Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.gefühl, das aus den Liedern uns anspricht, und das auch da, wo der Ueber¬ Wenn ein Korao.Qovus heutzutage mit einer poetischen Leistung einen Er¬ Proben aus diesen Liedern auszuwählen ist schwer; wir könnten das halbe
gefühl, das aus den Liedern uns anspricht, und das auch da, wo der Ueber¬ Wenn ein Korao.Qovus heutzutage mit einer poetischen Leistung einen Er¬ Proben aus diesen Liedern auszuwählen ist schwer; wir könnten das halbe
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143483"/> <p xml:id="ID_1259" prev="#ID_1258"> gefühl, das aus den Liedern uns anspricht, und das auch da, wo der Ueber¬<lb/> muth mit dem Dichter durchgehen möchte, die Zügel straff hält. Wie leichtsinnig<lb/> hingeschrieben klingen diese formvollendeten Strophen, und wieviel Fleiß, Urtheil,<lb/> Geschmack ist ohne Zweifel dabei thätig gewesen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1260"> Wenn ein Korao.Qovus heutzutage mit einer poetischen Leistung einen Er¬<lb/> folg errungen hat und nach Jahr und Tag ein neues Bändchen bringt, so hat<lb/> man sich nachgerade daran gewöhnt, die zweite Leistung mit einigem Mißtrauen<lb/> hinzunehmen. In den meisten Fällen hält sie nicht, was die erste versprach.<lb/> Sollen wir Beispiele nennen? Es ist wohl überflüssig, sie sind ja allenthalben<lb/> mit Händen zu greifen. Unsre schöne Literatur hat jetzt weit mehr bergab¬<lb/> gehende als aufsteigende Größen aufzuweisen. Bei Baumbach ist es einmal<lb/> umgekehrt. Seine „Neuen Lieder" führen uns in jeder Hinsicht eine Stufe höher.<lb/> Nicht deshalb, weil in dem ersten Bändchen das Trinklied dominirte, im zweiten<lb/> das Liebeslied überwiegt — das wäre ja Geschmacksache. Im zweiten herrscht<lb/> aber überhaupt ein größerer Reichthum, eine buntere Mannichfaltigkeit, und<lb/> während im ersten der Ton, um ein Goethisches Wort zu brauchen, mitunter<lb/> etwas „aufgeknöpft und studentenhaft" war, wohl auch gelegentlich einmal ans<lb/> Leichtfertige streifte, waltet im zweiten fast durchweg Feinheit, Adel und Grazie.<lb/> Auch die Form, die sich früher bei aller Abrundung doch einzelne Freiheiten<lb/> gestattete, ist noch strenger geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1261"> Proben aus diesen Liedern auszuwählen ist schwer; wir könnten das halbe<lb/> Bändchen abschreiben. Entzückende Einfälle hat Baumbach namentlich in seinen<lb/> Liebesliedern; eines davon wenigstens wollen wir mittheilen, den „Liebesbrief":</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l><cb type="start"/> Wie lieb du mir, wie gut ich dir.<lb/> Ich möcht' es gern dir schreiben,<lb/> Doch eh' ich schreibe auf Papier,<lb/> Viel lieber lass ich's bleiben. „Für wen?" — „El, für mein trautes Lie<lb/> Ich denke dei<lb/> Und möcht' e<lb/> Doch nicht m<lb/> Viel lieber la<cb/> b."Du hältst mein Herz in e<lb/> Ich möcht' es gern dir s<lb/> Doch nicht mit schwarzem<lb/> Viel lieber lass' ich's blei<lb/> Da schau' ich, wo auf nas<lb/> Und hab' ich ihn, so wird<lb/> „Von deinen Sonnenfarb<lb/> „Für wen?" — „El, für<lb/> n, «nein Herzgespiel,<lb/> s gern dir schreiben,<lb/> it schnödem Gänsekiel,<lb/> ss ich's bleiben-<cb type="end"/> nger Haft,<lb/> chreiben,<lb/> Tintensaft,<lb/> ben. Da geh' ich in mein Gartenland<lb/> Und mustre Beet um Beet.<lb/> Bei Tulipan und Amaranth<lb/> Die weiße Lilie steht.<lb/> „Frau Lilie, deine Blätter gieb!"<lb/><lb/> Die Lilie thut sich neigen,<lb/> Die Blättlein sind mein eigen.<lb/> sem Feld<lb/> Der Regenbogen ruht,<lb/> gestellt<lb/> Darunter flugs der Hut.<lb/> en gieb!"<lb/> mein trautes Lieb."<lb/> Da träufelt ohne Ende<lb/> Die bunte Farbenspende.<lb/></l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
gefühl, das aus den Liedern uns anspricht, und das auch da, wo der Ueber¬
muth mit dem Dichter durchgehen möchte, die Zügel straff hält. Wie leichtsinnig
hingeschrieben klingen diese formvollendeten Strophen, und wieviel Fleiß, Urtheil,
Geschmack ist ohne Zweifel dabei thätig gewesen!
