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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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9. März erwiederte das Kopenhagener Kabinet, diese Grenzlinie sei unannehm¬
bar, dagegen werde man die Garantiepunkte annehmen, wenn Preußen die
Linie gewähre, welche durch freie Abstimmung der Nordschleswiger als Wunsch
der Bevölkerung bezeichnet werden würde. Hierdurch hoffte man das Herzog-
thum Schleswig bis Flensburg und damit die Insel Alsen und das Snndc-
witt wieder zu gewinnen. Darauf konnte sich Preußen aus militärischen
Gründen nicht einlassen; denn diese Pnnkte waren bisher das Ausfallsthor der
Dünen gewesen und würden immer wieder als solches benutzt worden sein,
und so wurden die Unterhandlungen abgebrochen. Am 9. Oktober sagte die
Thronrede bei Eröffnung des dänischen Reichstags, dieselben seien resultatlos
geblieben; denn die Ansicht der Regierung über die von der Gerechtigkeit und
dem Interesse des Landes geforderte Lösung habe sich nicht geändert. Wenn
daran die Bemerkung geknüpft wurde: "Wir sind überzeugt, daß Preußen
diese Erwägungen billigt, und wir glauben, daß die Lösung der die Theilung
Schleswigs betreffenden Frage gelingen wird" so war diese Ueberzeugung Täu¬
schung, und der Glaube ruhte vermuthlich auf der Hoffnung auf französische
Protektion, auf welche wiederholte Reisen Raaslöfs, des dänischen Kriegsmini¬
sters, eines grimmen Gegners der Deutschen, nach Paris hinwiesen. Die dor¬
tige Presse gerieth durch jenen Passus in der dänischen Thronrede wieder in
Aerger, Zorn und heftiges Gekläff. Die Kreuzzeitung aber antwortete ihr und
den Kopenhagener Schreiern: "Nie und nimmer wird und kann Preußen frei¬
willig auf die Position Düppel-Alsen, also auch auf Flensburg nicht, verzichten.
Niemals ist unsrerseits an einen solchen Vergleich gedacht worden, niemals,
hoffen wir, wird derselbe ernstlich von der dänischen Regierung verlangt werden.
Sollte er aber doch gefordert werden, nun denn, so wird es sich um einen
Kampf handeln auf Leben und Tod."

Dabei hatte es sein Bewenden oder, wenn mau will, vielmehr nicht. Wir
haben inzwischen die Stellung Düppel-Alsen in eine starke Festung umgestaltet,
wir haben uns eine Kriegsflotte geschaffen, die der dänischen bei weitem über¬
legen ist, wir haben alle Stämme Deutschlands unter einer Fahne geeinigt,
und wir haben zu gleicher Zeit gezeigt, daß wir die Protektoren der Dänen
in Paris nicht zu scheuen haben. Der Artikel V des Prager Friedensvertrags
endlich existirt nicht mehr, denn der österreichisch-deutsche Vertrag vom 11. Oktober
1878 hat ihn für immer beseitigt. Noch einmal loderte der Unmuth der Dänen
bei dieser Gelegenheit in den Kopenhagener Zeitungen auf, die Regierung
Dänemarks aber wird gewußt haben, daß keine Hoffnung mehr war, und daß
man sich mit Würde in den Gang der Dinge zu finden habe. Die Bezie¬
hungen des Hofes zu dem preußischen hatten schon vorher eine freundlichere
Gestaltung angenommen, so daß der deutsche Kronprinz, von seinem Besuch in


9. März erwiederte das Kopenhagener Kabinet, diese Grenzlinie sei unannehm¬
bar, dagegen werde man die Garantiepunkte annehmen, wenn Preußen die
Linie gewähre, welche durch freie Abstimmung der Nordschleswiger als Wunsch
der Bevölkerung bezeichnet werden würde. Hierdurch hoffte man das Herzog-
thum Schleswig bis Flensburg und damit die Insel Alsen und das Snndc-
witt wieder zu gewinnen. Darauf konnte sich Preußen aus militärischen
Gründen nicht einlassen; denn diese Pnnkte waren bisher das Ausfallsthor der
Dünen gewesen und würden immer wieder als solches benutzt worden sein,
und so wurden die Unterhandlungen abgebrochen. Am 9. Oktober sagte die
Thronrede bei Eröffnung des dänischen Reichstags, dieselben seien resultatlos
geblieben; denn die Ansicht der Regierung über die von der Gerechtigkeit und
dem Interesse des Landes geforderte Lösung habe sich nicht geändert. Wenn
daran die Bemerkung geknüpft wurde: „Wir sind überzeugt, daß Preußen
diese Erwägungen billigt, und wir glauben, daß die Lösung der die Theilung
Schleswigs betreffenden Frage gelingen wird" so war diese Ueberzeugung Täu¬
schung, und der Glaube ruhte vermuthlich auf der Hoffnung auf französische
Protektion, auf welche wiederholte Reisen Raaslöfs, des dänischen Kriegsmini¬
sters, eines grimmen Gegners der Deutschen, nach Paris hinwiesen. Die dor¬
tige Presse gerieth durch jenen Passus in der dänischen Thronrede wieder in
Aerger, Zorn und heftiges Gekläff. Die Kreuzzeitung aber antwortete ihr und
den Kopenhagener Schreiern: „Nie und nimmer wird und kann Preußen frei¬
willig auf die Position Düppel-Alsen, also auch auf Flensburg nicht, verzichten.
Niemals ist unsrerseits an einen solchen Vergleich gedacht worden, niemals,
hoffen wir, wird derselbe ernstlich von der dänischen Regierung verlangt werden.
Sollte er aber doch gefordert werden, nun denn, so wird es sich um einen
Kampf handeln auf Leben und Tod."

Dabei hatte es sein Bewenden oder, wenn mau will, vielmehr nicht. Wir
haben inzwischen die Stellung Düppel-Alsen in eine starke Festung umgestaltet,
wir haben uns eine Kriegsflotte geschaffen, die der dänischen bei weitem über¬
legen ist, wir haben alle Stämme Deutschlands unter einer Fahne geeinigt,
und wir haben zu gleicher Zeit gezeigt, daß wir die Protektoren der Dänen
in Paris nicht zu scheuen haben. Der Artikel V des Prager Friedensvertrags
endlich existirt nicht mehr, denn der österreichisch-deutsche Vertrag vom 11. Oktober
1878 hat ihn für immer beseitigt. Noch einmal loderte der Unmuth der Dänen
bei dieser Gelegenheit in den Kopenhagener Zeitungen auf, die Regierung
Dänemarks aber wird gewußt haben, daß keine Hoffnung mehr war, und daß
man sich mit Würde in den Gang der Dinge zu finden habe. Die Bezie¬
hungen des Hofes zu dem preußischen hatten schon vorher eine freundlichere
Gestaltung angenommen, so daß der deutsche Kronprinz, von seinem Besuch in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/434>, abgerufen am 23.07.2024.