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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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umfaßt, so wird der die Nähe durchstreifende Blick doch durch die wenig kulti-
virten, schmutzigen Strecken zwischen dem "Weißen Hause" und dem unvollen¬
deten Schaft des Washington-Monumentes ebenso beleidigt, wie die Geruchs¬
organe von den üblen und ungesunden Gerüchen, welche den naheliegenden
sumpfigen XiÄ^kli's dotroins entströmen, unangenehm berührt werden. Es ist
bemerkenswerth, daß im "Weißen Hause" bisher wenig Todesfälle stattge¬
funden haben; aber wenn die Thränen, welche XickMClI's bottows und die
Potomac-Niederungen den Hinterbliebenen ihrer Opfer ausgepreßt haben, als
Dollars gezählt werden könnten, so würde die damit gewonnene Summe die
liberalste Geldbewilligung, welche der Kongreß für die permanente Abhilfe
diesem Tod und Krankheit ausathmenden Uebelstande machen konnte, um ein
vielfaches übersteigen.

Ein weiterer Uebelstand des "Weißen Hauses" als Wohnung des Präsi¬
denten besteht darin, daß es gar keinen Komfort bietet und den Ansprüchen,
welche die Gegenwart an ein anständiges Wohnhaus stellt, in keiner Weise
entspricht. Des Präsidenten Familie bewohnt den westlichen Theil des Ge¬
bäudes. Die Geschäftszimmer befinden sich im obern Stockwerk des südöstlichen
Theils, während in den unteren östlichen und südlichen Sektionen die Räum¬
lichkeiten liegen, welche für den Empfang und die Bewirthung der Gäste
bestimmt sind. Diese Räumlichkeiten haben in echt amerikanischer Weise höchst
bezeichnende, aber unschuldige Namen, wie L1us-,6room-, Rha- und Mök-Iioow.
Wenn irgend ein feierlicher Empfang oder ein Staatsdiner im "Weißen Hause"
stattfindet, so kann Jeder, den seine Geschäfte den Tag vorher oder am Tage
der Festlichkeit selbst dorthin führen, zusehen, welche Vorbereitungen dafür
getroffen werden; und die Familie des Präsidenten, sowie alle Personen, welche
in nicht offizieller Weise den Bewohnern des "Weißen Hauses" einen Besuch
abstatten, müssen denselben Ein- und Ausgang benutzen wie die "souveränen"
amerikanischen Bürger, gleichviel ob sie kommen, um Stellen und Aemter zu
erjagen, Bericht zu erstatten, Neuigkeiten zu erHaschen oder dem Haupte der
Republik ihre Aufwartung zu machen. Das mögen "demokratische Eigenthüm¬
lichkeiten" sein, aber der erste Beamte des Staates und dessen Familienmit¬
glieder büßen dabei das ein, was auch der bescheidenste Bürger der Vereinigten
Staaten hoch anschlüge und nicht gern verliert -- die Vorzüge und Annehm¬
lichkeiten einer eigenen Wohnung, eines l^ivÄts Homo.

Trotz alledem will man nichts davon wissen, daß das "Weiße Haus"
abgetragen, umgebaut oder durch ein anderes ersetzt werde. Es soll bleiben,
"ein Denkmal alter Zeiten", sich auszeichnend durch seine Einfachheit, und ein
Wahrzeichen alter, einfacher und vielleicht auch besserer republikanischer Sitten.
Mit seinen zahlreichen historischen Erinnerungen ist es allerdings mehr geworden


umfaßt, so wird der die Nähe durchstreifende Blick doch durch die wenig kulti-
virten, schmutzigen Strecken zwischen dem „Weißen Hause" und dem unvollen¬
deten Schaft des Washington-Monumentes ebenso beleidigt, wie die Geruchs¬
organe von den üblen und ungesunden Gerüchen, welche den naheliegenden
sumpfigen XiÄ^kli's dotroins entströmen, unangenehm berührt werden. Es ist
bemerkenswerth, daß im „Weißen Hause" bisher wenig Todesfälle stattge¬
funden haben; aber wenn die Thränen, welche XickMClI's bottows und die
Potomac-Niederungen den Hinterbliebenen ihrer Opfer ausgepreßt haben, als
Dollars gezählt werden könnten, so würde die damit gewonnene Summe die
liberalste Geldbewilligung, welche der Kongreß für die permanente Abhilfe
diesem Tod und Krankheit ausathmenden Uebelstande machen konnte, um ein
vielfaches übersteigen.

Ein weiterer Uebelstand des „Weißen Hauses" als Wohnung des Präsi¬
denten besteht darin, daß es gar keinen Komfort bietet und den Ansprüchen,
welche die Gegenwart an ein anständiges Wohnhaus stellt, in keiner Weise
entspricht. Des Präsidenten Familie bewohnt den westlichen Theil des Ge¬
bäudes. Die Geschäftszimmer befinden sich im obern Stockwerk des südöstlichen
Theils, während in den unteren östlichen und südlichen Sektionen die Räum¬
lichkeiten liegen, welche für den Empfang und die Bewirthung der Gäste
bestimmt sind. Diese Räumlichkeiten haben in echt amerikanischer Weise höchst
bezeichnende, aber unschuldige Namen, wie L1us-,6room-, Rha- und Mök-Iioow.
Wenn irgend ein feierlicher Empfang oder ein Staatsdiner im „Weißen Hause"
stattfindet, so kann Jeder, den seine Geschäfte den Tag vorher oder am Tage
der Festlichkeit selbst dorthin führen, zusehen, welche Vorbereitungen dafür
getroffen werden; und die Familie des Präsidenten, sowie alle Personen, welche
in nicht offizieller Weise den Bewohnern des „Weißen Hauses" einen Besuch
abstatten, müssen denselben Ein- und Ausgang benutzen wie die „souveränen"
amerikanischen Bürger, gleichviel ob sie kommen, um Stellen und Aemter zu
erjagen, Bericht zu erstatten, Neuigkeiten zu erHaschen oder dem Haupte der
Republik ihre Aufwartung zu machen. Das mögen „demokratische Eigenthüm¬
lichkeiten" sein, aber der erste Beamte des Staates und dessen Familienmit¬
glieder büßen dabei das ein, was auch der bescheidenste Bürger der Vereinigten
Staaten hoch anschlüge und nicht gern verliert — die Vorzüge und Annehm¬
lichkeiten einer eigenen Wohnung, eines l^ivÄts Homo.

Trotz alledem will man nichts davon wissen, daß das „Weiße Haus"
abgetragen, umgebaut oder durch ein anderes ersetzt werde. Es soll bleiben,
„ein Denkmal alter Zeiten", sich auszeichnend durch seine Einfachheit, und ein
Wahrzeichen alter, einfacher und vielleicht auch besserer republikanischer Sitten.
Mit seinen zahlreichen historischen Erinnerungen ist es allerdings mehr geworden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/46>, abgerufen am 28.09.2024.