Wenn ein Korao.Qovus heutzutage mit einer poetischen Leistung einen Er¬
folg errungen hat und nach Jahr und Tag ein neues Bändchen bringt, so hat
man sich nachgerade daran gewöhnt, die zweite Leistung mit einigem Mißtrauen
hinzunehmen. In den meisten Fällen hält sie nicht, was die erste versprach.
Sollen wir Beispiele nennen? Es ist wohl überflüssig, sie sind ja allenthalben
mit Händen zu greifen. Unsre schöne Literatur hat jetzt weit mehr bergab¬
gehende als aufsteigende Größen aufzuweisen. Bei Baumbach ist es einmal
umgekehrt. Seine „Neuen Lieder" führen uns in jeder Hinsicht eine Stufe höher.
Nicht deshalb, weil in dem ersten Bändchen das Trinklied dominirte, im zweiten
das Liebeslied überwiegt — das wäre ja Geschmacksache. Im zweiten herrscht
aber überhaupt ein größerer Reichthum, eine buntere Mannichfaltigkeit, und
während im ersten der Ton, um ein Goethisches Wort zu brauchen, mitunter
etwas „aufgeknöpft und studentenhaft" war, wohl auch gelegentlich einmal ans
Leichtfertige streifte, waltet im zweiten fast durchweg Feinheit, Adel und Grazie.
Auch die Form, die sich früher bei aller Abrundung doch einzelne Freiheiten
gestattete, ist noch strenger geworden.
Proben aus diesen Liedern auszuwählen ist schwer; wir könnten das halbe
Bändchen abschreiben. Entzückende Einfälle hat Baumbach namentlich in seinen
Liebesliedern; eines davon wenigstens wollen wir mittheilen, den „Liebesbrief":
Wie lieb du mir, wie gut ich dir.
Ich möcht' es gern dir schreiben,
Doch eh' ich schreibe auf Papier,
Viel lieber lass ich's bleiben. „Für wen?" — „El, für mein trautes Lie
Ich denke dei
Und möcht' e
Doch nicht m
Viel lieber la
b."Du hältst mein Herz in e
Ich möcht' es gern dir s
Doch nicht mit schwarzem
Viel lieber lass' ich's blei
Da schau' ich, wo auf nas
Und hab' ich ihn, so wird
„Von deinen Sonnenfarb
„Für wen?" — „El, für
n, «nein Herzgespiel,
s gern dir schreiben,
it schnödem Gänsekiel,
ss ich's bleiben-
nger Haft,
chreiben,
Tintensaft,
ben. Da geh' ich in mein Gartenland
Und mustre Beet um Beet.
Bei Tulipan und Amaranth
Die weiße Lilie steht.
„Frau Lilie, deine Blätter gieb!"
Die Lilie thut sich neigen,
Die Blättlein sind mein eigen.
sem Feld
Der Regenbogen ruht,
gestellt
Darunter flugs der Hut.
en gieb!"
mein trautes Lieb."
Da träufelt ohne Ende
Die bunte Farbenspende.
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