Aussicht genommene Veränderung<lb/> als eine wesentliche Verbesserung angesehen wird, so ist der Simultanschule<lb/> eine weite Thür geöffnet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1519" next="#ID_1520"> Die Mittheilungen des Evangelischen Oberkirchenraths versuchen ferner,<lb/> nachdem die Sachlage dargestellt ist, ein Bild der Meinung zu geben, welche<lb/> sich in der Kirche über die Wirkung simultaner Schulen gebildet hat. Aus<lb/> den mannigfaltigen Nachtheilen, deren hier gedacht wird, heben wir nur die<lb/> wichtigsten hervor. Der konfessionelle Friede, heißt es, werde, wenn nicht reli¬<lb/> giöse Indifferenz eintrete, mehr gehemmt als gefördert, weil Lehrer wie Schüler<lb/> in den kombinirten Schulen die Unbefangenheit in Bezug auf den konfessionellen<lb/> Gegensatz einbüßten. Der konfessionelle Religionsunterricht verliere in der</p><lb/> <note xml:id="FID_64" place="foot"> *) Der Erlaß bezieht sich auf einen Beschluß der Is. Rheinischen Proviuzial-Synode.<lb/> Der Wortlaut des Erlasses, insofern er hier in Betracht kommt, ist folgender: „Die Ent¬<lb/> scheidung wird in jedem einzelnen Fall nach Prüfung aller dabei in Betracht kommenden<lb/> Verhältnisse getroffen. Eine Anregung seitens der Königlichen Regierungen wird nnr gegeben,<lb/> wenn mit den bestehenden Einrichtungen Uebelstttndc verbunden sind, welche die Erfüllung<lb/> der Aufgabe wesentlich erschweren und auf anderem Wege nicht beseitigt werden können.<lb/> Außerdem wird die Genehmigung zu paritätischen Schuleinrichtungen nicht versagt, wenn<lb/> auf Grund einer Vereinbarung unter den Schulgemeinden von diesen ein bezüglicher Antrag<lb/> gestellt wird, oder, wenn dies, wo die Schulunterhaltnngspslicht der bürgerlichen Gemeinde<lb/> obliegt, seitens der Gemeindebehörden geschieht. Auch dann wird vorausgesetzt, daß das<lb/> Schulwesen des betreffenden Ortes dnrch die beabsichtigte anderweitige Einrichtung eine<lb/> wesentliche Verbesserung erfährt. Endlich wird bei Einrichtung paritätischer Schulen sür die<lb/> Ertheilung des konfessionellen Religionsunterrichtes überall genügende Sorge getragen und<lb/> darauf Bedacht genommen, daß Lehrer beider Konfessionen an derselben Anstellung finden/'</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
Pslegestcitten evangelischen Sinnes waren, darunter auch solche, welche durch
Mittel des Gustav-Adolf-Vereins oder des Kollektenfonds aus den Liebesgaben
der evangelischen Kirche gegründet oder unterstützt waren. Und diese Simul-
tamsirungsversuche würden sich noch auf ein weiteres Gebiet erstreckt haben,
wenn ihnen nicht in den letzten Jahren in der Bevölkerung ein Widerstand
entgegengetreten wäre, in Folg'e dessen anch die Behörden zurückhaltender ver¬
fuhren. Daß da, wo ein Nothstand vorliegt, Simultanschulen errichtet werden,
kann der Kirche keinen Anlaß zu ernsten auf die Zukunft der Volksschule über¬
haupt gerichteten Bedenken geben, wohl aber muß dies der Fall sein, sobald
prinzipiell die Simultanschule als zu erstrebende Institution augesehen wird.
Und es läßt sich nicht leugnen, daß von Seiten des Ministeriums dahin ge¬
richtete Bestrebungen eher begünstigt als gehemmt worden sind. In dem Mini-
sterial-Erlaß vom 16. Juni 1876*) an das königliche Konsistorium zu Coblenz
können wir keine beruhigende Erklärung erkennen. Wenn hier die Genehmigung
zu paritätischen Schuleinrichtungen nur an die Bedingung eines darauf be¬
züglichen Antrags von Seiten der Schulgemeinden oder Gemeindebehörden ge¬
knüpft wird, indem in diesem Falle die in Aussicht genommene Veränderung
als eine wesentliche Verbesserung angesehen wird, so ist der Simultanschule
eine weite Thür geöffnet.
Die Mittheilungen des Evangelischen Oberkirchenraths versuchen ferner,
nachdem die Sachlage dargestellt ist, ein Bild der Meinung zu geben, welche
sich in der Kirche über die Wirkung simultaner Schulen gebildet hat. Aus
den mannigfaltigen Nachtheilen, deren hier gedacht wird, heben wir nur die
wichtigsten hervor. Der konfessionelle Friede, heißt es, werde, wenn nicht reli¬
giöse Indifferenz eintrete, mehr gehemmt als gefördert, weil Lehrer wie Schüler
in den kombinirten Schulen die Unbefangenheit in Bezug auf den konfessionellen
Gegensatz einbüßten. Der konfessionelle Religionsunterricht verliere in der
*) Der Erlaß bezieht sich auf einen Beschluß der Is. Rheinischen Proviuzial-Synode.
Der Wortlaut des Erlasses, insofern er hier in Betracht kommt, ist folgender: „Die Ent¬
scheidung wird in jedem einzelnen Fall nach Prüfung aller dabei in Betracht kommenden
Verhältnisse getroffen. Eine Anregung seitens der Königlichen Regierungen wird nnr gegeben,
wenn mit den bestehenden Einrichtungen Uebelstttndc verbunden sind, welche die Erfüllung
der Aufgabe wesentlich erschweren und auf anderem Wege nicht beseitigt werden können.
Außerdem wird die Genehmigung zu paritätischen Schuleinrichtungen nicht versagt, wenn
auf Grund einer Vereinbarung unter den Schulgemeinden von diesen ein bezüglicher Antrag
gestellt wird, oder, wenn dies, wo die Schulunterhaltnngspslicht der bürgerlichen Gemeinde
obliegt, seitens der Gemeindebehörden geschieht. Auch dann wird vorausgesetzt, daß das
Schulwesen des betreffenden Ortes dnrch die beabsichtigte anderweitige Einrichtung eine
wesentliche Verbesserung erfährt. Endlich wird bei Einrichtung paritätischer Schulen sür die
Ertheilung des konfessionellen Religionsunterrichtes überall genügende Sorge getragen und
darauf Bedacht genommen, daß Lehrer beider Konfessionen an derselben Anstellung finden/'
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